Von Nähe und Abstand
Integration in Zeiten von Abstand. Kann das klappen? Irgendwie muss es funktionieren – gerade wegen der Corona-Krise. Die erste globale Pandemie dieses 21. Jahrhunderts böte eine Riesenchance, dass das gesamte Land – deutsche Mehrheitsgesellschaft und Millionen Zugewanderte – stärker zusammenrücken. Dies ist auch deshalb relevant, weil sich kulturelle Unterschiede noch stärker als sonst auswirken.Wenn Großfamilien Mega-Hochzeiten mit mehreren Hundert Teilnehmern feiern, ist dies ein Treiber für eine womöglich bald nicht mehr zu kontrollierende Weiterverbreitung des Virus.
Der mittlerweile zwölfte Integrationsgipfel im Kanzleramt war eine Konferenz in einem besonderen Format unter außergewöhnlichenVorzeichen. Migranten und Geflüchtete stehen in Corona-Zeiten unter erhöhtem Druck.Viele von ihnen arbeiten in Branchen, die die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie besonders stark zu spüren bekommen: Gastronomie, Paket-Zustelldienste, Logistik. Sprache wird der zentrale Schlüssel bleiben für die Aufnahme in einem fremden Land, einer fremden Gesellschaft, einer fremden Kultur. Vor allem: Integration ist keine Einbahnstraße. Sie braucht die Bereitschaft der Mehrheitsgesellschaft, Migranten aufzunehmen. Und sie braucht den Willen Zugewanderter und Geflüchteter, sich hierzulande einzugliedern und die geltenden Regeln zu akzeptieren.
Gerade Einwanderer haben in Zeiten von Kontaktund Bewegungsbeschränkungen zusätzlich Schwierigkeiten, ihre Defizite bei Sprache und bei den Kenntnissen des neuen Landes und seiner Kultur zu verringern. Quarantäne ist nicht integrationsförderlich, weil sie bewusst Abstand schafft. Ein Sieg über Corona wäre deshalb auch ein großer Schritt für die Integration.
BERICHT CORONA ERSCHWERT AUCH DIE INTEGRATION, POLITIK