Rheinische Post

Fast alle Martinszüg­e sind abgesagt

Die Corona-Pandemie mit steigenden Fallzahlen diktiert die Regeln für das Fest. Doch zum Zug gibt es viele kreative Alternativ­en.

- VON JÖRG JANSSEN

Die Corona-Pandemie mit steigenden Fallzahlen diktiert die Regeln für das Fest. Die Tradition bleibt trotz Einschränk­ungen lebendig.

DÜSSELDORF Das erste Martinsfes­t in Pandemie-Zeiten gewinnt an Kontur. Die meisten Züge sind inzwischen abgesagt – darunter der traditions­reiche durch die Altstadt mit seinen mehr als 3000 Teilnehmer­n und Zuschauern. Doch St. Martin gehört zu Düsseldorf. Und so wird es das besondere Fest auch im Corona-Jahr geben. Die wichtigste­n Fakten im Überblick.

Sind Züge möglich? Ja. Eine frühzeitig­e, stadtweite Komplettab­sage hatten Ordnungsde­zernent Christian Zaum und Jugenddeze­rnent Burkhard Hintzsche für falsch gehalten. Seit Wochen steht das Rathaus in engem Kontakt mit den Martinsfre­unden in der Stadt, einige wurden zu einer Gesprächsr­unde ins Rathaus eingeladen. Doch bei dem Treffen wurde rasch klar: Je größer die geplanten Veranstalt­ungen sind, desto komplexer wären die Auflagen und Risiken für dieVerantw­ortlichen.„Je nach Teilnehmer­zahl war man anmelde- beziehungs­weise genehmigun­gspflichti­g, ab einer bestimmten Größe kam sogar das Ministeriu­m ins Spiel“, sagt Martin Kramp, Vorsitzend­er der Martinsfre­unde in Bilk. Am Ende sei man sich in Bilk einig gewesen, über Alternativ­en nachzudenk­en„und den Zug schweren Herzens abzusagen“.

Wird es Züge geben? Vereinzelt – sofern es die Pandemie zulässt. Bislang haben acht Komitees und Vereine beim Ordnungsam­t eine Genehmigun­g beantragt. „Die Veranstalt­er tragen die Verantwort­ung für ihren Zug und die Umsetzung der Corona-Schutzvorg­aben“, betonen die Mitarbeite­r im Ordnungsam­t. Zum Vergleich: In anderen Jahren ziehen zwischen Wittlaer und Hellerhof rund 140 Züge durch die Landeshaup­tstadt. Zu den Vierteln, in denen zumindest der Martinsdar­steller seinen gewohnten Ritt durchs

Dorf machen möchte, gehört Kalkum. Allerdings soll es auch dort keinen Zug in der gewohnten Form geben. Dem Kaltblüter werden voraussich­tlich nur ein Tambourcor­ps und die Polizei folgen. Die Zuschauer stehen dagegen am Wegesrand. Aktuell prüft das Rathaus die eingereich­ten Anträge. „Stand heute könnten die Züge stattfinde­n“, sagt Stadtsprec­her Volker Paulat. Nach den Ferien werde es einen erneuten Austausch geben.

Welche Alternativ­en sind geplant? Viele Düsseldorf­er blicken an Sankt Martin in die Altstadt. Auch hier ist der Zug abgesagt.„In normalen Jahren kommen zwischen 3500 und 5000 Menschen, das wäre angesichts der engen Straßen in der historisch­en Altstadt mit Blick auf Corona einfach nicht verantwort­bar“, sagt Sabine Ilbertz aus dem Leitungste­am der Martinsfre­unde. Komplett streichen will sie die Brauchtums­veranstalt­ung („eine Herzensang­elegenheit“) aber nicht. „Angesichts der Neuinfekti­onen diskutiere­n wir natürlich darüber, was noch geht und was nicht – teilweise auch kontrovers“, sagt Ilbertz. Wenn irgend möglich, soll Sankt Martin seinen Mantel am späten Nachmittag des 10. November vor dem historisch­en Rathaus teilen. Die Ordnungsbe­hörden halten das – bislang – für machbar. „St. Martin kommt dann nicht über die Bolkerstra­ße herangerit­ten, sondern befindet sich bereits im Innenhof“, sagt Ilbertz. Auch Martinslie­der, die von einer Kapelle vorgespiel­t werden, soll es nach dem fast fertigen Konzept geben. Rund 200 angemeldet­e Zuschauer, darunter viele Kinder, können sich das Ritual – hinter einer Absperrung stehend – aus nächster Nähe anschauen.„Singen dürfen wir coronabedi­ngt leider nicht“, sagt Ilbertz.

Ein Wermutstro­pfen. Trotzdem ist sie froh, dass der Verein bislang nicht alles Liebgewonn­ene absagen musste. „Wir werden auch Martinstüt­en in das Anna-Stift und in ein Altenheim am Gallberg bringen und die Laternen der Kinder aus den Schulen und Kitas, die am Wettbewerb teilnehmen, vor Ort prämieren“, kündigt die Altstädter­in an.

Etwas Besonderes haben sich die Bilker Martinsfre­unde für das durch Corona einschneid­end veränderte Fest einfallen lassen. „Da die Lampenauss­tellung im Pfarrsaal wegen der Pandemie nicht funktionie­rt, werden wir zwischen dem 6. und dem 11. November rund 200 Exemplare in den Geschäften rund um die Bilker Allee, die Loretto- und die Gladbacher Straße zeigen“, sagt Vereinsche­f Kramp. Jedes Kind und jedes Geschäft, das an der Ausstellun­g im Quartier teilnimmt, erhalte einen Weckmann. „Eine Spende von drei Bäckereien aus dem Viertel“, sagt Kramp.

Was passiert in Schulen und Kitas? Umzüge wird es an den meisten Standorten nicht geben. Dennoch dreht sich in diesen Tagen vieles um den Heiligen, der zum Teilen und zur Nächstenli­ebe inspiriert. „Wir üben in jeder Gruppe ein Martinsspi­el ein, bei dem ein Holzpferdc­hen zum Einsatz kommt. Ein Kind ist dann der Martin, das andere der Bettler. Auch ein Martinsfrü­hstück wird es geben“, sagt Angelika Braun, Vize-Leiterin der Kita St. Bruno in Unterrath. Außerdem werde bereits fleißig an den Laternen gebastelt. Zum Fest werde dann die Turnhalle abgedunkel­t. „Die Kinder gehen dort mit ihren Lampions hinein, weil es so schön leuchtet – allerdings streng nach Gruppen getrennt. Corona bestimmt auch hier die Regeln“, betont die Erzieherin.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Laternen gehören dazu: In der Kita St. Bruno basteln (v.l.) Bernado (4), Clara (4) und Erzieherin Lysann Vohwinkel leuchtende Raketen.

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