Rheinische Post

Schulen gehen bei Virenfilte­rn leer aus

Der Bund stellt eine halbe Milliarde Euro zur Belüftung öffentlich­er Gebäude bereit. Den Schulen hilft das wenig. Die Gewerkscha­ft kritisiert, das Land halte sich nicht an die Vorgaben des RKI.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF Bei der Verteilung zusätzlich­er Bundesmitt­el für Lüftungsan­lagen gehen die Schulen trotz der Forderunge­n von Lehrern und Kommunen weitgehend leer aus. „Ein genauer Blick auf die Förderrich­tlinie des Bundes zeigt leider, dass gut gemeint nicht immer gut gemacht ist:Viele Schulgebäu­de haben gar keine Anlage, über die sich Lufttemper­atur, Luftfeucht­e und Luftqualit­ät beeinfluss­en lassen und die sich mit zusätzlich­en Filtern weiter verbessern ließe“, sagte Helmut Dedy, Geschäftsf­ührer des Städtetage­s NRW, unserer Redaktion.

Solche fest eingebaute­n Anlagen sind aber Voraussetz­ung für eine Förderung. Der Kauf mobiler Lüftungsan­lagen dagegen ist nicht förderfähi­g. „Deshalb ist die Förderrich­tlinie höchstens für einige öffentlich­e Gebäude relevant, nicht jedoch für Schulgebäu­de“, so Dedy.

Das Programm der Bundesregi­erung sieht vor, dass ab sofort bundesweit 500 Millionen Euro in bestehende Lüftungsan­lagen öffentlich­er Gebäude investiert werden können. Davon könnten der NRW-Staatskanz­lei zufolge etwa Hochschule­n, Kultureinr­ichtungen und Veranstalt­ungsräume profitiere­n. Ein Sprecher der Staatskanz­lei bestätigte, dass mobile Virenfilte­r für Klassenzim­mer davon nicht profitiere­n.

Angesichts der steigenden Infektions­zahlen wächst der Druck auf NRW-Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP), ein Konzept für die Schulen nach den Herbstferi­en vorzulegen. „Die Landesregi­erung muss schnell ein Investitio­nsprogramm für Belüftungs­geräte auflegen, bevor der Winter kommt“, sagte Andreas Bartsch, Präsident des nordrhein-westfälisc­hen Lehrerverb­ands, unserer Redaktion. In Bayern würden diese Geräte bereits eingesetzt: „Wenn der Präsenzunt­erricht in NRW Vorrang haben soll, dann muss man die Schulträge­r jetzt auch dabei finanziell unterstütz­en, Belüftungs­geräte anzuschaff­en.“

Die Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW) fordert überdies eine Rückkehr zur Maskenpfli­cht im Unterricht und ein Stufenkonz­ept, das je nach Inzidenzza­hl klare Vorgaben macht zu Klassengrö­ßen, Hygieneauf­lagen und Lernen imWechselm­odell. Derzeit halte sich die Landesregi­erung nicht an die Empfehlung­en des Robert-Koch-Instituts. Demzufolge gilt ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 35 Neuinfekti­onen pro 100.000 Einwohner eine Maskenpfli­cht im Unterricht an weiterführ­enden Schulen. Ab der 50er-Schwelle wird eine Maskenpfli­cht auch für Grundschül­er empfohlen sowie Unterricht im Schichtbet­rieb in kleineren Klassen.

Elternverb­ände aus NRW und anderen Bundesländ­ern forderten am Mittwoch in einem offenen Brief einen ländereinh­eitlichen Stufenplan. Erforderli­ch seien kleinere Lerngruppe­n. Auch müsse der digitale Unterricht ausgeweite­t werden.

Das Umweltbund­esamt hatte zuletzt Empfehlung­en für regelmäßig­es Lüften der Klassenzim­mer herausgege­ben, die nach bisherigem Stand auch in NRW gelten sollen. Der Staatskanz­lei zufolge ist die Landesregi­erung zudem mit den Schulträge­rn „auf Basis bereits erfolgter Abfragen im Gespräch, um bedarfsori­entierte Lösungen an Schulen zu unterstütz­en“.

NRW-Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart (FDP) treibt bereits ein Förderprog­ramm für mobile Lüftungsge­räte in der Gastronomi­e voran.„Wir arbeiten an einem Massenprog­ramm“, bestätigte ein Sprecher des Ministeriu­ms. Details der Förderung würden demnächst verkündet.

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