Rheinische Post

Die bisherige Strategie ist gescheiter­t

- VON MARTIN KESSLER

Die Bundesrepu­blik ist Corona-Risikogebi­et. Am Dienstag hat unser Land den Inzidenzwe­rt von 50 Neufällen innerhalb einerWoche pro 100.000 Einwohner überschrit­ten, der zurzeit das Maß aller Dinge ist. Zugleich liegt jeder vierte Stadt- oder Landkreis über der kritischen Schwelle, von der ab besondere Maßnahmen notwendig werden. Und im Berchtesga­dener Land haben die Behörden eine Ausgangssp­erre verhängt. Dort war die Inzidenz zu Wochenbegi­nn über 250 gestiegen.

Die Flammen der Corona-Pandemie haben sich in der zweiten Welle jetzt zum Flächenbra­nd ausgeweite­t. Das Modell der regionalen Bekämpfung der Infektione­n ist vorläufig an ein Ende gekommen. Geht es in diesem Tempo weiter, werden wir wohl nicht um einen zumindest partiellen Lockdown von Restaurant­s, Kneipen, Geschäften und vielleicht auch Schulen und Kitas herumkomme­n. Das Virus hat sich wieder als stärker erwiesen als die menschlich­e Strategie.

In der Politik macht das Wort vom drohenden Kontrollve­rlust die Rede. Und das ist sogar untertrieb­en. Zumindest das Infektions­geschehen haben wir derzeit nicht in der Hand. In Großbritan­nien wird der befristete Lockdown diskutiert. Und hierzuland­e macht sich selbst der „überzeugte Föderalist“Markus Söder für bundeseinh­eitliche, strenge Maßnahmen stark.

Die Ministerpr­äsidenten und die Kanzlerin, auch die Parlamente, müssen neu nachdenken. Hilft eine isolierte Ausgangssp­erre, wenn ringsherum die Fallzahlen unkontroll­iert steigen? Auf jeden Fall gilt: Die zwischenme­nschlichen Kontakte – so hart es klingt – müssen weiter reduziert werden.Wenn Sperrstund­en erfolgreic­h vor Gericht angefochte­n werden können, müssen Kneipen eben ganz schließen. Es darf keine Denkverbot­e geben. Klar ist aber auch: Das bisherige Krisenmana­gement ist gescheiter­t.

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