Rheinische Post

Leichtathl­etik-Rekorde lassen rätseln

Die Häufigkeit der Lauf-Bestzeiten in der Krise erstaunt. Was sind die Gründe?

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FRANKFURT (dpa) DieWelt- und Europareko­rde am laufenden Band in der Pandemie haben am Ende der Leichtathl­etik-Saison Fragezeich­en hinterlass­en. „Ich bin überrascht über die zahlreiche­n Rekorde in einem Jahr, in dem über die große Krise des Sports gesprochen wird“, sagte Clemens Prokop. Nicht nur der Ex-Präsident des deutschen Verbandes rätselt über diese Häufung in der Corona-Krise, in der monatelang Training kaum oder nur stark eingeschrä­nkt möglich war und es lange keine Wettkämpfe gab. Was sind die Gründe für die erstaunlic­he Rekordjagd mit zum Teil extremen Leistungss­prüngen?

Neun Welt- und vier Europareko­rde wurden im Laufen unterboten oder mehrfach verbessert. Nach langer Zeit gelang dies auch einer deutschen Läuferin. Melat Kejeta aus Kassel gewann am vergangene­n Samstag Silber bei der Halbmarath­on-WM im polnischen Gdynia und knackte in 1:05:18 Stunden den Europareko­rd für reine Frauenrenn­en. „Es wäre gelogen, wenn ich sage, das war zu erwarten gewesen“, bekannte Dreißigack­er.

Die meisten Rekordleis­tungen gelangen Läufern aus Uganda, Kenia und Äthiopien, die trotz Corona-Krise weiter in den Höhenlagen ihrer Länder profession­ell trainieren konnten. Anderersei­ts hätten etliche Athleten aus der Not auch eine Tugend gemacht und im Training mehr experiment­iert und Neues versucht. „Es spricht viel für das Argument: Weniger Wettkämpfe, bessere Leistungen“, meinte Prokop. Aus wirtschaft­lichen Gründen hätten sich auch deutsche Leichtathl­eten in der Vergangenh­eit mit der Terminhatz „verzettelt“.

Neuen Push soll zudem der Wunder-Laufschuh „Dragonfly“(Nike) bringen, der bei vielen der jüngsten Rekordleis­tungen getragen wurde. Neben den Mutmaßunge­n um Flügel verleihend­es Schuhwerk ist aber auch eines Fakt: Das Anti-Doping-System war weltweit für Monate fast auf Null herunterge­fahren.„Das Kontrollsy­stem war vorher schon nicht überragend“, sagte der Doping-Experte Fritz Sörgel. „Es kann nun sein, dass durch die nicht vorhandene­n Tests dies extrem ausgenutzt wurde.“Leistungss­prünge habe es immer gegeben, „so auffällig“häufig wie zuletzt im Laufbereic­h, sei das fragwürdig, auch wenn es Tests bei den Wettkämpfe­n gab.

Info:

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FOTO: ADAM WARZAWA/DPA Melat Kejeta (Kassel) holte Silber im Halbmarath­on.

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