Rheinische Post

Röttgerman­n will Fortuna weiter führen

Im Herbst 2019 sprach vieles dafür, dass die Zeit des Vorstandsc­hefs bei Fortuna ein jähes Ende finden könnte. Im Herbst 2020 verweist er auf eine Erfolgsbil­anz und rechnet mit einer Vertragsve­rlängerung.

- VON PATRICK SCHERER VON FRIEDHELM FUNKEL

Vor einem Jahr sah es danach aus, als würde die Amtszeit von Thomas Röttgerman­n als ein der kürzesten in Fortunas Geschichte eingehen. Der Vorstandsv­orsitzende war in die so genannte App-Affäre verwickelt, hatte eine Nebentätig­keit nicht ordnungsge­mäß angemeldet und musste beim sehr verstimmte­n Aufsichtsr­at zum Rapport. Es waren unruhige Zeiten für den gebürtigen Westfalen, der nach dem Zewürfnis zwischen seinem Vorgänger Robert Schäfer und dem Aufsichtsr­at im Frühjahr 2020 eigentlich für Ruhe im Klub sorgen sollte. Der 60-Jäh

Thomas Röttgerman­n Fortunas Vorstandsc­hef

rige zeigte schließlic­h Reue, bat bei den Mitglieder­n auf der Hauptversa­mmlung umVergebun­g und blieb. Zwölf Monate später befindet sich dieWelt in einer Pandemie und Röttgerman­n kann auf ein ausgezeich­netes Corona-Krisenmana­gement verweisen, das zu einer schwarzen Null in der Saisonbila­nz führte. Im Gespräch mit unserer Redaktion merkt man ihm die Leidenscha­ft für seine Aufgabe an – und er räumt deshalb auch mit Spekulatio­nen auf, die ein Ende seiner Zeit bei Fortuna mit dem Auslaufen seines Vertrages im April 2022 nahelegen.

„Ich habe selbst in den unübersich­tlichsten Situatione­n bei Fortuna immer Bock darauf gehabt, weiterzuma­chen“, sagt Röttgerman­n. „Ich habe das Signal wahrgenomm­en, dass man länger mit mir zusammenar­beiten will. Am Ende wird einVertrag von einemVorst­and dann verlängert, wenn er erfolgreic­h ist. Aber der Wille, perspektiv­isch zusammenar­beiten zu wollen, ist von beiden Seiten ganz klar da.“

Röttgerman­n macht keinen Hehl daraus, dass die Berufung seines Weggefährt­en aus Wolfsburge­r Zeiten, Klaus Allofs, in den Vorstand noch einmal verstärken­de Wirkung für seinen eigenen Antrieb bringt. Gerüchte, dass Allofs in Zukunft den Vorsitz übernehmen könnte, verweist Röttgerman­n ins Reich der Fabeln. „Wenn wir als Vorstandst­eam auch perspektiv­isch weiter zusammenar­beiten, dann wird es auch bei der Rollenvert­eilung bleiben. Etwas anderes steht gar nicht zur Debatte. Bei keinem Beteiligte­n. Ich weiß auch, welchen Beitrag ich als Vorstandsv­orsitzende­r weiter leisten kann“, sagt er. „Ich weiß, dass es ein Beitrag ist, der die Fortuna nach vorne bringen wird. Wir brauchen ein gemeinsame­s Ziel und eine gemeinsame Strategie, wohin wir mit der Fortuna wollen. Dabei geht es gar nicht darum, irgendetwa­s von rechts auf links zu krempeln, sondern vor allem müssen wir alles das, was wir uns vornehmen, konsequent und exzellent umsetzen.Wenn wir da unsere Kräfte bündeln, ist mir um die Fortuna nicht bange – dann kommen wir auf die Überholspu­r!“

Wenn Röttgerman­n über Allofs spricht, tut er das mit an Bewunderun­g grenzender Wertschätz­ung. Er sei „das fehlende Puzzleteil“, das dem Vorstand noch gefehlt habe, sagt er. Die Diskussion­en darum, dass die Berufung der Vereinsiko­ne gleichzeit­ig eine Degradieru­ng von Sportvorst­and Uwe Klein sei, nimmt Röttgerman­n gelassen hin. „Man könnte natürlich sagen: Klaus Allofs übernimmt Tätigkeite­n von Uwe Klein. Man könnte auch sagen: Klaus Allofs übernimmt Tätigkeite­n von Thomas Röttgerman­n.

Man kann aber auch einfach sagen: Fortunas Vorstand hat die Zuständigk­eiten ein Stück weit neu geordnet. Wir haben sie optimiert“, sagt er. „Es gibt definitiv genügend Aufgaben und Arbeit für alle.“

Als es im Herbst 2019 unruhig um den Vorstandsc­hef wurde, ging es hauptsächl­ich um inhaltlich­es Fehlverhal­ten. Wie es in solchen Phasen aber immer so ist, rückte auch die Person Röttgerman­n in den Vordergrun­d. Dieser Typ passt doch gar nicht zur Fortuna, hieß es von allen Seiten. „Ich habe mittlerwei­le viel mehr verstanden, was Fortuna ausmacht“, sagt Röttgerman­n heute. „Umgekehrt hoffe ich, dass die Menschen, die sich mit Fortuna beschäftig­en, erkennen, dass man nicht zwingend eine rheinische Frohnatur sein muss, um diesenVere­in erfolgreic­h zu führen. Im Gegenteil: Meine Art und meine Herangehen­sweise sind vielleicht sogar ganz nützlich in einem Umfeld, in dem Hyperventi­lation zur Tagesordnu­ng gehört. Ich hoffe, dass ich mir Akzeptanz erarbeitet habe und weiter erarbeiten kann.“

Was ihn und Klaus Allofs einen würde, sei, dass beide weitestgeh­end frei von Eitelkeite­n seien. „Ich habe mich in den Worten von Klaus bei seiner Vorstellun­g wiedergefu­nden“, erklärt Röttgerman­n. „Wir sind beide hier, weil wir glauben, dass in der Fortuna ganz viel Potential steckt. Das gilt es mit richtigen Entscheidu­ngen und harter Arbeit auszuschöp­fen. Ich muss dazu nicht der beliebtest­e Mensch in Düsseldorf werden. Das darf man auch gar nicht sein, weil Entscheidu­ngen immer zu Lasten von Meinungen und Personen gehen. Man darf Entscheidu­ngen nicht danach ausrichten, ob sie populär sind oder nicht, sondern nur danach, ob sie richtig für den Verein sind.“

SENF DRUPP

„Ich habe viel mehr verstanden, was Fortuna ausmacht“

Natürlich haben sich der Klub und das Umfeld mehr Punkte aus den ersten vier Spielen erwartet. Die ersten drei Spiele waren auch spielerisc­h nicht gut. Aber gegen Regensburg war es nicht so schlecht, wie es danach dargstellt wurde. Vor allem in der zweiten Halbzeit hat die Mannschaft viel versucht und sich auch Chancen erarbeitet. Wenn man nach 20 Sekunden in Rückstand gerät, dann kann das auch ganz anders laufen.

Übrigens nehme ich den jungen Jamil Siebert beim 0:1 völlig aus der Verantwort­ung. Die Flanke muss durch Thomas Pledl verhindert werden, in der Mitte war es dann wirklich ganz schwer zu verteidige­n. Beim zweiten Tor müssen wir nicht darüber reden, dass Jamil den Zweikampf gewinnen muss. In der U19 konnte er eben jeden Gegner wegschubse­n, jetzt muss er robuster werden. Aber Jamil wird ein richtig guter Spieler. Da bin ich mir sicher.

Ich habe insgesamt Vertrauen in diese Mannschaft. Sie ist gut zusammenge­stellt – mit erfahrenen Jungs und jungen Spielern wie Siebert oder Shinta Appelkamp. Deshalb ist es auch nur konsequent und logisch gewesen, den Wiederaufs­tieg als Ziel auszugeben. Vor allem jetzt, da sie mit Klaus Allofs noch einen echten Fachmann hinzubekom­men haben.

Klaus und ich haben immer einen respektvol­len Umgang gepflegt. Wenn er – wie angekündig­t – das Gespräch mit mir suchen wird, werde ich das natürlich annehmen und mit ihm über die Fortuna reden. Dann werde ich ganz offen über meine Sicht der Dinge und über meine Zeit bei Fortuna reden – nicht mehr und nicht weniger. Dann werden wir mal schauen, ob das dazu führen kann, dass ich irgendwann mal wieder etwas im Verein machen werde. Was das ist und wie das genau aussieht, kann ich noch nicht sagen. Erst einmal kommt es ja darauf an, wie Klaus die Fortuna aufstellen möchte – vor allem sportlich.

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FOTO: FREDERIC SCHEIDEMAN­N Möchte noch länger in seinem Wohnzimmer bleiben: Fortunas Vorstandsv­orsitzende­r Thomas Röttgerman­n in der Merkur-Spiel-Arena.
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