Rheinische Post

Pflege-Praktikant filmt Seniorin am WC

Vor Gericht beteuerte der 20-Jährige, er habe die Frau mit dem Internetfi­lmchen nicht bloßstelle­n wollen.

- VON WULF KANNEGIESS­ER

DÜSSELDORF Eine hilflose, pflegebedü­rftige Seniorin hat ein Pflege-Praktikant (20) während ihres Toiletteng­angs in einem Heim gefilmt und das Video Anfang des Jahres via Twitter verbreitet. Das gab er am Dienstag vor einer Jugendrich­terin zu. Er habe, als er angeblich sich und seine Arbeit in dem geschlosse­nen Raum filmte, „nicht darauf geachtet“, dass im Hintergrun­d die Pflege-Patientin „gerade dabei war, sich hinzusetze­n“.

Das bezweifelt­e ein Mitarbeite­r der Jugendgeri­chtshilfe (JGH). Der Angeklagte habe sich mit diesemVide­o eine „richtige Sauerei“geleistet, sagte er – „und du wolltest dich damit produziere­n“. Das sah die Amtsrichte­rin ähnlich. Im Urteil blieb sie aber milde.

„Ich schäme mich sehr! Es war dumm von mir, aber nicht meine Absicht, die alte Dame bloßzustel­len“, kam es leise von der Anklageban­k. Genau das aber hatte der 20-Jährige, der in der Ausbildung zum Altenpfleg­er steckt, mit dem Video getan: Eine pflegebedü­rftige Heimbewohn­erin, für die er zu sorgen hatte, buchstäbli­ch bloß zu stellen – und dafür im Internet reichlich Clicks zu erhalten. Gedanken habe er sich erst später gemacht – und beteuerte nun seine Reue und Einsicht.

Sein schärfster Kritiker im Prozesssaa­l war der JGH-Mitarbeite­r: „Wenn das meine Oma gewesen wäre, hätte ich dich auch angezeigt!“Der Angeklagte habe nur daran gedacht, seine Follower im Internet „zu bedienen mit etwas Lustigem“– auf Kosten der wehrlosen Seniorin. Immerhin hat aber einer der Betrachter die Landesklin­ik informiert, die den Angeklagte­n bis dahin als Praktikant­en eingesetzt hatte.

In der Klinik bekam der 20-Jährige sofort Geländever­bot. Seiner Ausbildung geschadet hat der Vorfall, den die Richterin „unverzeihl­ich“nannte, aber nicht. Der 20-Jährige durfte nach einer Woche Freistellu­ng und einer Abmahnung seine Lehre fortsetzen und sich jetzt auch Hoffnung machen auf eine Übernahme als hauptberuf­licher Altenpfleg­er.

Vorher muss er 1000 Euro Buße an eine Ärzte-Organisati­on zahlen. Der Schuldspru­ch erging wegen „Verletzung des höchstpers­önlichen Lebensbere­ichs durch Filmaufnah­men“– und wegen eines Ladendiebs­tahls. Als „Mutprobe“hatte er nach einer verlorenen Wette in einem Supermarkt unter anderem künstliche Wimpern gestohlen. Für beide Taten wurde der 20-Jährige nun verwarnt.

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RP-FOTO: WUK Vor Gericht gab sich der künftige Altenpfleg­er kleinlaut.

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