So verändert Corona den Arztbesuch
Die Pandemie verändert auch den Besuch beim Mediziner. Ein Hausarzt beantwortet wichtige Fragen.
Die Pandemie verändert auch den Besuch beim Mediziner. Hausarzt Andre Schumacher beantwortet wichtige Fragen für Patienten.
DÜSSELDORF Andre Schumacher, 68 Jahre, erlebt jeden Tag mit, was die Coronapandemie für Düsseldorf bedeutet: Er ist Hausarzt mit Praxis in Holthausen. Außerdem ist erVorsitzender der Kreisstelle der Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Dort kümmert er sich um die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung – in diesem Jahr unter anderem durch den Aufbau des Corona-Testzentrums, das Stadt und KV gemeinsam organisieren. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, was Corona für Ärzte und Patienten bedeutet.
Herr Schumacher, bemerken Sie die Zunahme der Corona-Infektionen schon in ihrem Alltag als Hausarzt?
SCHUMACHER Natürlich. Die Nachfrage nach Corona-Tests ist hoch. Ich habe aber nicht den Eindruck, dass Patienten mit anderen Beschwerden deshalb seltener kommen. WIr verzeichnen dieselbe Anzahl von Erkältungskrankheiten wie in jedem Herbst, natürlich jetzt oft verbunden mit der Sorge vor einer Corona-Infektion.
Wie haben Sie Ihre Praxis auf die Pandemie eingestellt?
SCHUMACHERWir arbeiten nur noch termingesteuert. Es gibt keine offene Sprechstunde mehr. Ich muss ehrlich sagen, dass mir diese Umstellung nach fast 40 Jahren schwer fällt. Es entsteht bei der Behandlung ein anderer Zeitdruck, wenn die Patienten so eng getaktet sind.
Dafür ist das Wartezimmer nie überfüllt.
SCHUMACHER Genau. Dort dürfen in unserem Fall nur noch vier Leute gleichzeitig warten. Ich habe ein Zelt auf dem Platz vor meiner Praxis aufgestellt, in dem Patienten zum Beispiel bei Regen warten können, falls mehr als vier anstehen.
Das Wartezimmer eines Hausarztes ist gerade im Herbst ein Treffpunkt von Menschen mit Infektionskrankheiten. Besteht im Arztbesuch nicht ein besonderes Risiko?
SCHUMACHER Dagegen müssen die Ärzte vorbeugen. Wichtig ist eine gute Belüftung, ich habe eigens ein neues Belüftungsgerät mit Hepa-Filter angeschafft. Wenn dazu die Verweilzeiten gering sind und die Hygieneregeln wie Abstand und Mund-Nasen-Schutz eingehalten werden, ist das RIsiko ziemlich gering. Für die Arztpraxen gilt wegen der Pandemie auch ein verstärker Hygieneplan, zum Beispiel wird das Wartezimmer häufiger desinfiziert.
Sollten Patienten vor dem Besuch nachfragen, wie eine Praxis den Schutz gewährleistet?
SCHUMACHER Ich bin unsicher, ob das etwas bringt. Gerade die Patienten von Hausärzten kennen ja ohnehin meist ihren Arzt und seine Praxis. Man kann auch grundsätzlich davon ausgehen, dass die Regeln in Arztpraxen beachtet werden. Wer sich beim Arztbesuch unwohl fühlt, sollte rausgehen oder seine Sorgen ansprechen. Es ist derzeit wichtig, dass Ärzte und Patienten die Schutzregeln ernst nehmen. Und die Patienten sollten auch Verständnis mitbringen, dass manches nicht so läuft, wie man es über Jahrzehnte gekannt hat.
Machen Sie spezielle Sprechstunden für Patienten mit Corona-Verdacht?
SCHUMACHER Nein, wir haben aber wie viele Hausärzte eine spezielle Sprechstunde für Infektionskrankheiten. Die Abgrenzung ist im Herbst schon unter normalen Umständen schwierig, denn hinter sehr vielen Symptomen kann ein Infekt stecken. Dazu kommt, dass sich auch Fachärzte aller Disziplinen bei jedem Patienten auf eine mögliche Corona-Infektion einstellen müssen. Es gibt Patienten, die melden sich wegen einem eingewachsenen Zehennagel an und erzählen erst im Arztzimmer, dass sie auch trockenen Husten haben.
Sollten auch Angehörige von Risikogruppen ihre Arzttermine weiter wahrnehmen?
SCHUMACHER Es gab ja schon im Frühjahr das Phänomen, dass viele Menschen ihre Arzttermine herausgeschoben haben. Wenn ein Arztbesuch nötig ist, sollte er aber trotz der Pandemie unbedingt erfolgen. Es empfiehlt sich, mögliche Sorgen bei der telefonischen Anmeldung offen anzusprechen und zum Beispiel nach der Wartezeit zu fragen.
Ist Corona für die niedergelassenen Ärzte schon Alltag geworden?
SCHUMACHER Das sollte es. Der vergleichsweise ruhige Sommer bot ja auch Zeit, sich noch mal in Ruhe mit dem Thema zu beschäftigen. Für die Ärzte sind die immer wieder veränderten Testverordnungen ein Thema, vor rund einer Woche gab es wieder eine Neufassung. Es ist leicht, einen Abstrich zu nehmen. Aber die immer wieder neuen Formulare für die Kostenübernahme sind eine Herausforderung. Für die niedergelassenen Ärzte bedeutet Corona auch Mehrkosten: Die Schutzausrüstung wie FFP2-Masken, Desinfektionsmittel, Handschuhe und Kittel zahlen sie zu großen Teilen aus der eigenen Tasche.
Düsseldorf verfügt über ein Corona-Testzentrum an der MItsubishi Electric Halle, aber auch niedergelassene Ärzte können einen Corona-Test durchführen. Wohin sollte man bei einem Verdacht gehen?
SCHUMACHER Ein Grund für das Testzentrum war, dass sich viele Ärzte am Anfang überfordert mit der Situation sahen. Es fehlten Ressourcen, und auch die Angst war groß. Inzwischen lässt sich bei Corona-Verdacht in der Regel ein Test beim Hausarzt vereinbaren. Die Ressourcen des Testzentrums können für Tests aus anderen Gründen eingesetzt werden. Wichtig ist aber, dass Patienten vor dem Besuch der Praxis unbedingt telefonisch einen Termin machen müssen.
Lassen Hausärzte jeden Patienten mit Erkältungssymtomen auf Corona testen?
SCHUMACHER Nein. Wir müssen sorgfältig abwägen, ob wir einen Corona-Test machen, um die Laborressourcen nicht zu verschwenden. Letztlich entscheidet die individuelle Untersuchung und auch das ärztliche Gefühl. Das würde ich beschreiben als eine Mischung aus theoretischen Kenntnissen und Erfahrung.
Am Anfang hieß es, dass Arztpraxen nach einem positiven Corona-Test sogar vorübergehend geschlossen werden müssen.
SCHUMACHER Dann wäre zum Beispiel meine Praxis längst zu. Wir müssen uns durch die FFP2-Masken schützen, die Hygieneregeln befolgen und desinfizieren. Dann ist das Risiko einer Verbreitung in der Praxis ausgesprochen gering.
Wegen der Corona-Pandemie wird eine Gruppeschutzimpfung empfohlen. Haben Sie noch Impfstoff?
SCHUMACHER Nein, wir haben welchen bestellt und hoffen, dass er im November eintrifft. Das ist aus meiner Sicht unglücklich gelaufen. Die Impfung wurde zu früh allgemein propagiert, das hat viel Impfstoff gekostet. Dabei hätten zuerst die Risikogruppen wie Menschen mit Vorerkrankungen oder etwa auch Beschäftigte im medizinischen Bereich geimpft werden sollen.Wir haben eine Warteliste. Der November wäre ja noch früh genug, die große Grippewelle kommt in der Regel im Januar oder Februar.
Die Infektionszahlen scheinen auch in Düsseldorf immer weiter zuzunehmen. Was erwarten Sie für Ihre Praxis im Winter?
SCHUMACHER Viele Szenarien sind denkbar. WIr haben die ärztlichen Abläufe längst auf Corona umgestellt, das ist wichtig. Alles andere ist Spekulation.