Politik sucht Ideen gegen Leerstand
Der Leerstand von Ladenlokalen nimmt zu. Zwischennutzungen gelten als wichtiges Instrument gegen eine Verödung von Einkaufstraßen, auch Experten raten dazu. Ein prominentes Beispiel ist der Kaufhof.
Zwischennutzungen sind ein probates Mittel gegen die Verödung von Einkaufsstraßen. Die Polititik bemüht sich um Förderungen vom Land.
DÜSSELDORF Angesichts des wachsenden Leerstands auch in Düsseldorf sucht die Politik nach Lösungen, um eineVerödung der Einkaufsstraßen zu verhindern. Der Ausschuss für Planung und Stadtentwicklung (APS) hat in seiner jüngsten Sitzung die Verwaltung beauftragt, die Landesfördermittel für die vorübergehende Anmietung leerstehender Ladenlokale auszuschöpfen. „Wenn man ein wenig offen ist, dann kann man viele spannende Nutzungen für leerstehende Ladenlokale finden“, sagt der Ausschussvorsitzende Alexander Fils (CDU).„Das können nicht nur Handelskonzepte sein, wir haben in Düsseldorf auch schon Architekturbüros, die leerstehende Ladenlokale nutzen. Es muss keine Tristesse geben.“Auch Immobilienexperten, der Handel und potenzielle Zwischenmieter drängen darauf, mehr solche Lösungen anzustreben.
Das Land unterstützt mit einem Sofortprogramm mit einem Volumen von 70 Millionen Euro Kommunen, damit diese leerstehende Ladenlokale anmieten und vergünstigt weitergeben können, beispielsweise an Kunst-Ateliers oder temporäre Geschäfte („Pop-up-Stores“). Auf diese Weise können beispielsweise neue Konzepte mit günstiger Miete starten. Auch die Nachbarn profitieren davon, denn leerstehende Immobilien drücken die Attraktivität des Umfeldes.
Der Planungsausschuss hat für das Programm die Bereiche Graf-AdolfStraße/Friedrichstraße, Gumbertstraße (Eller) und Heyestraße (Gerresheim) in den Fokus genommen, die unter zahlreichen Leerständen leiden.„Eine Zwischennutzung bietet sich aber natürlich auch in einem Großkomplex wie dem Kaufhof am Wehrhahn an“, betont Fils. Eigentümer Signa hat bereits zugesagt, das Gebäude zur Verfügung zu stellen, bis der Planungsprozess für eine mögliche Neubebauung abgeschlossen ist. Hier wurde beispielsweise über Coworking-Spaces als Zwischennutzer geredet.
Immobilienexperten betonen, dass das Thema angesichts der Corona-Krise an Bedeutung gewinnt. „Corona ist in dieser Hinsicht ein echter Brandbeschleuniger“, sagt Max Schultheis, City Lead Düsseldorf beim Immobilienunternehmen CBRE. „Düsseldorf ist zwar sehr gut aufgestellt, aber es hat auch schwierige Bereiche.“Manche Stadtteillagen drohten im Niveau abzusinken, auch im hinteren Teil der Schadowstraße könne sich der Kaufhof-Leerstand auswirken.
Sein Kollege Frank Emmerich, bei CBRE Experte für Handelsvermietung, betont, dass die Lage zumindest verglichen mit anderen Städten noch rosig ist, besonders in den Top-Lagen in Stadtmitte.„Auch um Stadtteilzentren wie Luegallee,
Nordstraße oder Rethelstraße mache ich mir keine Sorgen. Da ist genugWohnbebauung im Umfeld, um die Nachfrage oben zu halten.“
Zwischennutzungen seien dennoch wichtig, um das Niveau von Straßen hochzuhalten. „Das hilft enorm, damit Leute nicht mehr umdrehen, weil zwei Geschäfte hintereinander leer sind. Man darf nur nicht dem Irrtum erliegen, dass daraus automatisch eine langfristige Nutzung erwächst.“Ein seltenes Beispiel dafür, dass das klappt, sei der Truffleroom in der Kö-Galerie, der als Kurzzeitmieter gestartet sei, nun aber einen mehrjährigen Mietvertrag unterschrieben habe. Neben Handelskonzepten können sich die Experten auch Event-Nutzungen vorstellen, „so etwas passt super in diese Stadt“, sagt Schultheis.Warum also nicht eine Surfwelle für Wassersport-Fans im Kaufhof einrichten, oder ein Tennisfeld? Immerhin, so Emmerich, wird dort ein längerer Zeitraum zu überbrücken sein, der aufwendigere Nutzungen denkbar macht.
Auch der Handelsverband NRW schätzt Zwischennutzungen, um bei leerstehenden Geschäften eine Art Domino-Effekt zu verhindern: „Wo eine Taube sitzt, da lassen sich weitere nieder“, sagt Hauptgeschäftsführer Peter Achten. Er plädiert für ein Zusammenspiel aller Akteure, um die Innenstadt belebt zu halten: „Oft ist es leider schwierig, die Immobilienbesitzer zu erreichen, um mit ihnen die Möglichkeiten auszuloten.“Für weniger gefragte Lagen schlägt auch er vor, sich für eine Nutzung jenseits des Handels offen zu zeigen, etwa für Handwerker.
Mögliche Zwischennutzer erleben unterdessen häufig, dass es ganz so leicht dann doch nicht ist mit der temporären Nutzung. Davon berichtet Roland Ermrich, Vorsitzender des Vereins Düsseldorf darstellen und vermitteln: „Eine Zwischennutzung ist oft mit einem Bauantrag verbunden – und dann kann man es schon wegen der Bearbeitungszeit meistens vergessen“, sagt er. So sei ihm beispielsweise das leerstehende Rossmann-Ladenlokal am Wehrhahn zur kostenlosen Zwischennutzung für sechs Monate angeboten worden – eigentlich eine gute Sache. Er lehnte ab, weil ein großer Teil der Zeit durch die behördlichen Prozesse verlorengegangen wäre.„Die häufigen Themen sind dabei Brandschutz und Fluchtwege“, sagt Ermrich: „Diese Dinge sind natürlich auch wichtig, aber man könnte in diesem Bereich flexibler sein. Ich hoffe, dass der neue Oberbürgermeister das jetzt vielleicht vorantreibt.“