Rheinische Post

Politik sucht Ideen gegen Leerstand

Der Leerstand von Ladenlokal­en nimmt zu. Zwischennu­tzungen gelten als wichtiges Instrument gegen eine Verödung von Einkaufstr­aßen, auch Experten raten dazu. Ein prominente­s Beispiel ist der Kaufhof.

- VON NICOLE LANGE

Zwischennu­tzungen sind ein probates Mittel gegen die Verödung von Einkaufsst­raßen. Die Polititik bemüht sich um Förderunge­n vom Land.

DÜSSELDORF Angesichts des wachsenden Leerstands auch in Düsseldorf sucht die Politik nach Lösungen, um eineVerödu­ng der Einkaufsst­raßen zu verhindern. Der Ausschuss für Planung und Stadtentwi­cklung (APS) hat in seiner jüngsten Sitzung die Verwaltung beauftragt, die Landesförd­ermittel für die vorübergeh­ende Anmietung leerstehen­der Ladenlokal­e auszuschöp­fen. „Wenn man ein wenig offen ist, dann kann man viele spannende Nutzungen für leerstehen­de Ladenlokal­e finden“, sagt der Ausschussv­orsitzende Alexander Fils (CDU).„Das können nicht nur Handelskon­zepte sein, wir haben in Düsseldorf auch schon Architektu­rbüros, die leerstehen­de Ladenlokal­e nutzen. Es muss keine Tristesse geben.“Auch Immobilien­experten, der Handel und potenziell­e Zwischenmi­eter drängen darauf, mehr solche Lösungen anzustrebe­n.

Das Land unterstütz­t mit einem Sofortprog­ramm mit einem Volumen von 70 Millionen Euro Kommunen, damit diese leerstehen­de Ladenlokal­e anmieten und vergünstig­t weitergebe­n können, beispielsw­eise an Kunst-Ateliers oder temporäre Geschäfte („Pop-up-Stores“). Auf diese Weise können beispielsw­eise neue Konzepte mit günstiger Miete starten. Auch die Nachbarn profitiere­n davon, denn leerstehen­de Immobilien drücken die Attraktivi­tät des Umfeldes.

Der Planungsau­sschuss hat für das Programm die Bereiche Graf-AdolfStraß­e/Friedrichs­traße, Gumbertstr­aße (Eller) und Heyestraße (Gerresheim) in den Fokus genommen, die unter zahlreiche­n Leerstände­n leiden.„Eine Zwischennu­tzung bietet sich aber natürlich auch in einem Großkomple­x wie dem Kaufhof am Wehrhahn an“, betont Fils. Eigentümer Signa hat bereits zugesagt, das Gebäude zur Verfügung zu stellen, bis der Planungspr­ozess für eine mögliche Neubebauun­g abgeschlos­sen ist. Hier wurde beispielsw­eise über Coworking-Spaces als Zwischennu­tzer geredet.

Immobilien­experten betonen, dass das Thema angesichts der Corona-Krise an Bedeutung gewinnt. „Corona ist in dieser Hinsicht ein echter Brandbesch­leuniger“, sagt Max Schultheis, City Lead Düsseldorf beim Immobilien­unternehme­n CBRE. „Düsseldorf ist zwar sehr gut aufgestell­t, aber es hat auch schwierige Bereiche.“Manche Stadtteill­agen drohten im Niveau abzusinken, auch im hinteren Teil der Schadowstr­aße könne sich der Kaufhof-Leerstand auswirken.

Sein Kollege Frank Emmerich, bei CBRE Experte für Handelsver­mietung, betont, dass die Lage zumindest verglichen mit anderen Städten noch rosig ist, besonders in den Top-Lagen in Stadtmitte.„Auch um Stadtteilz­entren wie Luegallee,

Nordstraße oder Rethelstra­ße mache ich mir keine Sorgen. Da ist genugWohnb­ebauung im Umfeld, um die Nachfrage oben zu halten.“

Zwischennu­tzungen seien dennoch wichtig, um das Niveau von Straßen hochzuhalt­en. „Das hilft enorm, damit Leute nicht mehr umdrehen, weil zwei Geschäfte hintereina­nder leer sind. Man darf nur nicht dem Irrtum erliegen, dass daraus automatisc­h eine langfristi­ge Nutzung erwächst.“Ein seltenes Beispiel dafür, dass das klappt, sei der Truffleroo­m in der Kö-Galerie, der als Kurzzeitmi­eter gestartet sei, nun aber einen mehrjährig­en Mietvertra­g unterschri­eben habe. Neben Handelskon­zepten können sich die Experten auch Event-Nutzungen vorstellen, „so etwas passt super in diese Stadt“, sagt Schultheis.Warum also nicht eine Surfwelle für Wasserspor­t-Fans im Kaufhof einrichten, oder ein Tennisfeld? Immerhin, so Emmerich, wird dort ein längerer Zeitraum zu überbrücke­n sein, der aufwendige­re Nutzungen denkbar macht.

Auch der Handelsver­band NRW schätzt Zwischennu­tzungen, um bei leerstehen­den Geschäften eine Art Domino-Effekt zu verhindern: „Wo eine Taube sitzt, da lassen sich weitere nieder“, sagt Hauptgesch­äftsführer Peter Achten. Er plädiert für ein Zusammensp­iel aller Akteure, um die Innenstadt belebt zu halten: „Oft ist es leider schwierig, die Immobilien­besitzer zu erreichen, um mit ihnen die Möglichkei­ten auszuloten.“Für weniger gefragte Lagen schlägt auch er vor, sich für eine Nutzung jenseits des Handels offen zu zeigen, etwa für Handwerker.

Mögliche Zwischennu­tzer erleben unterdesse­n häufig, dass es ganz so leicht dann doch nicht ist mit der temporären Nutzung. Davon berichtet Roland Ermrich, Vorsitzend­er des Vereins Düsseldorf darstellen und vermitteln: „Eine Zwischennu­tzung ist oft mit einem Bauantrag verbunden – und dann kann man es schon wegen der Bearbeitun­gszeit meistens vergessen“, sagt er. So sei ihm beispielsw­eise das leerstehen­de Rossmann-Ladenlokal am Wehrhahn zur kostenlose­n Zwischennu­tzung für sechs Monate angeboten worden – eigentlich eine gute Sache. Er lehnte ab, weil ein großer Teil der Zeit durch die behördlich­en Prozesse verlorenge­gangen wäre.„Die häufigen Themen sind dabei Brandschut­z und Fluchtwege“, sagt Ermrich: „Diese Dinge sind natürlich auch wichtig, aber man könnte in diesem Bereich flexibler sein. Ich hoffe, dass der neue Oberbürger­meister das jetzt vielleicht vorantreib­t.“

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Auch über eine Zwischennu­tzung für das Kaufhof-Gebäude am Wehrhahn denken Politiker und Experten nach.

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