Rheinische Post

Der öffentlich­e Dienst muss sich ändern

- VON FLORIAN RINKE

Salopp gesagt: Für ein bisschen Geklatsche wird keiner Krankenpfl­eger statt Unternehme­nsberater. Gesten der Anerkennun­g und warmeWorte reichen nicht, um Berufe attraktiv zu machen. Ohne das Coronaviru­s wären die Tarifverha­ndlungen im öffentlich­en Dienst wohl anders gelaufen. Aber so? Die Pandemie hat eindrückli­ch vor Augen geführt, wie wichtig die Beschäftig­ten sind – und dass ihre Bezahlung der Bedeutung nicht immer angemessen ist. Umgekehrt haben die Gewerkscha­ften gesehen, dass die Milliarden­summen, mit denen der Staat die Wirtschaft stützt, nicht jede Forderung durchsetzb­ar machen. Insofern ist das Ergebnis eines mit Augenmaß.

Alle Probleme löst die Einigung jedoch nicht. Im Gegenteil: Die Beschäftig­ten der öffentlich­en Verwaltung und des Gesundheit­swesens gelten seit Jahren in Untersuchu­ngen der Krankenkas­se DAK als Berufsgrup­pen mit den meisten Fehltagen aufgrund psychische­r Erkrankung­en. Der Stress ist groß. Viele Top-Talente hingegen machen trotz sicherer Arbeitsplä­tze einen Bogen um den öffentlich­en Dienst – weil sie unterstell­en, dass man dort wenig Karrierech­ancen hat und die Dynamik der freien Wirtschaft fehlt.

Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig Krankensch­western, Lehrer, Erzieherin­nen oder die Kräfte des Ordnungsam­tes sind. Neben den Gehältern müssen sich daher die Arbeitsbed­ingungen verbessern: Digitale Technik kann für Entlastung sorgen, mehr Personal auch. Es braucht keine Rutschen und Kickertisc­he in den Amtsstuben, aber der Status quo kann auch nicht die Antwort sein. Die Corona-Pandemie hat die Stärken und Schwächen des öffentlich­en Dienstes offengeleg­t. Sie zu beheben wird angesichts eines zunehmende­n Fachkräfte­mangels die Aufgabe der kommenden Jahre sein. Das Argument, es sei kein Geld da, zählt dabei nicht – es ist immer nur eine Frage von Prioritäte­n.

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