Rheinische Post

Es braucht einen smarten Lockdown

- VON GREGOR MAYNTZ BERICHT NEUFÄLLE ÜBERFORDER­N NRW-STÄDTE, TITELSEITE

Ein Blick auf die Nachbarlän­der zeigt, dass es von alleine weder abflacht noch aufhört. Etliche europäisch­e Länder bereiten sich darauf vor, in der zweiten Welle die Lösung im zweiten Lockdown zu finden. Denn überall füllen sich die Krankenhäu­ser und ihre Intensivst­ationen.

Letztlich dienten alle Schritte in Deutschlan­d dem Ziel, das Gesundheit­ssystem nicht zu überlasten. Der Albtraum Triage soll nicht Wirklichke­it werden, bei dem die Medizin wegen zu vieler Patienten auswählen muss, wen sie zu retten versucht und wen nicht. Dabei wird zum einen übersehen, dass viele auch die künstliche Beatmung nicht überleben. Und zum anderen wird immer noch die Belegung der Intensivst­ationen als eigentlich­es Stoppzeich­en missversta­nden:Wenn sie sich rapide füllen, ist es zum Umsteuern zu spät. Als wollte man bei Tempo 130 erst bremsen, wenn das Auto den Baum bereits berührt.

Die sieben Monate zwischen den beidenWell­en haben die Deutschen in Teilen gut genutzt. Es gibt zusätzlich­e Reserven in den Krankenhäu­sern, es gibt mehr Tests, es gibt viel mehr Masken. Und es gibt Erfahrunge­n, was wann wie wirkt. Darauf muss nun aufgebaut werden. Es braucht einen smarten Lockdown: nicht alles herunterfa­hren, sondern präziser ansetzen. Die Politik muss den Hammer imWerkzeug­kasten lassen und den Schraubenz­ieher heraushole­n.

Virologen haben der Politik erläutert, dass sie die Eskalation nur wieder einfangen kann, wenn sie dafür sorgt, dass sich die Zahl der Kontakte schlagarti­g halbiert. Also müssen nicht alle Schulen sofort dichtgemac­ht werden, sondern die Zahl der möglichen Begegnunge­n muss verringert werden. Längst hätten die Vorbereitu­ngen anlaufen müssen, den Unterricht auf den Tag zu verteilen. Diese Analyse muss sich durch alle Bereiche des gesellscha­ftlichen Lebens ziehen.

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