Ein schlechter Start ins Superwahljahr
Welch eine Hängepartie. Die CDU vertagt wegen der Corona-Krise abermals die Wahl ihres neuen Parteichefs. Damit starten die Christdemokraten ohne Klarheit überVorsitz und Kanzlerkandidatur in ein Superwahljahr, das für sie wegen des Endes der Ära Merkel ohnehin schon besonders schwer werden wird.
Die Bundestagsparteien hätten durchaus bereits einen Plan B für die Wahl ihrer Vorstände in Pandemie-Zeiten haben können. Es mahnten genügend Politiker, dass ein Virus nicht nur einen Strich durch geplante Hochzeitsfeiern mit 200 Gästen machen kann, sondern erst recht durch Parteitage mit 1000 Delegierten. Doch eine beherzte Änderung des Parteiengesetzes, die digitale Wahlparteitage ermöglicht hätte, scheiterte an Bedenken im CSU-geführten Bundesinnenministerium. Auch die CDU wehrte das nicht ab. Dabei hätte der Sprung in die digitale Wirklichkeit nicht nur Schülern und Lehrern abverlangt werden müssen, sondern auch der Politik.
Nun sollten die Bundestagsfraktionen das Grundgesetz schnell entsprechend ändern. Denn sonst kann es der CDU passieren, dass sie erneut absagen muss. Zwar haben die Bürger tatsächlich andere Sorgen als die Wahl eines neuen CDU-Chefs, aber in Krisenzeiten sollte es Anspruch einer Kanzlerpartei sein, eine ruhige und verlässliche Orientierung zu bieten.
Bis ein neuer Vorsitzender gewählt wird, ist dann rund ein Jahr nach Annegret Kramp-Karrenbauers Rückzugsankündigung vergangen. Der Dauerwahlkampf der drei Kandidaten und das Gefühl, dass jetzt jemand Neues kommt und Aufbruch versprüht, könnten sich empfindlich abgenutzt haben. Kein guter Start der CDU in das Wahljahr, das mit dem selbst gewählten Abgang der Kanzlerin eine Zäsur für die Partei und das Land sein wird.
BERICHT DRITTER ANLAUF, POLITIK