Frauen in Polen kündigen für Mittwoch einen Streik an
Polens Berufstätige kamen am Montag an den Demonstrantinnen nicht vorbei: Landesweit blockierten Gegnerinnen des Abtreibungsverbots den Berufsverkehr durch Langsamfahren und das Abstellen von Autos. In der Hauptstadt wurden sogar Fußgänger- und Fahrradwege versperrt. Seit Donnerstag kommt das Land nicht zur Ruhe. Jede Nacht gingen in den großen Städten Tausende auf die Straße, aber auch in kleineren Städten regte sich Protest. Das Verfassungsgericht entschied vor fünf Tagen, dass eine Abtreibung aus „eugenischen Gründen“, wie es bislang erlaubt war, verfassungswidrig sei.
Somit müssen auch Föten bei schwerer Fehlbildung ausgetragen werden, was Totgeburten einschließt, gleichzeitig werden Kinder mit Downsyndrom auf die Welt kommen. Nun darf in Polen nur noch bei einer Vergewaltigung, Inzest und Lebensgefahr der Schwangeren eine Abtreibung vorgenommen werden – diese machen jedoch nur zwei Prozent der rund 1000 offiziellen Abtreibungen pro Jahr aus.
„Das ist Krieg“, so der Slogan der Organisation „Streik der Frauen“. Deren Vorsitzende Marta Lempart droht „Wir haben nichts mehr zu verlieren“und kündigte Besuche der Frauen von Politikerbüros an. Besonders wütend sind die Frauen auf Jaroslaw Kaczynski, Chef der Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“(PiS) und seit einigen Wochen Vizepremier. „Jaroslaw Kaczynski begleicht seine Schulden beim Klerus, und wir bezahlen den Preis dafür“, rief Anna Karaszewska, Vorsitzende der Organisation „Kongress der Frauen“, bei einer Demonstration.
Denn der Nationalkonservative hatte der katholischen Kirche und dem rechten Flügel der Wähler bereits 2014 eine Gesetzesverschärfung versprochen. Doch vor einer Parlamentsabstimmung schreckte er aufgrund des Widerstands in der Bevölkerung zurück. Die Gerichtsentscheidung während der Pandemie mit steigenden Fallzahlen hingegen sollte den Druck der Straße verhindern – eine Fehlkalkulation.
Am Mittwoch wollen die berufstätigen Gegnerinnen des Gesetzes streiken, am Freitag ist eine Großdemonstration in der Hauptstadt geplant. Auch gegen die katholische Kirche, der mehr als 90 Prozent der Polen angehören, gab es Aktionen – am Sonntag störten Frauen und Männer landesweit die Messen, es kam zu Zusammenstößen mit Polizei und Abtreibungsgegnern.