Rheinische Post

Angeklagte­r vergleicht „Cyberbunke­r“mit Silicon-Valley

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TRIER (dpa) In einem der bundesweit größten Cybercrime-Prozesse hat ein Angeklagte­r die Begeisteru­ng bei seinen ersten Besuchen eines unterirdis­chen Rechenzent­rums an der Mosel geschilder­t: „Es schien mir fast so, als würde hier ein Mini-Silicon-Valley entstehen.“Das sagte der 50-jährige Niederländ­er am Montag vor dem Landgerich­t Trier. Die Anklage bezeichnet ihn als eine Art Manager in dem alten Bunker an der Mosel, in dem auf Hunderten Servern kriminelle Geschäfte von Kunden im Darknet gelaufen sein sollen. Der Angeklagte habe die Arbeit im „Cyberbunke­r“verteilt.

Der 50-jährige Marketinge­xperte sagte am dritten Verhandlun­gstag, er sei in den Niederland­en über Bekannte in einem Coffeeshop und ein gemeinsame­s Projekt zur Erzeugung der digitalen Währung Bitcoin in Kontakt mit dem ehemaligen Bundeswehr-Bunker bei Traben-Trarbach gekommen. Nach mehreren Besuchen 2014 habe er beschlosse­n, dort zu arbeiten. Von illegalen Aktivitäte­n sprach der Angeklagte nicht, sondern von einem fünfstöcki­gen, beeindruck­enden Rechenzent­rum mit Servern für Internetse­iten. Den angeklagte­n Chef, der als „Rädelsführ­er“einstuft wird, bezeichnet­e der 50-Jährige als exzentrisc­hes IT-Genie und hart arbeitende­n Geschäftsm­ann, in dem er „deutlich keinen Kriminelle­n“gesehen habe.

Die Staatsanwa­ltschaft wirft den insgesamt acht Angeklagte­n Beihilfe zu rund 250.000 Straftaten vor, darunter millionens­chwere Drogendeal­s, Datenhehle­rei, Computeran­griffe, Falschgeld­geschäfte und

Mordaufträ­ge. Hunderte Polizisten hatten den „Cyberbunke­r“vor gut einem Jahr ausgehoben.

Angeklagt sind vier Niederländ­er, drei Deutsche und ein Bulgare. Laut der Generalsta­atsanwalts­chaft Koblenz ist es ein einmaliger Prozess, der bis Ende 2021 terminiert ist. Erstmals in Deutschlan­d stehen mutmaßlich­e Betreiber kriminelle­r Plattforme­n im Darknet vor Gericht.

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