Natürlich gibt es eine Trainerdiskussion
Fortuna hat einen Fehlstart in der Zweiten Liga hingelegt und ist aktuell weit davon entfernt, den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Die Verantwortlichen sind noch darum bemüht, Uwe Rösler nach Kräften zu stützen. Er braucht Siege.
Im modernen Fußball gibt es eine Reihe von interessanten Entwicklungen. Der Selbstbetrug gehört zum Beispiel dazu. Weil sich das etwas unromantisch anhört, hat man stattdessen einen anderen Begriff eingeführt: Übergangssaison.Wenn immer dieses Wort fällt, kann man sich gewiss sein, dass die eigentlichen Ziele mit Pauken und Trompeten verfehlt werden und nun versucht wird, zu retten, was eben noch zu retten ist.
So gesehen war man bei Fortuna natürlich richtig mutig, als man sehenden Auges etwas formuliert hat, was man unter diesen Umständen wohl nur schwer erreichen wird. Welche Eventualitäten man auch immer noch dazugeschrieben hat – am Ende wurde der Aufstieg zum Ziel deklariert. Von diesem Moment an hat man selbst die Trainerdiskussion eröffnet.
Tatsächlich war zu diesem Zeitpunkt der Druck auf den Verein überschaubar. Und dennoch hat man sich zu einer Erklärung treiben lassen, die nun zum Kommunikationsproblem wird. Der Trainer wurde dadurch jedenfalls nicht gestärkt. Es gibt schließlich immer mindestens zwei Sichtweisen. Uwe Rösler sah sich in seiner Bewertung oft zu schlecht beurteilt, weil man ja nicht mit einbeziehen würde, dass er erst sehr spät sein endgültiges Personal zur Verfügung hatte und er durch Ausfälle immer wieder zu wechseln gezwungen würde.
Natürlich steckt da viel Wahrheit drin und dennoch ist das, was er aus den vorhandenen Möglichkeiten gemacht hat bislang trotzdem auch recht ernüchternd. Bisweilen wirkt er mehr wie ein Zweifler, denn wie ein Kapitän, der einen Plan hat und sein Team zum Ziel navigiert. Seine Vorgesetzten wiederum stützen ihn durchaus. Doch ob es eine Trainerdiskussion gibt, entscheidet nicht nur ein kleiner Kreis.
In einer Mannschaft wird alles ganz genau registriert. Welche Taktik wird gespielt? Wie sehr passt die zu den eigenen Fähigkeiten? Wie ist der Umgang mit etablierten Spielern und wie werden die Zugänge eingesetzt? Glaubt man der Spielidee des Trainers? Ist es die Schuld des Trainers oder der Kaderplanung? Oder von keinem, und in ein paarWochen wird alles besser, wenn man ausreichend Zeit hatte, sich miteinander
einzuspielen? Fortuna steckt tatsächlich in einem gigantischen Umbruch. Man wird aber natürlich das Tagesgeschäft nicht völlig zur Seite schieben können. Beides muss zusammen gelingen.
Die Großbaustelle Mittelfeld sorgt jedenfalls dafür, dass es in der Defensive immer wieder brennt und in der Offensive der Ertrag recht überschaubar ist. Undiszipliniertheiten, Unerfahrenheit, fehlende Cleverness und eine stattliche Zahl von Verletzten machen aus dem Ist-Zustand von Fortuna ein recht düsteres Bild.
Allen Beteuerungen zum Trotz: Natürlich steht Rösler ab sofort unter besonderer Beobachtung. Natürlich geht es zuvorderst um Ergebnisse, aber auch, wie die Zustande gekommen sind. Bis zur Länderspielpause gibt es noch zwei Möglichkeiten für einen positiven Trend – am Freitag zu Hause gegen Heidenheim und dann eine Woche drauf beim 1. FC Nürnberg. Drei Punkte sind für Rösler aus diesen Partien gerade zu Pflicht, vier wären besser – sechs wagt ja niemand von zu träumen. Und alles drunter?
Natürlich wird es dann einer genaueren Analyse bedürfen. Durch den engen Terminplan in dieser Saison bietet im Prinzip nur noch dieser Break die Möglichkeit für Korrekturen. Wenn man sich weiter für Rösler entscheidet, dann muss es ein Bekenntnis ohneWenn und Aber sein – also auch den Fall mit einkalkulieren, dass es eine absolute Gruselsaison wird und man gegen den Abstieg spielt.
Rösler hat natürlich Zeit verdient, um etwas Neues aufzubauen. Doch es fehlt vielen derzeit einfach die Vision, die Überzeugung, wohin die Reise geht. Wenn das nicht schleunigst auf dem Platz zu sehen ist, wird sein Kredit rapide schmelzen und die Beteuerungen von gestern, es gäbe keine Trainerdiskussion, sind übermorgen nichts mehr wert.