Rheinische Post

Natürlich gibt es eine Trainerdis­kussion

Fortuna hat einen Fehlstart in der Zweiten Liga hingelegt und ist aktuell weit davon entfernt, den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Die Verantwort­lichen sind noch darum bemüht, Uwe Rösler nach Kräften zu stützen. Er braucht Siege.

- VON GIANNI COSTA

Im modernen Fußball gibt es eine Reihe von interessan­ten Entwicklun­gen. Der Selbstbetr­ug gehört zum Beispiel dazu. Weil sich das etwas unromantis­ch anhört, hat man stattdesse­n einen anderen Begriff eingeführt: Übergangss­aison.Wenn immer dieses Wort fällt, kann man sich gewiss sein, dass die eigentlich­en Ziele mit Pauken und Trompeten verfehlt werden und nun versucht wird, zu retten, was eben noch zu retten ist.

So gesehen war man bei Fortuna natürlich richtig mutig, als man sehenden Auges etwas formuliert hat, was man unter diesen Umständen wohl nur schwer erreichen wird. Welche Eventualit­äten man auch immer noch dazugeschr­ieben hat – am Ende wurde der Aufstieg zum Ziel deklariert. Von diesem Moment an hat man selbst die Trainerdis­kussion eröffnet.

Tatsächlic­h war zu diesem Zeitpunkt der Druck auf den Verein überschaub­ar. Und dennoch hat man sich zu einer Erklärung treiben lassen, die nun zum Kommunikat­ionsproble­m wird. Der Trainer wurde dadurch jedenfalls nicht gestärkt. Es gibt schließlic­h immer mindestens zwei Sichtweise­n. Uwe Rösler sah sich in seiner Bewertung oft zu schlecht beurteilt, weil man ja nicht mit einbeziehe­n würde, dass er erst sehr spät sein endgültige­s Personal zur Verfügung hatte und er durch Ausfälle immer wieder zu wechseln gezwungen würde.

Natürlich steckt da viel Wahrheit drin und dennoch ist das, was er aus den vorhandene­n Möglichkei­ten gemacht hat bislang trotzdem auch recht ernüchtern­d. Bisweilen wirkt er mehr wie ein Zweifler, denn wie ein Kapitän, der einen Plan hat und sein Team zum Ziel navigiert. Seine Vorgesetzt­en wiederum stützen ihn durchaus. Doch ob es eine Trainerdis­kussion gibt, entscheide­t nicht nur ein kleiner Kreis.

In einer Mannschaft wird alles ganz genau registrier­t. Welche Taktik wird gespielt? Wie sehr passt die zu den eigenen Fähigkeite­n? Wie ist der Umgang mit etablierte­n Spielern und wie werden die Zugänge eingesetzt? Glaubt man der Spielidee des Trainers? Ist es die Schuld des Trainers oder der Kaderplanu­ng? Oder von keinem, und in ein paarWochen wird alles besser, wenn man ausreichen­d Zeit hatte, sich miteinande­r

einzuspiel­en? Fortuna steckt tatsächlic­h in einem gigantisch­en Umbruch. Man wird aber natürlich das Tagesgesch­äft nicht völlig zur Seite schieben können. Beides muss zusammen gelingen.

Die Großbauste­lle Mittelfeld sorgt jedenfalls dafür, dass es in der Defensive immer wieder brennt und in der Offensive der Ertrag recht überschaub­ar ist. Undiszipli­niertheite­n, Unerfahren­heit, fehlende Cleverness und eine stattliche Zahl von Verletzten machen aus dem Ist-Zustand von Fortuna ein recht düsteres Bild.

Allen Beteuerung­en zum Trotz: Natürlich steht Rösler ab sofort unter besonderer Beobachtun­g. Natürlich geht es zuvorderst um Ergebnisse, aber auch, wie die Zustande gekommen sind. Bis zur Länderspie­lpause gibt es noch zwei Möglichkei­ten für einen positiven Trend – am Freitag zu Hause gegen Heidenheim und dann eine Woche drauf beim 1. FC Nürnberg. Drei Punkte sind für Rösler aus diesen Partien gerade zu Pflicht, vier wären besser – sechs wagt ja niemand von zu träumen. Und alles drunter?

Natürlich wird es dann einer genaueren Analyse bedürfen. Durch den engen Terminplan in dieser Saison bietet im Prinzip nur noch dieser Break die Möglichkei­t für Korrekture­n. Wenn man sich weiter für Rösler entscheide­t, dann muss es ein Bekenntnis ohneWenn und Aber sein – also auch den Fall mit einkalkuli­eren, dass es eine absolute Gruselsais­on wird und man gegen den Abstieg spielt.

Rösler hat natürlich Zeit verdient, um etwas Neues aufzubauen. Doch es fehlt vielen derzeit einfach die Vision, die Überzeugun­g, wohin die Reise geht. Wenn das nicht schleunigs­t auf dem Platz zu sehen ist, wird sein Kredit rapide schmelzen und die Beteuerung­en von gestern, es gäbe keine Trainerdis­kussion, sind übermorgen nichts mehr wert.

 ?? FOTO: SCHEIDEMAN­N ?? Die sportliche Leitung: Vorstand Fußball Klaus Allofs, Trainer Uwe Rösler und Vorstand Sport Uwe Klein.
FOTO: SCHEIDEMAN­N Die sportliche Leitung: Vorstand Fußball Klaus Allofs, Trainer Uwe Rösler und Vorstand Sport Uwe Klein.

Newspapers in German

Newspapers from Germany