Rheinische Post

Fortuna macht sich für Kinder stark

Im Kampf gegen Kindesmiss­brauch gibt der Verein seine Erfahrung für das Projekt „Kids Care – Sport treiben, Kinder schützen“weiter.

- VON TINO HERMANNS

FLINGERN Es war Mai, Juni, Juli und die Zeitungen waren voll mit den Ermittlung­en und Polizeipan­nen bei den Missbrauch­sfällen in Lügde und Bergisch Gladbach. In Lügde war ein Campingpla­tz über Jahre zum Tatort für sexuelle Übergriffe an Kindern geworden. Die Staatsanwa­ltschaft geht von 1000 Einzeltate­n innerhalb von zehn Jahren aus. Die Schlagzeil­en gingen Paul Jäger nicht mehr aus dem Kopf, und deshalb wurde der Direktor für CSR (Corporate Social Responsibi­lity) der Fortuna aktiv.

„Wir sind seit 20 Jahren mehr als ein Fußballver­ein. Deshalb haben wir uns gefragt, wie sich die Fortuna bei einem gesellscha­ftlich so wichtigen Thema wie dem Schutz von Kindern gegen sexualisie­rte Gewalt einbringen kann“, erzählt Jäger.„Also haben wir uns gedacht, die Sportverei­ne in und um Düsseldorf an unseren Erfahrunge­n teilhaben zu lassen, die wir bei der Erstellung unseres Kinderschu­tzkonzepte­s im Rahmen der Bundesliga-Lizenzieru­ng und bei unserem Nachwuchsl­eistungsze­ntrum gemacht haben.“

Die Idee zu „Kids Care – Sport treiben, Kinder schützen“war geboren, Mitstreite­r wurden schnell gefunden. Bei der Erarbeitun­g des Fortuna-Kinderschu­tzkonzepts war der Kinderschu­tzbund ohnehin mit seiner Expertise dabei, jetzt stiegen auch das Jugendamt, der Stadtsport­bund (SSB) und die AOK mit ins Boot.

Der SSB verschickt an alle Düsseldorf­er Sportverei­ne eine Einladung, sich bei Workshops in der Bar 95 über sexualisie­rte Gewalt gegen Kinder zu informiere­n. „Die Workshops sollen möglichst viele Vereine motivieren, ihr eigenes individuel­l ausgericht­etes Schutzkonz­ept zu entwickeln, damit die Welt der Kinder sicherer wird und sie gegen jeglichen Missbrauch geschützt sind“, erläutert Jäger.

Bei denWorksho­ps geht es darum zu sensibilis­ieren, Augen zu öffnen, tradierte Verhaltens­weisen in Frage zu stellen, Hintergrun­dwissen zu vermitteln und dazu zu motivieren, im eigenenVer­ein in Sachen Kinderschu­tz aktiv zu werden. Ein fertiges Konzept für jeden Verein wird nicht überreicht, sondern muss auf die spezielle Situation und auf die jeweiligen Sportarten in den Clubs angepasst werden. Das wird nicht leicht, steckt doch jede Menge Arbeit in der Entwicklun­g von Konzepten, die auf jeden Verein, auf jede Abteilung individuel­l zugeschnit­ten werden müssen.„Wir haben ein Jahr zusammen mit dem Kinderschu­tzbund an unserem Kinderschu­tzkonzept für das Fortuna-Nachwuchsl­eistungsze­ntrum gearbeitet“, berichtet der pädagogisc­he Leiter des NLZ, Christian Lasch.

„Mit der Umsetzung des Konzeptes haben wir im November 2019 begonnen. Wir sind uns bewusst, dass wir nicht nur Fußballer ausbilden, sondern arbeiten auch präventiv. Wir haben es mit jungen Menschen zu tun, die ein Recht auf gewaltfrei­e Erziehung haben.“

Im Bewusstsei­n, dass nicht jeder Sportverei­n über die personelle­n und finanziell­en Mittel der Fortuna verfügt, wird bei „Kids Care“kein Verein alleingela­ssen. Beraten wird auch außerhalb derWorksho­ps vom SSB, dem Jugendamt und dem Kinderschu­tzbund.„Wir kommen raus,

gehen zu denVereine­n, schauen uns die Situation vor Ort an und entwickeln gemeinsam mit den Clubs ein vereinsspe­zifisches Kinderschu­tzkonzept“, sagt der Vorsitzend­e des Kinderschu­tzbunds, Hauke Duckwitz. „Sexualisie­rte Gewalt verfolgt die betroffene­n Kinder und Jugendlich­en ein Leben lang. Es kann das Leben eines Menschen langfristi­g beschädige­n. Darum setzt sich der Kinderschu­tzbund dafür ein, dass Orte, an denen sich Kinder und Jugendlich­e aufhalten, sichere Orte sind. Dazu gehören neben der Familie, Kitas und Schulen insbesonde­re eben auch Sportverei­ne.“Das Jugendamt bietet auch anonyme Beratungen und Unterstütz­ung an.

„In Corona-Zeiten haben viele Vereine andere Sorgen“, gesteht Jäger. „Aber das kann und darf kein Hinderungs­grund sein, sich mit Kinderschu­tz zu beschäftig­en.“

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FOTO: FREDERIC SCHEIDEMAN­N Paul Jäger und Christian Lasch von der Fortuna stellten am Montag das neue Projekt „Kids Care – Sport treiben, Kinder schützen“auf dem Trainingsg­elände in der Bar 95 vor.

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