Weltmeisterin beendet ihre Karriere
Leonie Pieper vom Ruder-Club Germania konzentriert sich auf ihr Studium.
Den ersten emotionalen Stresstest hat Leonie Pieper (RC Germania) bereits erfolgreich hinter sich gebracht, in dem sie die Ruder-Europameisterschaft in Poznan (Polen) aufmerksam verfolgte. „Ich wusste, ich hätte dabei sein können“, gesteht Pieper. Sie war vor kurzem aus der Nationalmannschaft zurückgetreten. „Einfach nur zuzuschauen, war ein gutes Gefühl“, so die Ex-Spitzensportlerin. „Ich habe mitgefiebert, aber nicht um eine verpasste Chance getrauert.“
Die Chancen, die sich ihr in ihrer Nationalmannschaftskarriere geboten hatten, hatte sie vergleichsweise konsequent genutzt. Als Leichtgewicht (Körpergewicht maximal 57 Kilogramm) erruderte die gebürtige Düsseldorferin unter anderem einen Weltmeistertitel (im Jahr 2015) und eine Vize-Weltmeisterschaft (2016). Dazu kommen zweimal WM-Bronze (2014, 2019) im Vierer, eine Vize-Europameisterschaft im Einer (2019), zwei deutsche Meistertitel und die U23 Silbermedaille im Zweier (2013).
Erfolge feierte die inzwischen 28-Jährige also reichlich, und doch bleibt sie eine „Unvollendete“. Eigentlich wollte sich Leonie Pieper den Traum von der Teilnahme an Olympischen Spielen erfüllen. „Ich hatte das große Ziel, 2020 bei den
Spielen in Tokio dabei zu sein“, verrät die Germanin. „Aber aus den bekannten Gründen wurden die Spiele ja um ein Jahr verschoben. Da habe ich die ganze Situation hinterfragt und festgestellt, dass es nicht mehr passt, dass ich nur mit Leistungssport nicht mehr glücklich bin.“Um konkurrenzfähig zu bleiben, hätte es nur „Vollgas“im Sport und sonst fast gar nichts gegeben. Das war es ihr nicht mehr wert.
„Ich habe gemerkt, das viele in meinem Freundeskreis ihren ersten Job haben, vorwärtskommen und ich studiere immer noch“, so Pieper. „Mir war es immer wichtig, neben dem Sport noch andere Interessen zu haben. Das ist immer wichtiger geworden. Aber man muss für den Leistungssport brennen, sonst macht es keinen Sinn.“
Also verkündete sie nach monatelanger reiflicher Überlegung ihren Rücktritt vom Leistungssport.
Eine Rückkehr in anderer Funktion ist aber nicht ausgeschlossen. Nach ihrem Master-Abschluss in Psychologie, der in zwei Jahren ansteht, kann sie sich einen Job als Sportpsychologin durchaus vorstellen. Auch, weil sie den Bachelor ins Sportwissenschaft bereits in der Tasche hat.
Sie weiß eben aus eigener Erfahrung, was es heißt mit Druck umzugehen. „Ich fand es immer spannend, wenn es darum ging in den nächsten zehn Minuten gut zu sein und alles rauszuhauen“, erläutert Pieper. „Und wenn man es dann in einem EM- oder WM-Endlauf geschafft hat, so ein Hochgefühl bekommt man nicht oft.“
Jetzt macht sie Sport nur noch aus Spaß und ohne Leistungsdruck. Bei der Germania wird sie weiterhin rudern, dort außerdem auch Ergometer-Kurse geben. Und sie inzwischen auch Mitglied im Triathlon-Team Düsseldorf. Damit hat sie aktuell also zwei neue Herausforderungen. „Ich bin mal ganz gespannt, wie es so ist, nicht zweimal am Tag zu trainieren. Ich lasse das mal entspannt auf mich zukommen“, so Pieper.
Sie weiß aber, dass ihr der ganz große emotionale Stresstest noch bevorsteht. „Bei den Olympischen Spielen 2021 werde ich schon traurig sein.“