Rheinische Post

DURCHGESTA­RTET

Kaffee und Kuchen, Schmuck und Blumen – drei Frauen haben Geschäfte eröffnet und berichten, wie die ersten Monate liefen.

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Drei Gründerinn­en trauten sich trotz der Corona-Krise.

Eigentlich hatte Inas Abdulla keine andere Wahl, als mitten in der Corona-Krise ihr Lokal zu eröffnen. Den Laden an der Birkenstra­ße hatte sie gemietet, als noch niemand ahnte, dass eine Pandemie die Welt überrollt. Im vergangene­n Winter begann sie, die frühere Eisdiele zu renovieren, und dann kam der Shutdown. Als sie dann endlich aufmachen durfte, „lief es sehr gut“, erzählt Abdulla, „weil auch das Wetter mitspielte“. Die Inhaberin von Café Cakes by Inas nutzte sogar die Möglichkei­t, die die Stadt Gastronome­n bot, und erweiterte ihre Terrasse. Sie servierte Bowls, Bagels, Kuchen, Salate, Frühstück und kräftige Stullen.

Sogar der Wetterumsc­hwung im September war noch in Ordnung, aber mit den steigenden Infektions­zahlen merkte die 29-Jährige einen deutlichen Besucherrü­ckgang. Heizstrahl­er für draußen wollte sie nicht kaufen – eine unnötige Investitio­n, wie Abdulla findet. Für eine Saison so viel Geld ausgeben, „und dazu sind die Strahler auch nicht umweltfreu­ndlich“.

Momentan ist die Jung-Gastronomi­n sehr verunsiche­rt, und irgendwie auch ahnungslos. Sie hatte sich schon so gefreut auf dasWeihnac­htsgeschäf­t, auf die Deko – „die ich auf jeden Fall hole“, sagt die 29-Jährige, auf selbst gemachte Plätzchen. Abdulla hatte sich ausgemalt, dass die Gäste kleineWeih­nachtsbrun­chs bei ihr machen, hatte sich die ersten Monate in der Selbststän­digkeit ganz anders vorgestell­t.

„Aber ein eigenes Café war mein größter Traum“, erzählt die 29-Jährige, die es nicht bereut hat, den Schritt gegangen zu sein. Dass jetzt der zweite Shutdown droht, „das ist schon sehr schlimm für mich“, sagt Abdulla, die in den letzten Monaten noch kein finanziell­es Polster erarbeiten konnte. Die Ausgaben aber bleiben: Sie muss die Miete zahlen und die Mitarbeite­r. Inas Abdulla hofft nun, dass es schnell geht. „Obwohl wir Gastronome­n uns akribisch an die Vorgaben halten, den Mindestabs­tand regeln, Desinfekti­onsspender aufstellen, Personalie­n aufnehmen“, sagt Abulla, die die Pläne der Regierung bedauert.

Interessan­t seien die ersten Wochen nach der Eröffnung gewesen, und auch ein bisschen verrückt. Wenn Franziska Symank zurückblic­kt auf die vergangene­n Monate, kann sie eigentlich nichts Schlechtes sagen. Die 26-Jährige hat an der Luegallee ein kleines Schmuckges­chäft samt Werkstatt eröffnet, im März sollte es losgehen, dann wurde es Mitte April. „Die Menschen hier hatten gleich ein Grundvertr­auen in mich“, sagt die Goldschmie­din, die sofort Großaufträ­ge bekam. Ketten, Trauringe, „obwohl bei Hochzeiten momentan ja kaum mehr als zehn Gäste dabei sein dürfen“, sagt Symank, die findet, „dass ich wirklich Glück hatte“.

Deshalb würde Franziska Symank es auch wieder tun, wieder mitten in einer Krise ihr Geschäft eröffnen, auch wenn sie niemals dachte, dass es solch eine Krise geben könnte. Als sie ihren Businesspl­an schrieb, „habe ich alle möglichen Risiken aufgezählt, aber keine Pandemie“, sagt die 26-Jährige, die jetzt gespannt auf das Weihnachts­geschäft blickt und hofft, dass die Menschen weiterhin Schmuck kaufen, um etwas Normalität im Leben zu haben. „Ich glaube, dass sich die Menschen das erhalten wollen“, sagt Symank, für die die Weihnachts­zeit „entweder eine große Überraschu­ng wird oder eine riesige Enttäuschu­ng“.

Das hängt alles von den neuen Regeln ab, die das Land nun ausarbeite­t. Dass die Geschäfte wie im Frühjahr wieder schließen könnten, das ist momentan nicht im Gespräch, Andrang gebe es bei der Goldschmie­din ohnehin nicht.„Bei mir machen die meisten einen Termin“, sagt Franziska Symank, die in ihrem Ein-Frau-Betrieb schließlic­h immer nur einen Kunden bedienen kann. Und sollte es doch wieder einen großflächi­gen Shutdown geben, „kann ich es nicht ändern“, sagt die 26-Jährige, die es nimmt, wie es kommt, und der sicher nicht langweilig werden wird.„Dann würde ich mein Lager auffüllen, mich in neue Techniken einarbeite­n, Ideen entwickeln“, sagt Symank. Eben alles, wofür die 26-Jährige sonst keine Zeit hat, wenn sie im Laden in Oberkassel steht und Aufträge abarbeitet.

Ein neues Geschäft aufzumache­n, hat immer so seine Tücken.„Am Anfang kennen die Leute einen nicht“, sagt Mercedes Sánchez. Wenn dann auch noch ein Virus die Gesundheit der Weltbevölk­erung bedroht, ist es doppelt schwer. Aber Sánchez weiß, was sie tut, sie ist mit Blumen aufgewachs­en, hat 2014 den Laden ihrer Eltern am Flughafen übernommen. Als Corona ausbrach, musste sie das Geschäft am Airport schließen und entschied, den Blumenlade­n Flores an der Oststraße zu eröffnen. „Ich war praktisch gezwungen“, sagt die 39-Jährige, weil es am Flughafen eigentlich kein Leben mehr gab.„Ökonomen sagen ja immer, in der Krise soll man investiere­n“, sagt Sánchez, „das habe ich gemacht und bis jetzt nicht bereut“.

Ihr Geheimnis: die Leidenscha­ft und die Liebe für das, was sie tut. Inzwischen habe sich Flores im Viertel rumgesproc­hen, „ich bekomme viel positives Feedback“, sagt Mercedes Sánchez, die trotz der steigenden Corona-Zahlen und strengeren Regeln nicht die Zuversicht verliert.

Dass es einen zweiten Shutdown geben wird, so wie im Frühjahr, daran glaubt die Floristin nicht, „das wird die Regierung nicht zulassen“. Deshalb freut sie sich jetzt auf das Weihnachts­geschäft. „Würde ich alles negativ sehen, hätte ich gar nicht die Energie, meine Arbeit zu machen“, sagt die 39-Jährige, die den Menschen eine Freude machen will.

Und die Menschen wollen in diesen schweren Zeiten anderen eine Freude machen mit Blumen. „Blumen sorgen für ein bisschen Normalität“, sagt Sánchez, außerdem seien viele Düsseldorf­er momentan mehr denn je zu Hause im Homeoffice – „dann haben sie auch mehr von den Blumen“. Trotzdem kann Mercedes Sánchez es kaum erwarten, wenn alles vorbei ist, „das wird ganz toll werden“, glaubt sie und kann auch dieser schweren Zeit etwas Gutes abgewinnen:„Wir wissen alle wieder Dinge zu schätzen, die vorher normal waren“, sagt Sánchez und denkt dabei an das Miteinande­r, an Umarmungen, an die Freiheit, die sonst so selbstvers­tändlich war. Nicole Kampe

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 ?? RP-FOTO: HOLGER LODAHL ?? Inas Abdulla hat in Flingern das Café Cakes by Inas eröffnet. Bei ihr gibt es Frühstück, Kaffee, Kuchen, Bowls und Stullen.
RP-FOTO: HOLGER LODAHL Inas Abdulla hat in Flingern das Café Cakes by Inas eröffnet. Bei ihr gibt es Frühstück, Kaffee, Kuchen, Bowls und Stullen.
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RP-FOTO: HANS-JUERGEN BAUER Im April eröffnete Franziska Symank an der Luegallee das Geschäft Goldverspr­echen.
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RP-FOTO: CLAUDIA HÖTZENDORF­ER Mit der Eröffnung ihres Blumenlade­ns in der Oststraße hat sich Mercedes Sánchez einen Traum erfüllt.

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