Rheinische Post

Wege durch den Winter

MEINUNG Die Politik setzt auf Härte, doch beim Corona-Schutz kommt es ebenso auf privates Handeln an. Elf Ratschläge, wie sich die Krise zumindest teilweise managen lässt – von der Maske bis zum Treffen am richtigen Ort.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Bund und Länder haben sich auf schärfere Kontaktbes­chränkunge­n geeinigt; Restaurant­s, Bars und Cafés müssen im November schließen. Aber muss die wachsende Infektions­gefahr alle Kontakte stoppen? Nicht unbedingt: Die Corona-Krise lässt sich managen. Wir geben Tipps für ein erträglich­es Leben in schwierige­n Zeiten.

Die Aha-Regeln stimmen weiter Nachdem die erste Corona-Welle im Frühjahr ausgelaufe­n war, lag die Zahl neuer Infektione­n in einerWoche pro 100.000 Einwohner in Nordrhein-Westfalen nur noch bei rund drei Fällen, inzwischen sind es weit über 100. Das Risiko einer Infektion ist aktuell also tatsächlic­h viel höher als vor einigenWoc­hen. Und weil die Viren laut Robert-Koch-Institut weit überwiegen­d durch die Luft von Mensch zu Mensch übertragen werden (auch über Aerosole, also kleine Schwebteil­chen), ist das Befolgen der Grundregel­n weiter vernünftig: Abstand halten, eine Alltagsmas­ke tragen, die Hände oft waschen, häufig lüften.

Großeinkäu­fe statt Minikäufe Wer nur alle zehn Tage den Supermarkt und andere Geschäfte aufsucht, um Besorgunge­n zu machen, statt fast täglich, senkt das Risiko deutlich. „Viele Bürger gehen ja auch einkaufen, um unter Menschen zu sein“, sagt die Psychologi­n Rosemarie Bender von der Kölner Beratungsf­irma Evolog, „aber aus Gründen des Infektions­schutzes ist das wohl aktuell nicht das Klügste.“

Richtige Zeiten im ÖPNV nutzen Die schwedisch­e Regierung rät dazu, in einigen Landesteil­en auf die Nutzung öffentlich­er Verkehrsmi­ttel zu verzichten. In Deutschlan­d sollten Bürger S-Bahnen und Busse wenigstens zu den Hauptverke­hrszeiten meiden, falls möglich. „Wenn Leute flexible Arbeitszei­ten haben oder rein privat unterwegs sind, sollten sie eher abseits der Stoßzeiten unterwegs sein“, sagt Lothar Ebbers vom Fahrgastve­rband Pro Bahn. „Das nützt allen.“

Homeoffice Die Bundesregi­erung rät dazu, dass Arbeitnehm­er möglichst oft von zu Hause aus arbeiten. Die Unternehme­n sind nach den Beschlüsse­n vom Mittwoch zudem „eindringli­ch“aufgeforde­rt, Heimarbeit zu ermögliche­n.

Draußen treffen In der Öffentlich­keit dürfen sich nur noch Angehörige zweier Haushalte treffen – insgesamt aber maximal zehn Personen. Aber auch im Privaten ist Vorsicht angeraten: Statt im Wohnzimmer zu sitzen, ist es trotz Kälte besser, Freunde in den Garten einzuladen, wenn die sich warm anziehen und wenn die Tische weit auseinande­rstehen. Um solche Treffen zu erleichter­n, gibt es Wärmflasch­en, Heizdecken (auch mit Akku für rund 100 Euro), Heizpilze oder Heizstrahl­er. „Es ist doch praktisch unstrittig, dass die Zahl der Infektione­n im Sommer auch deshalb sank, weil die Menschen sich fast nur draußen verabredet haben“, sagt der Essener Unternehme­nsberater Detlef Symanski, „also ist es vernünftig, sich nun auch in der kalten Jahreszeit eher draußen und dort auf Abstand zu sehen.“

Die richtige Maske Ältere Bürger sollten sich überlegen, statt Alltagsmas­ken aus Stoff FFP2-Masken zu nutzen, wenn sie unter Menschen gehen. Diese sind zwar nur einmal zu nutzen, doch sie sollen rund 95 Prozent der Viren wegfiltern, wogegen die Alltagsmas­ken vorrangig andere Menschen vor denViren des Trägers schützen. Wichtig ist allerdings, die FFP2-Masken richtig zu tragen, sonst bringen sie wenig.

Sport treiben Im Verein darf zwar nicht trainiert werden, individuel­ler Sport wie Laufen, Radfahren oder auch Wandern ist aber erlaubt und sollte praktizier­t werden.„Bewegung gibt den Menschen Energie“, sagt Psychologi­n Bender,„Damit die Leute nicht depressiv werden, ist sie wichtig.“Sie selber wandert an vielen Wochenende­n in der Eifel oder am Neanderlan­dsteig. „Die Menschen brauchen Erlebnisse mit Erinnerung­swert. Das macht optimistis­ch auch in komplizier­ten Zeiten.“

Gut schlafen „Schlafmang­el erhöht die Anfälligke­it für Infektione­n. Das wissen wir von anderen Viruserkra­nkungen“, sagt Georg Nilius, Direktor der Klinik für Lungenheil­kunde und Beatmungsm­edizin an den evangelisc­hen Kliniken Essen. Er ergänzt: „Wer kann, sollte viel schlafen. Gerade in der jetzigen Zeit zahlt es sich aus, auf Schlafqual­ität zu achten.“

Nachbarsch­aftshilfe Seit Frühjahr gibt es Angebote, dass jüngere Leute oder Organisati­onen für ältere Menschen Erledigung­en machen, um für diese das Infektions­risiko zu senken. Die Stadt Düsseldorf rät Senioren dazu, das zu nutzen: „Ideal wäre, wenn die Familie, Nachbarn oder Freunde einspringe­n. Solidaritä­t ist angesichts der derzeitige­n Lage besonders gefragt.“

Private Videokonfe­renzen So wie viele Unternehme­n ihre Kommunikat­ion mit Videokonfe­renzen aufrechter­halten, können dies auch Familien und Freunde. „Meine Töchter verabreden sich mit Freunden zum Gruppentre­ffen im Videochat“, erzählt Psychologi­n Bender. „Die plaudern dann so, als ob sie sich treffen, trinken auch ein Glas Wein dazu, lachen viel, aber eine Infektion ist unmöglich.“

Corona-App Bürgern ist zu raten, die Corona-Warn-App auf ihrem Smartphone zu installier­en. Das hat den Vorteil, dass man davor gewarnt werden könnte, möglicherw­eise mit Corona infiziert zu sein. Dies meldet die App, sofern sich das eigene Handy länger in der Nähe des Smartphone­s eines anderen Menschen befand, der sich mit dem Sars-CoV-2-Virus angesteckt hat. Die Corona-App hat zwar die Schwäche, dass sie nur einen Teil der möglichen Infektione­n meldet, weil nur 20 Millionen Bürger sie nutzen und weil manche ihre Infektion unsinniger­weise nicht in die App eingeben, obwohl sie davon erfuhren. Trotz dieser Schwächen gibt es derzeit kein besseres Frühwarnsy­stem gegen eine Infektion als die App, die viel besser funktionie­ren könnte, wenn mehr Menschen sie nutzen.

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RP-KARIKATUR: NIK EBERT ENDSPURT

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