Rheinische Post

Letzte Hinrichtun­g in Tyburn

- TEXT: JENI | FOTO: WIKIMEDIA COMMONS

Es gibt in Großbritan­nien eine Redensart: Wer „a ride to Tyburn“, also „eine Fahrt nach Tyburn“unternimmt, der befindet sich auf einem Pfad, der Unglück verheißt. Tyburn war im 12. Jahrhunder­t ein kleines Dorf, kaum mehr als eine Straßenkre­uzung. Heute würde sich der Ort mitten in London, in der City of Westminste­r, befinden. Speakers Corner liegt in der Nähe, der Hyde Park ist nicht weit. Der schlechte Ruf der Ortschaft beruht darauf, dass dort zwischen dem 12. und dem 18. Jahrhunder­t Tausende Menschen ihr Leben verloren haben.Tyburnw ar die Hinrichtun­gsstätte Londons. Delinquent­enwur den au feinem offenen Ochsenkarr­en zur Exekution gebracht. Auf der Fahrt waren sie dem Gespött und den Beschimpfu­ngen der Menschenme­nge ausgesetzt, die sich am Weg versammelt­e. Die erste Hinrichtun­g soll 1196 stattgefun­den haben. Im 16. Jahrhunder­t ließ man einen festen Galgen installier­en. Der so genannte Tyburn Tree bestand aus einer Balken konstrukti­on, die ein Dreieck bildete. Dort konnten mehrere Verurteilt­e gleichzeit­ig hingericht­et werden. Einer der berühmtest­en Gehängten von Tyburn war Oliver Cromwell. Er war zwar 1658 an Malaria verstorben, wurde aber 1661 nach der Restaurati­on exhumiert und„ posthum“hingericht­et. Ab Mitte des 18. Jahrhunder­ts wurde den Anwohnern des berüchtigt­en Galgens die Sache zu bunt. Hinrichtun­gen erinnerten an Volksfeste und zogen meist eine aufgebrach­te Menschenme­nge an. Man forderte, den Exekutions­ort zu verlegen. Am 3. November 1783 kam es zum letzten Einsatz des Tyburn Tree. Der Hingericht­ete hieß John Austin, er soll sich der Straßenräu­berei schuldig gemacht haben. Danach zog der Galgen um. Die nächsten Hinrichtun­gen fanden in Newgate statt.

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