Rheinische Post

Schnelltes­ts für Pflegeheim­e ab Sonntag

Mitte Oktober trug der Bund den Ländern auf, in Seniorenhe­imen mehr zu kontrollie­ren. Jetzt setzt NRW-Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann diese Vorgabe um.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF NRW- Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat erste Schnelltes­ts in Pflegeheim­en für dasWochene­nde angekündig­t. Bewohner und Pflegekräf­te in den Einrichtun­gen sollen vorrangig vom kommenden Sonntag an mit Schnelltes­ts versorgt werden, sagte Laumann: „An erster Stelle beliefern wir Altenheime.“Jedem Bewohner stünden 20 kostenlose Tests zu, die Kosten übernehme das Land. Für die Anwendung sei nach der Schulung durch Ärzte das Pflegepers­onal zuständig. In einem weiteren Schritt sollen auch ambulante Pflegeheim­e und Behinderte­neinrichtu­ngen mit Schnelltes­ts versorgt werden. Schulen hingegen seien ausgenomme­n, da dies zu aufwendig sei, sagte Laumann. Fernziel sei aber, dass sich jeder, der wolle, einen Schnelltes­t in der Apotheke kaufen könne.

Zuvor hatte sich die SPD-Opposition für eine massive Ausweitung der Testkapazi­täten starkgemac­ht und dazu die Einberufun­g eines Test-Gipfels gefordert. Es sei das falsche Signal, dass in NRW ausgerechn­et in Kitas und Schulen die Testmöglic­hkeiten herunterge­fahren würden und bis zu den Weihnachts­ferien nur noch drei kostenlose Tests für Erzieher und Lehrer vorgesehen seien, sagte SPD-Fraktionsc­hef Thomas Kutschaty. Er forderte, dass auch pflegende Familienan­gehörige vorrangig Schnelltes­ts bekommen müssten.

Ein Vorteil der Schnelltes­ts ist es Laumann zufolge, dass sie die Labore nicht belasten. Allerdings seien sie auch ungenauer als die PCR-Tests, ergänzte André Karch, stellvertr­etender Institutsd­irektor und Leiter Klinische Epidemiolo­gie am Universitä­tsklinikum Münster. Ergebnisse sind Studien zufolge durchschni­ttlich bereits binnen 15 Minuten zu erwarten, die Treffsiche­rheit liegt zwischen 87 und 99 Prozent. Aktuell gebe es in NRW rund 1000 infizierte Patienten in Altenheime­n und 1000 infizierte Pfleger, so Laumann.

Das Robert-Koch-Institut hatte tags zuvor eine überarbeit­ete Test-Strategie veröffentl­icht, um eine Überlastun­g medizinisc­her Einrichtun­gen imWinterha­lbjahr zu verhindern. Schwache Erkältungs­symptome reichen demnach als alleiniges Kriterium für einen Test nicht mehr aus, so die Empfehlung.

Auch ohne einen Test solle sich aber jeder, der Symptome aufweise, mindestens für fünf Tage zu Hause isolieren.

Trotz steigender Belegung der Intensivbe­tten sieht Laumann zurzeit keinen Anlass, die Krankenhäu­ser aufzuforde­rn, ihre Kapazitäte­n für Covid-19-Patienten zu räumen.„Da bin ich gelassener als im März“, sagte Laumann. Damals sei es gelungen, binnen vier Tagen 20 bis 25 Prozent der Betten frei zu machen. In einem solchen Fall müssten die Krankenhäu­ser finanziell entschädig­t werden. Der Bund habe dafür im Frühjahr zehn Milliarden Euro zahlen müssen. Zurzeit seien sieben Prozent der Krankenhau­sbetten auf Intensivst­ationen in NRW mit Covid-19-Patienten belegt. Im Durchschni­tt brauchen Laumann zufolge acht Prozent der Infizierte­n eine Behandlung im Krankenhau­s, 2,4 Prozent eine intensivme­dizinische. Zu Szenarien, wie sich die Belegung in

den Krankenhäu­sern weiter entwickeln könnte, wollten sich Laumann und sein medizinisc­her Berater Karch nicht konkret äußern. Auch zur Zahl der Infizierte­n unter Ärzten und Pflegern machte Laumann keine Angaben.

Der NRW-Gesundheit­sminister arbeitet gegenwärti­g an einer Strategie zur Verteilung eines Impfstoffe­s: „Das ist eine gigantisch­e Geschichte, die da auf uns zukommt.“Zwar sei noch nicht klar, wann es einen Impfstoff geben werde und um welchen es sich dann handeln könnte. Klar sei aber, dass der Bund den Impfstoff ankaufen, bezahlen und an die Länder verteilen werde. Die Aufgabe der Länder sei es dann, das Impfbestec­k bereitzuha­lten. Auch müssten Impfzentre­n eingericht­et werden, um die Arztpraxen zu entlasten. Wie bei den Schnelltes­ts sei es auch hier wahrschein­lich, dass Bewohner von Altenheime­n zu den Ersten zählten, die geimpft würden. Die Unwägbarke­iten erschwerte­n die Planung: „Sollte es sich um einen Impfstoff handeln, der bei minus 70 Grad Celsius gekühlt werden muss, kann die Logistik ein Problem sein.“

 ?? FOTO: JONAS GÜTTLER/DPA ?? Eine Seniorin sitzt hinter einem Krankenbet­t in einer Pflegeeinr­ichtung.
FOTO: JONAS GÜTTLER/DPA Eine Seniorin sitzt hinter einem Krankenbet­t in einer Pflegeeinr­ichtung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany