Verdi klagt gegen Sonntagsöffnung
Die Gewerkschaft will den Passus in der Corona-Schutzverordnung kippen.
DÜSSELDORF (maxi) Verdi will die von der Landesregierung zugelassenen weiteren verkaufsoffenen Tage im Advent und am 3. Januar kippen. Wie die Gewerkschaft am Donnerstag mitteilte, hat sie gegen den entsprechenden Passus in der Corona-Schutzverordnung Klage vor dem Oberverwaltungsgericht NRW in Münster eingereicht. „Sonntagsöffnungen führen nicht zu einer Entzerrung von Kundenströmen, sondern zu einer Konzentration auf das Wochenende“, sagte die Verdi-Vorsitzende von Nordrhein-Westfalen, Gabriele Schmidt, zur Begründung.
Verdi hatte bereits mehrfach in Städten verkaufsoffene Sonntage gerichtlich verbieten lassen. Während Vertreter der evangelischen Kirchen in NRW erklärten, zwei offene Adventssonntage hätten gereicht, sagte Antonius Hamers, Chef des Katholischen Büros in NRW, mit Blick auf die Ausnahme-Öffnungen in der Adventszeit: „Wir halten das für tolerabel, weil es hier nicht um bloßes Gewinnstreben geht, sondern um wirtschaftliche Existenzen und Arbeitsplätze.“
Ein Sprecher von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte unserer Redaktion, die Landesregierung stehe zu der Regelung zu zusätzlichen Verkaufszeiten an den Adventssonntagen in der Corona-Schutzverordnung, erwarte von den Arbeitgebern aber, bei der Umsetzung die Belange der Beschäftigten angemessen zu berücksichtigen. „Infektiologisch sind in den kommenden Wochen Kundenströme, wie sie aus den vergangenen Jahren an den Adventssamstagen zu erwarten sind, unbedingt zu vermeiden“, so der Sprecher. Es gebe eine klare Festlegung, den Einzelhandel auch unter Corona-Bedingungen nachhaltig zu sichern und nicht etwa durch Komplettschließungen an den erwartbar kundenstarken Tagen in einigen Bereichen in der Existenz zu gefährden. „Die Landesregierung geht angesichts des Fehlens weiterer Attraktionen auch nicht davon aus, dass die zusätzlichen Öffnungszeiten zu erheblichen zusätzlichen ,Kundenmagneten' werden, sondern von den Kunden zu einer verantwortungsvollen Verteilung der Weihnachtsgeschäfte genutzt werden.“
Der Streit über die Sonntagsöffnungen schwelt schon lange zwischen der Landesregierung, Kommunen und dem Handel auf der einen sowie der Gewerkschaft Verdi auf der anderen Seite. Immer wieder ist die Gewerkschaft gegen verkaufsoffene Sonntage vorgegangen – häufig erfolgreich. Wenn die Landesregierung Händlern nun angesichts der Corona-Pandemie erlauben will, bis zum ersten Januar-Wochenende insgesamt fünfmal an Sonntagen zu öffnen, dann gibt es dafür viele nachvollziehbare Argumente: Potenzielle Besucherströme am Wochenende könnten auf zwei Tage statt auf einen am Wochenende verteilt werden. Die wirtschaftlich hart von der Pandemie betroffenen Händler bekämen mehr Möglichkeiten, im wichtigenWeihnachtsgeschäft Geld zu verdienen – um so das Überleben zu sichern oder sich zumindest gegen den sieben Tage die Woche und 24 Stunden amTag verfügbaren Online-Handel zu wehren.Viele Kunden dürften in der Pandemie sowieso versucht sein, so viel wie möglich online zu kaufen.
Diesen Streit nun vor Gericht auszutragen, wirkt in der aktuellen Situation, wo allerorten Solidarität gefordert wird, fragwürdig. Letztlich ist dieser Schritt der Gewerkschaft aber natürlich legitim, um Entscheidungen der Politik überprüfen zu lassen – zumal die Verordnung in wesentlichen Punkten von der Gesetzeslage abweicht. Umgekehrt muss man sich auch fragen, ob es keine andere Lösung gegeben hätte. Zum Beispiel könnte man, wenn es wirklich darum geht, Mehrarbeit zu vermeiden, einen festen Tag vereinbaren, an dem die Geschäfte unter derWoche als Ausgleich schließen.
Umgekehrt müssen sich auch die Kunden fragen, ob sie den Sonntag wirklich brauchen. Im Homeoffice lässt sich manche Arbeit flexibler einteilen – den kurzen Einkauf in der Stadt an einem Werktag macht das deutlich leichter.