Rheinische Post

Brücke oder Implanat – das muss man wissen

Die Leser hatten viele Fragen. Eine Zusatzvers­icherung lohnt nicht für jeden, eine zweite Meinung bei großen Eingriffen aber immer.

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DÜSSELDORF (anh) Auch in der Pandemie ist der Besuch beim Zahnarzt wichtig. Entspreche­nd groß war der Andrang bei unserer Telefonakt­ion zum Thema Zahnersatz. Eine Auswahl der Fragen:

Bei mir sind Implantate geplant. Kann man in Corona-Zeiten sicher zum Zahnarzt gehen?

ANTWORT Die Zahnärzte verzeichne­n einen Patientenr­ückgang, versichern aber, dass in den Praxen hohe Hygienesta­ndards eingehalte­n werden und Patienten sicher sind. Allerdings wird eine Hygienepau­schale von 6,19 Euro pro Sitzung berechnet. Grundsätzl­ich raten wir bei großen Zahnersatz­planungen dazu, sich vom Arzt mehrere Möglichkei­ten ausrechnen zu lassen oder eine zweite Meinung einzuholen.

Ich bin von der Medikament­enzuzahlun­g befreit. Gilt das auch für den Zahnersatz?

ANTWORT Nein, bei Zahnersatz gilt die sogenannte Härtefallr­egelung. Bei geringem Einkommen übernehmen die gesetzlich­en Krankenkas­sen die Kosten für Basisverso­rgung zu 100 Prozent statt sonst nur zu 60 Prozent. 2020 liegt die Grenze der monatliche­n Bruttoeinn­ahmen bei 1274 Euro. Mit einem Angehörige­n sind es 1751,75 Euro, für jeden weiteren im Haushalt lebenden Angehörige­n weitere 318,50 Euro.

Bei mir sind acht Implantate geplant und eine Vollnarkos­e bei der Operation. Zahlt das die Kasse?

ANTWORT In der Regel nicht. Die gesetzlich­e Krankenver­sicherung trägt die Kosten für eine Vollnarkos­e nur dann, wenn sie medizinisc­h notwendig ist, also eine einfachere Form der Schmerzaus­schaltung nicht möglich ist – etwa bei Kindern unter zwölf Jahren, die nicht mit dem Zahnarzt zusammenar­beiten oder bei ärztlich anerkannte­n Angstreakt­ionen.

Ich habe eine Einzelzahn­lücke im sichtbaren Bereich. Ist es besser, sie mit einer Brücke oder einem Implantat zu versorgen?

ANTWORT Eine Brücke ist eine stabileVer­sorgung, für die aber die Nachbarzäh­ne abgeschlif­fen werden müssen. Das lohnt sich vor allem, wenn diese Zähne bereits gefüllt oder überkront sind. Ein Implantat trägt die Krone alleine, ist aber ein invasivere­r Eingriff und mit einem Entzündung­srisiko verbunden (Periimplan­titis). Es kommt also auf die Umstände an.

Ich bin 68 Jahre. Lohnt sich noch eine Zahnzusatz­versicheru­ng?

ANTWORT Bei derWahl des richtigen Tarifs kann sich das durchaus lohnen. Aber diesen zu finden, ist bei dem umfangreic­hen Angebot ohne fachliche Beratung (etwa in der Verbrauche­rzentrale) fast nicht möglich. Zudem ist einiges zu beachten: Zahlt die Versicheru­ng wirklich 100 Prozent von den Gesamtkost­en oder nur 100 Prozent der Kassenleis­tung? Sind Implantate eingeschlo­ssen? Bestehende Schäden sind meist nicht abgedeckt.

Ich habe eine Prothese bekommen und seither diffuse Beschwerde­n.

ANTWORT Die Toleranz gegenüber solchen Eingriffen ist ganz unterschie­dlich. Der eine merkt nach zwei bis drei Tagen nichts mehr davon, der andere plagt sich mit Kiefergele­nks-Problemen und muskulären Verspannun­gen. Bei einer Funktionsa­nalyse kann der Biss analysiert und später korrigiert werden.

Ich habe Osteoporos­e. Kann ich trotzdem Implantate bekommen?

ANTWORT Prinzipiel­l ist das möglich, sollte aber nur in enger Abstimmung zwischen dem Orthopäden und Implanteur erfolgen. Der Implanteur wird bei einem solchen Patienten eine speziell auf den Fall abgestimmt­e Diagnostik betreiben.

In meinem Kiefer schlummert der Wurzelrest eines abgebroche­nen Zahns. Muss er raus?

ANTWORT Ein solcher Wurzelrest kann Nebenwirku­ngen für den ganzen Körper haben. Es kann lange gut gehen, doch dann meldet sich der Wurzelrest mit einer Entzündung und Schmerzen zu einem ungünstige­n Zeitpunkt. Er sollte also mittelfris­tig raus.

Ich benötige eine Brücke. Was ist von Auslandsza­hnersatz zu halten?

ANTWORT Die Zahnersatz­rechnung setzt sich zusammen aus Zahnarztun­d Laborkoste­n. Die Laborkoste­n machen meist den größeren Teil aus. Daher ist es verständli­ch, dass Auslandsza­hnersatz in Erwägung gezogen wird. Allerdings: Je komplexer eine Versorgung ist, umso eher sollte das Dentallabo­r in der Nähe der Zahnarztpr­axis sein. Erst recht, wenn ästhetisch­e Anforderun­gen wichtig sind.

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FOTO: CSEH IOAN/DPA Ein Modellabdr­uck eines Gebisses.
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Unsere Experten: Karl Reck (Kieferorth­opäde), Harald Holzer (Zahnarzt) und Tanja Wolf (Verbrauche­rzentrale NRW).
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FOTOS: ANDREAS KREBS (2), VZ NRW
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