Rheinische Post

Dänemark lässt alle Nerze notschlach­ten

Die Tiere übertragen das Coronaviru­s. Für das Land geht es auch um einen wichtigen Wirtschaft­szweig.

- VON JENS MATTERN

KOPENHAGEN Rund 17 Millionen Nerze werden bald in Dänemark ihr Leben lassen. Die Bewohner der Region Nordjütlan­d dürfen ihre Gemeinden nicht mehr verlassen – Schuld daran ist „Cluster 5“. So nennt sich eine Mutation von SarsCoV-2. Es ist das erste Mal, dass solch ein mutiertes Coronaviru­s nachweisli­ch vom Tier auf den Menschen übertragen wurde, nachdem der Erreger zuvor vom Menschen auf das Tier übergespru­ngen war. In Nordjütlan­d sind bereits zwölf Menschen durch Nerze der dortigen Farmen angesteckt worden.

Laut dem staatliche­n Institut für Serenkunde werden die derzeit entwickelt­en Impfstoffe bei dieser Mutation nicht wirken. Dies könne „schwere negative Konsequenz­en für die ganze Welt haben“, so Regierungs­chefin Mette Frederikse­n.

Dänische Medien sprechen bereits vom „neuen Wuhan“.

Dänemark ist der größte Hersteller von Fellen des Amerikanis­chen Nerzes, auch Mink genannt. Bereits in 207 Farmen soll sich das Virus ausgebreit­et haben, eine Million Marder sollen schon infiziert sein. Bislang haben die Behörden nur einen Teil der Tiere getötet. Nun soll mit einer groß angelegten Aktion von Militär, Polizei und anderen Notfalldie­nsten das Töten der gesamten Nerze umgesetzt werden. Um das Töten zu beschleuni­gen, erhalten die Züchter einen Bonus, wenn sie innerhalb von zehn Tagen ihren Bestand liquidiere­n. Die Tötung und die Entschädig­ungszahlun­gen belasten den Staat mit umgerechne­t 670 Millionen Euro.

Für die Bewohner der Region Nordjütlan­d gibt es weitgehend­e Konsequenz­en. „Schließen Sie die Gemeindegr­enze und sorgen Sie dafür, dass auch die lokalen Restaurant­s schließen“, heißt die Direktive des Gesundheit­samts an die Bürgermeis­ter. Zunächst sollen die Bewohner ihre Kommunen für vierWochen nicht verlassen.

Warum die Rückübertr­agung vom Tier so gefährlich ist, sagte Jan Pravsgaard Christense­n, Professor für Infektions­immunologi­e an der Universitä­t Kopenhagen, gegenüber dem öffentlich-rechtliche­n TV-Sender DR: „Auf der Oberseite des Coronaviru­s befinden sich einige Stäbchen. Wenn Sie sich vorstellen, dass das Stäbchen einem Schlüssel gleichkomm­t, so ist es auch der Schlüssel, mit dem wir Menschen impfen.“Mit dem Impfstoff würden die Virologen das Schloss entwickeln, das zum Schlüssel passt. Wenn ein ganz anderes Virus entstanden sei, passten Schlüssel und Schloss nicht mehr zusammen.

„Das schlimmste Szenario wäre, dass wir eine neue Pandemie bekommen, die in Dänemark ihren Anfang genommen hat“, so Kåre Mølbak, Direktor des staatliche­n Instituts für Serenkunde. Nach Angaben des Gesundheit­sministers Magnus Heunicke ist die Virusvaria­nte bislang nur bei Bewohnern aus Nordjütlan­d aufgetrete­n. Man untersuche nun die Infektions­ketten, um zu schauen, ob sich der neuartige Erreger nicht auch in anderen Teilen Dänemarks ausgebreit­et habe.

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FOTO: IMAGO IMAGES Ist der Nerz die neue Virenschle­uder in Dänemark?

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