„Lkw-Verkehr wird weiter zunehmen“
In Düsseldorf hat es in drei Monaten drei tödliche Unfälle mit Lkw-Beteiligung gegeben. Verkehrsexperte Gundolf de Riese-Meyer von der Polizei nimmt die Fahrer in Schutz, denn die Unfallursachen seien vielfältig.
DÜSSELDORF 27. Juli, 20. Oktober, 27. Oktober: An diesen Tagen gab es im Stadtgebiet innerhalb von drei Monaten drei schwere Verkehrsunfälle, an denen Lkws beteiligt waren und jeweils ein Mensch starb. Waren die drei Unglücke Zufall oder ist es absehbar, dass der Lkw-Verkehr zu einer dauerhaften Gefahr auf den Straßen wird? Eine Einordnung:
Die Unfälle Beim letzten Unfall in der vergangenen Woche hatte sich eine 83 Jahre alte Radfahrerin bei einem Zusammenstoß mit einem Lkw in Derendorf schwer verletzt, zwei Tage später erlag sie ihren Verletzungen. Die Frau hatte eine Straße entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung überquert. Zuvor starb in Oberbilk ein 53-Jähriger Ende Juli an der Unfallstelle, nachdem er auf seinem Fahrrad von einem abbiegenden Lkw erfasst worden war. Mitte Oktober erlag ein 62 Jahre alter Fußgänger ebenfalls an der Unfallstelle seinen Verletzungen. Ein Sattelkipper hatte ihn beim Abbiegen mit den Hinterachsen überrollt. Der schwerstverletzte Mann wurde einige Meter mitgeschleift, ehe er starb.
Die Maßnahmen Aus Sicht des Verkehrsamtes kommt es am häufigsten zu Zusammenstößen zwischen Lkws und Radfahrern sowie Fußgängern, wenn die Lkws rechts abbiegen wollen. Aus diesem Grund wurde in der jüngsten Novellierung der Straßenverkehrsordnung die erlaubte Geschwindigkeit für Laster beim Abbiegen bereits auf Schrittgeschwindigkeit heruntergesetzt. Geänderte Verkehrsführungen, die Verbesserung der Sicht zwischen Lkw-Fahrer und den anderen Verkehrsteilnehmern zum Beispiel mithilfe von Spiegeln und die Anpassung von Ampelsteuerungen sind laut Stadt Möglichkeiten, die die Sicherheit ebenfalls erhöhen. Bei der Planung von neuen und bei der Überprüfung von bestehenden Kreuzungen werden diese Parameter berücksichtigt und gegebenenfalls nachgesteuert. Eine Unfallkommission wird sich auch aus aktuellem Anlass kurzfristig mit den jüngsten Unfällen beschäftigen, doch verhindern werden die Maßnahmen alle Unfälle nicht. Denn nur ganz selten gibt es eine Ursache für einen Unfall, sagt Verkehrsexperte Gundolf de Riese-Meyer, Leiter des Verkehrskommissariats 1 der Düsseldorfer Polizei.
Problem Mensch De Riese-Meyer stellt klar: „90 Prozent der Lkw-Fahrer machen einen guten Job.“Dass Vorschriften wie die Einhaltung der Ruhephasen missachtet werden oder sich die Fahrzeuge in einem schlechten Zustand befinden, seien Ausnahmen. De Riese-Meyer nimmt die Fahrer in Schutz und fordert für sie Rücksicht. Die Fahrerkabine sei meist nicht nur ihr Arbeitsplatz, sondern auch Schlafplatz und Wohnraum zugleich. Die Eintönigkeit, alleine unterwegs zu sein, und der Stress, pünktlich abzuliefern, seien keine Ausreden für Unachtsamkeiten, aber Ursachen für Unfälle.
Problem Lieferverkehr Es sind nicht nur viele Lkws unterwegs,
KOLUMNE DIE WOCHE IM RATHAUS weil Deutschland eine Export-Nation ist oder weil viel gebaut wird. Das veränderte Kaufverhalten der Menschen hin zum Internetshopping trägt seinen Teil dazu bei, dass der Lieferverkehr weiter zunimmt.
Problem Verkehrsteilnehmer Für Lkw-Fahrer wird es nicht leichter, im Straßenverkehr den Überblick zu behalten, wenn neue Verkehrsteilnehmer wie zum Beispiel E-Scooter-Fahrer dazukommen. Außerdem sind mehr Radfahrer unterwegs, die auch nicht immer auf der richtigen Straßenseite fahren. „Eine Fahrerkabine ist mit bis zu acht Spiegeln gut ausgestattet, aber der Fahrer muss sie auch alle im Blick haben und immer damit rechnen, dass nicht nur im toten Winkel etwas passieren kann“, sagt de Riese-Meyer.
Die Zukunft De Riese-Meyer geht davon aus, dass in den nächsten 20 Jahren der Lkw-Anteil auf den Straßen um etwa 40 Prozent steigen wird (siehe Problem Lieferverkehr). Er hofft, dass die Technik dann weiterentwickelter ist als heute und die Zahl der Unfälle – womöglich mit einem autonomen Fahren – minimiert werden kann. Ein Abbiegeassistent, der oft gefordert wird, habe Vor- und Nachteile: „Jeder Schritt hilft, aber die Technik muss auch beherrscht werden. Es gibt für den Menschen Grenzen, wenn es überall nur noch piept. Außerdem darf sich der Fahrer auch nicht nur auf die Technik verlassen, denn dann könnte er unkonzentriert werden.“