Rheinische Post

Bank droht Kunden mit Kündigung

Das Institut geht gegen Inhaber von Konten vor, die höhere Beträge aufweisen. Wer sich nach der Ankündigun­g von Negativzin­sen bislang nicht mit der Stadtspark­asse einigen konnte, bekam nun erneut Post.

- VON ALEXANDER ESCH

Die Stadtspark­asse geht energisch gegen Kunden mit hohen Guthaben vor und droht ihnen mit Kündigunge­n von Tagesgeld- oder Girokonten.

DÜSSELDORF Die Stadtspark­asse geht energisch gegen Kunden mit hohen Guthaben vor und droht ihnen sogar mit Kündigunge­n von Tagesgeld- oder Girokonten. Im Juli war zunächst Klienten mit Guthaben von mehr als 100.000 Euro per Brief angekündig­t worden, dass künftig ein Minuszins von 0,5 Prozent fällig werden würde, sollte man sich nicht auf eine Anlagealte­rnative einigen. Nun legt die Bank bei all den Kunden nach, für die noch keine Lösung gefunden wurde. In einem Mitte Oktober verschickt­en Schreiben bittet die Bank nochmals um ein Gespräch bis 11. Dezember. Weiter heißt es: „Nach Ablauf der vorgenannt­en Frist werden wir das oben genannte Konto ordentlich kündigen.“Es folgen Worte des Bedauerns, wenn die Konten künftig nicht mehr bei der Stadtspark­asse geführt würden.

Dieses Schreiben erreichte auch eine 90-Jährige Düsseldorf­erin, deren Name der Redaktion bekannt ist. Ihr Sohn zeigt sich im Gespräch mit unserer Redaktion fassungslo­s über dieses Vorgehen. „Will man da einen jahrzehnte­langen Kunden rausschmei­ßen? Anscheinen­d. Es ist absolut unfair, wenn auch in einem oberflächl­ich freundlich-korrekten Stil verfasst, so an ältere Menschen heranzutre­ten und diese zu verunsiche­rn.“Der Sohn der Kundin fragt sich zudem, wie dieses Verhalten mit dem öffentlich­en Auftrag der Sparkassen in Einklang zu bringen ist. Und wie eine solche

Kündigung überhaupt zu begründen sei. Die in einem Beratungsg­espräch vorgeschla­genen Alternativ­en seien für seine Mutter mit einem niedrigen sechsstell­igen Betrag auf dem Girokonto jedenfalls nicht in Frage gekommen. „Was soll eine so alte Frau mit Aktien?“Eine erneute Kontaktauf­nahme mit der Bank sei aktuell bei einer Sachbearbe­iterin geendet, die die zuständige Kollegin informiere­n wolle.

Die Stadtspark­asse selbst erklärt auf Nachfrage unserer Redaktion, im Sommer insgesamt 1800 Personen angeschrie­ben zu haben. Mit 1000 von ihnen sei bereits eine Einigung erzielt worden, berichtet Sprecher Gerd Meyer. Das zweite Schreiben sei erfolgt, da sich viele Kunden nicht zurückgeme­ldet hätten. Wer weiterhin keinen Kontakt aufnehme, könne dann auch gekündigt werden. „Das ist aber nicht das Ziel, sondern wir streben eine einvernehm­liche Lösung an“, sagt Meyer. 40 Prozent der erneut angeschrie­benen Kunden hätten sich inzwischen zurückgeme­ldet, man habe sich entweder einigen können oder die Gespräche liefen noch. Zum Teil seien auch Negativzin­sen vereinbart worden. Sie könnten allerdings nicht einfach in die bestehende­n Konto-Verträge aufgenomme­n werden.

Nötig seien die Negativzin­sen, da Kunden mit relativ hohenVermö­gen die Stadtspark­asse finanziell sehr belasten würden. Grund: Banken müssen einen Strafzins von -0,5 Prozent zahlen, wenn sie überschüss­iges Geld bei der Europäisch­en

Zentralban­k parken. Meyer erklärt zudem, welche Anlage-Alternativ­en Kunden geboten würden: Dabei ginge es längst nicht nur um Aktien. Man vermittele Kunden sogar an andere Dienstleis­ter und Banken, die zurzeit sogar einen geringen, positiven Zinssatz bieten würden.

DieVerbrau­cherzentra­le sieht das Vorgehen der Stadtspark­asse kritisch. Aufgrund ihres Versorgung­sauftrags brauche sie im Gegensatz zu anderen Banken einen besonderen Grund, um Konten kündigen zu können, sagt David Riechmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmar­ktrecht bei der Verbrauche­rzentrale. Sollte also eine Kündigung vonseiten der Stadtspark­asse erfolgen, könne es sich lohnen, dagegen zu klagen. Ob ausbleiben­de Antworten auf die verschickt­en Briefe als Kündigungs­grund gelten dürfen, sei fraglich. „Ich sehe da die rechtliche Verpflicht­ung nicht.“

Zudem schätzt Riechmann die negativen Zinsen selbst als rechtlich hinterfrag­bar ein. „Gerade bei Girokonten zahlen die Nutzer schon eine Gebühr, mit den Negativzin­sen kommt faktisch eine zweite hinzu. Das heißt: zwei Gebühren für die gleiche Leistung.“

Nicht zuletzt fragt sich Anwalt Riechmann, ob der von der Stadtspark­asse im Brief angeschlag­ene Tonfall dazu beiträgt, Kunden im Haus zu halten. Bei einem Wechsel zu einer anderen Bank gelte es jedoch, sich imVorhinei­n gut zu informiere­n. Bei derVerbrau­cherzentra­le sei das an neutraler Stelle möglich, so Riechmann.

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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Banken wie die Stadtspark­asse müssen Strafzinse­n bezahlen, wenn sie überschüss­iges Geld bei der EU-Zentralban­k parken.

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