Der Trost von Freunden
Um in der Krise Trauer zu bewältigen, braucht es Nähe mit Abstand.
Ein erprobtes Mittel rheinischer Trauerbewältigung fällt diesen November aus. Der gemeinsame Beerdigungskaffee mit dem „Prost, auf den lieben Verstorbenen“ist im Lockdown untersagt. Und manch einer wird sagen: „Gut so.“Was schließlich hat das gemeinschaftliche Anstoßen mit Anteilnahme zu tun? Wie kann das schlimmstenfalls drohende Trinkgelage der Trauerbewältigung dienen? Der ländliche Brauch, sich nach Kirche und Friedhof im Wirtshaus zu versammeln, hatte ursprünglich einen praktischen Zweck: Die Trauernden, oft von außerhalb angereist, sollten sich stärken können. Wichtiger als das gemeinschaftliche Essen und Trinken scheint aber die Stärkung im Miteinander. Mit seiner Trauer nicht allein sein, seine Erinnerungen teilen, Zuspruch erfahren. Dieses Bekenntnis zum Leben entfällt in diesen Wochen auch, weil am offenen Grab die Zahl der Trauergäste begrenzt ist. Die strengen Abstandsregeln verbieten, was leidende Angehörige dringend brauchen: eine stützende Hand, eine tröstende Umarmung, körperliche Nähe. Hinzu kommt, dass leider Gottes unsere Gesellschaft auch ohne die Beschränkungen der Corona-Pandemie auf Distanz geht. Die Nöte anderer werden allzu gerne ausgeblendet. Gleichzeitig fällt es selbst den Warmherzigsten schwer, ihrem Mitgefühl in geeigneter Form Ausdruck zu verleihen. Gerade jetzt: Die durch Körperkontakt spürbare Anteilnahme ist kaum zu ersetzen. Oder doch? Manchmal braucht es vor allem den ehrlichen Zuhörer, der Verständnis signalisiert und sich Zeit nimmt. Dann ist Nähe selbst aus der Entfernung möglich, kann ein aufmunterndes Telefonat zumindest etwas Trost spenden. Und anders als das kurze Miteinander am Tag der Beerdigung ist diese Form wahren Mitgefühls auf Fortsetzung angelegt. Denn Trauer endet nun mal nicht mit der Beisetzung. Warum also nicht regelmäßig Kontakt aufnehmen und nach rheinischer Art fragen: Wie isset?