Der Hoppeditz schlief hinter Acrylglas
Am 11.11. um 11.11 Uhr startete traditionell die närrische Session. Als der Hoppeditz, die Kult-Figur des Düsseldorfer Karnevals, dieses Mal erwachte, spielte sich der Großteil des Spektakels im Internet ab.
DÜSSELDORF Groß war die Aufregung bei Hoppeditz Tom Bauer, der dieses Mal nicht aus dem Senftöpfchen krabbelte, um die närrische Session zu starten, sondern ab 11 Uhr zunächst in einem Film gezeigt wurde. Coronakonform schlummerte er hinter Acrylglasscheiben, der Präsident des Comitees Düsseldorfer Carneval (CC), Michael Laumen, erweckte ihn aus seinem langen Schlaf und lotste ihn von einem Raum im Rathaus in den Ratssaal. Dort wartete schon der neue Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) auf den Schelm. Dann startete der Hoppeditz seine gut 20 Seiten lange Rede in Reimform. Platz genommen hatte er am Rednerpult und saß mit seinem verletzten Fuß auf einem Hocker. Punkt 11.11 Uhr ging es los mit dem Live-Stream.
Per Zoom hatten sich gut 80 größtenteils verkleidete Karnevalisten dazugeschaltet, Tom Bauer hatte einen Monitor vor sich stehen und erkannte während seiner Rede auch einige Narren wieder. In der Videokonferenz herrschte gute Stimmung. Einige stießen vor ihren Kameras auch miteinander an und kamen untereinander ins Gespräch. Mit dabei auch Kerstin Jäckel-Engstfeld, die wieder Stadtsprecherin – diesmal unter Keller – werden wird. Auch auf der Videoplattform Youtube wurde die gut 25 Minuten lange Rede sowie die traditionelle Gegenrede des Oberbürgermeisters übertragen. Mehr als 2000 Karnevalisten schauten zu und gaben größtenteils wohlwollende und aufmunternde Kommentare ab. Grüße schickten über die Kommentarfunktion Narren aus Angermund, Oberbilk, Oberkassel, Stockum, Pempelfort, Vennhausen, Benrath, Niederländer und„zwei Clowns aus Essen“. Bands wie Alt Schuss, Kokolores und die Rheinfanfaren herzten Tom Bauer sozusagen auf digitalem Wege. Ein „Kölle Alaaf“schlich sich auch unter die Kommentare. Die Retourkutsche gab es vom Hoppeditz in seiner von Jürgen Hilger geschriebenen Rede: „In dieser Stadt der Toleranz, zeigen wir: Wer will, der kann's. Die einen ziehen sich zurück, doch meckern nicht, wenn hier zum Glück die anderen Enthusiasmus spür'n und beweisen so den Nörglern stets, dass Karneval auch anders geht.“Auch von Stephan Keller gab es einen Seitenhieb in Richtung Köln, wohin er sich zeitweise als Stadtdirektor verabschiedet hatte: „Tatsächlich war es für die Kölner jahrelang ein Graus, dass ich dort Stadtdirektor war, doch niemals ganz zu Haus.“
Die Anspannung war Tom Bauer nach seinem Auftritt anzumerken. „Es war alles vollkommen anders als sonst. Und dann ist mir noch eine Kontaktlinse heute Morgen kaputtgegangen. Ich musste mir eine von meiner Liebsten ausleihen und war erstaunt, wie gut ich damit gucken kann“, erzählte er später beim Fototermin vor dem Rathaus. Eine FlascheWein zu Hause wollte sich Bauer dann erst einmal aufmachen und seinen Fuß hochlegen. CC-Präsident Michael Laumen sagte erleichtert: „Ich bin froh, dass das mit der Technik geklappt hat, das Hoppeditz-Erwachen haben wir erst einmal gut hinter uns gebracht.“Seit sechs Jahren ist Laumen CC-Präsident und betritt in dieser Session viel Neuland: „Der organisierte Karneval existiert seit 120 Jahren, aber so eine Situation haben wir auch noch nie erlebt, das haben wir heute Morgen noch in unserer CC-Whatsapp-Gruppe diskutiert.“Schon als Kind sei er Karnevalist gewesen, sagte Keller.„Ich komme ja aus Aachen. Da gehört das dazu, ich verkleide mich auch gerne.“Fast menschenleer war es in den Straßen Düsseldorfs und vor dem Rathaus sowieso. Die Karnevalisten hatten ja auch darum gebeten, dass alle in Zeiten der Corona-Pandemie zu Hause bleiben. Auch die Polizei konnte nichts Bedeutsames berichten im Zusammenhang mit dem Hoppeditz-Erwachen. „Es war total ruhig“, bilanzierte ein Sprecher.