Rheinische Post

Die Kühlung ist das größte Problem

Bund und Länder bauen die Infrastruk­tur für Massenimpf­ungen auf.

- VON GREGOR MAYNTZ

Nach dem Durchbruch der Firma Biontech laufen die Vorbereitu­ngen für die Corona-Schutzimpf­ungen auf vollen Touren. Bis zum Wochenende sollen die Bundesländ­er dem Gesundheit­sminister anzeigen, an welchen 60 Orten die Impfdosen entgegenge­nommen werden sollen. Bis zum Jahresende wollen die Behörden die Infrastruk­tur aufgestell­t haben und auch klären, wo Impfzentre­n entstehen.

Auch die Bundeswehr prüft auf Bitten des Gesundheit­sministeri­ums, ob sie im Zuge der Amtshilfe Platz für das Lagern von BNT162b2 hat, wie der Impfstoff derzeit abgekürzt wird. Denn es geht um 60 bis 70 Prozent der Bevölkerun­g, die von der Infektion genesen oder gegen sie geimpft sein müssen, um das Virus im Alltag zu überwinden. Das sind 50 bis 58 Millionen Menschen, die im Abstand von mehreren Wochen zwei Impfdosen bekommen müssen. Es geht also um eine dreistelli­ge Millionenz­ahl von Impfungen. Biontech und sein amerikanis­cher Partner Pfizer rechnen damit, in diesem Jahr die ersten 50 Millionen und im nächsten weitere 1,3 Milliarden Dosen ausliefern zu können.

Allerdings gibt es ein Problem, das nicht so profan zu lösen ist:Wo kommen so schnell so viele Super-Kühlgeräte her? Zwar hat Deutschlan­d eine große Erfahrung mit Kühlketten. Allein die Firma Bofrost im niederrhei­nischen Straelen lässt aus ihren 115 Niederlass­ungen mit 2789 Kühlfahrze­uge ihre 2,2 Millionen Kunden mit tiefgekühl­ter Ware versorgen. Allerdings kühlen die Spezialtra­nsporte die Ware auf minus 18 Grad runter, und die Produkte werden bei minus 24 Grad gelagert. Das ist viel zu warm für den Corona-Killer: Die Impfstoffe brauchen mindestens minus 60 Grad, die Behörden planen sicherheit­shalber mit minus 80 Grad.

In der Industrie sind die Spezialher­steller dünn gesät. Manche werben damit, ganz besonders leistungsf­ähige Kühlcontai­ner ausleihen zu können, die „zur Erzeugung extrem tiefer Temperatur­en bis minus 45 Grad“geeignet seien. Auch die scheiden also aus. Also werden Spezialcon­tainer-Lösungen gebraucht, wie sie jetzt schon für den Laborbedar­f verfügbar sind. Doch die kosten. Die Rede ist vom Gegenwert eines Autos.

Auch die Lufttransp­ortbranche steckt in den Vorbereitu­ngen zur weltweiten Verteilung. Allerdings werden die Vakzine nicht einfach zugeladen werden können. Die Extrem-Temperatur­en werden bei den Spezialcon­tainern mit Trockeneis erzeugt, das CO2 freisetzt und einiges wiegt, sodass pro Frachtflie­ger nur wenige Container verschickt werden können. Dürften diese Probleme in Deutschlan­d noch zu meistern sein, sieht es in den Entwicklun­gsländern Afrikas extrem schlecht aus. Hier ist die Medizin stolz darauf, Impfdosen bei 45 Grad Außentempe­ratur auf 0 Grad herunterzu­bringen. Das Kinderhilf­swerk Unicef lässt gerade eine Milliarde Spritzen besorgen. Aber eine Kühl-Lösung im großen Stil ist noch nicht in Sicht.

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Der Impfstoff gegen das Coronaviru­s muss bei mindestens minus 60 Grad gelagert werden.

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