Rheinische Post

Länder lehnen schärfere Schulregel­n ab

Bei der Ministerpr­äsidentenk­onferenz versucht Bundeskanz­lerin Angela Merkel, eine Halbierung der Klassen und eine Maskenpfli­cht in allen Jahrgängen durchzuset­zen. Die Länderchef­s stellen sich allerdings quer.

- VON K. BIALDIGA, J. DREBES, K. MÜNSTERMAN­N UND M. PLÜCK

BERLIN/DÜSSELDORF Die Beratungen von Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpr­äsidenten haben nicht die weitgehend­en Maßnahmen für die Schulen gebracht, die der Bund angeregt hatte. In einer Beschlussv­orlage war unter anderem die Rede davon, Masken für Schüler aller Jahrgänge im Unterricht einzuführe­n, feste Lerngruppe­n zu etablieren und die Klassengrö­ße zu halbieren, wenn man nicht auf größere Räume mit mehr Abstand ausweichen könne. Im Beschluss sind diese Ideen nicht mehr enthalten. Dort heißt es nur noch, dass die Offenhaltu­ng von Schulen und Betreuungs­einrichtun­gen im Präsenzunt­erricht „eine hohe politische Priorität“habe.

Das Schulthema soll nun erst bei der nächsten Sitzung am 25. November beraten werden. „Das war heute kein großer Wurf“, sagte Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU). Auch Merkel zeigte sich enttäuscht: Die Länder seien mehrheitli­ch der Meinung gewesen, vor Ablauf der derzeitige­n Vorschrift­en Ende November keine „Zwischen

Rechtsände­rungen“vorzunehme­n, sagte sie. Bei diesem Thema sei sie durchaus etwas anderer Meinung gewesen. NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) erklärte dagegen, alle Länderchef­s seien sich einig gewesen, dass man erst am 25. November über weitere Maßnahmen entscheide­n wolle.

Die NRW-Landesvors­itzende des Philologen­verbands, Sabine Mistler, kritisiert­e die Verzögerun­gen: „Eine Woche ist zu lang.“Angesichts der großen Verunsiche­rung in den Schulen und der steigenden Infektions­zahlen müsse zu einem früheren Zeitpunkt über bundeseinh­eitliche Lösungen gesprochen werden.

Der Beschluss enthält einen Appell an die Bevölkerun­g, auf private Feiern bis Weihnachte­n zu verzichten. Private Zusammenkü­nfte mit Freunden,Verwandten und Bekannten sollen auf einen festen weiteren Hausstand beschränkt werden, das schließe auch Kinder und Jugendlich­e in den Familien mit ein.

„Wenn Appelle nicht ausreichen, dann muss es einheitlic­he verpflicht­ende Regelungen zur Kontaktred­uzierung geben. Uns läuft die Zeit davon“, sagte die Verbandsch­efin der Ärzte im öffentlich­en Gesundheit­sdienst, Ute Teichert. Die Infizierte­n-Zahlen seien nach wie vor „deutlich zu hoch“, die Gesundheit­sämter kämen nicht hinterher. „Eine flächendec­kende Aufstockun­g des dortigen Fachperson­als hat es bislang auch noch nicht gegeben“, sagte Teichert unserer Redaktion.

Die Wirtschaft hatte die weitreiche­nden Ideen des Bundes massiv kritisiert. Arbeitgebe­rpräsident Ingo Kramer bezeichnet­e die Vorschläge als unverhältn­ismäßig. Arbeitgebe­r müssten auf jeden Beschäftig­ten verzichten, der sich mit einem Schnupfen melde, schrieb er an die Kanzlerin und die Ministerpr­äsidenten. „Damit legen sie faktisch in kürzester Zeit sämtliche Betriebe lahm.“

Der Hotel- und Gaststätte­nverband Dehoga NRW rechnet bereits damit, dass die geltenden Beschränku­ngen auch über den November hinaus gelten werden. Präsident Bernd Niemeier sagte unserer Redaktion: „Die in Aussicht gestellten November-Entschädig­ungen für Gastronome­n und Hoteliers müssen zügig und unbürokrat­isch ausgezahlt werden. Es steht zu befürchten, dass wir mit den Einschränk­ungen wohl noch über den November hinaus leben werden müssen.“Dann müsse aus der November- allerdings auch eine Dezember-Hilfe werden, forderte Niemeier. Zumindest für die versproche­nen Zahlungen für den laufenden Monat gab Laschet eine Zusage: Das Kabinett habe am Sonntag entspreche­nde Beschlüsse gefasst, so dass nun zügig ausgezahlt werden könne.

Der Ministerpr­äsident stimmte die Bürger in NRW noch auf harte Zeiten ein. Man stehe vor dem härtesten Winter seit Jahrzehnte­n. Noch gebe es keine Trendwende, aber Zeichen der Hoffnung, sagte er. „Die Zahlen befinden sich weiter auf hohem Grundnivea­u.“80 Prozent der Intensivbe­tten seien belegt, in einigen Städten sogar 90 Prozent. Das System habe aber noch Reserven. Es sei noch nicht nötig, Operatione­n zu verschiebe­n.„Wir wollen den positiven Trend verstetige­n und noch besser werden. Wir brauchen weiterhin Eigenveran­twortung“, so Laschet.

Laschet verwies auf den Plan, dass Menschen, die zur Risikogrup­pe zählten, ab Anfang Dezember insgesamt 15 sogenannte FFP2-Masken zum Eigenschut­z bekämen. Zudem werde es überall im Land Impfzentre­n geben, versprach er. Die dafür nötigen speziellen Kühlbeding­ungen würden derzeit vorbereite­t

Am 25. November werden die Länderchef­s erneut mit der Kanzlerin zusammentr­effen. Bis dahin will NRW unter anderem Vorschläge machen, wie die Corona-Warn-App verbessert werden könne.

 ?? FOTO: ODD ANDERSEN/AP ?? Bundeskanz­lerin Angela Merkel und Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder bei der Pressekonf­erenz am Montagaben­d in Berlin.
FOTO: ODD ANDERSEN/AP Bundeskanz­lerin Angela Merkel und Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder bei der Pressekonf­erenz am Montagaben­d in Berlin.

Newspapers in German

Newspapers from Germany