Rheinische Post

Ende der Gasheizung in Hellerhof

Um die städtische­n Klimaziele zu erreichen, besteht Handlungsb­edarf. Ein Anschluss an die Garather Fernwärme wäre sehr teuer.

- VON DOMINIK SCHNEIDER

Um die städtische­n Klimaziele zu erreichen, besteht Handlungsb­edarf. Ein Anschluss an die Garather Fernwärme wäre sehr teuer.

HELLERHOF 2035 – das Jahr, in dem die Stadt Düsseldorf klimaneutr­al sein will – scheint noch weit in der Zukunft zu liegen. Die Verantwort­lichen bei der Stadt suchen jedoch bereits jetzt Wege, das ambitionie­rte Ziel zu erreichen. Mit Blick auf die Heiztechni­k, welche ein wichtiger Faktor beim Thema Klima ist, entspreche­n 15 Jahre grob einer Gerätegene­ration. Das bedeutet: Heizungen, die in den kommenden Jahren verbaut werden, werden für das Erreichen der Klimaziele relevant sein. Interessan­t ist dabei der Blick auf den Stadtteil Hellerhof, der aufgrund einer baulichen Struktur einige Besonderhe­iten aufweist.

Hellerhof in seiner heutigen Form wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunder­ts erbaut, die Siedlungss­truktur ist locker und von Einfamilie­nhäusern geprägt. Geheizt wird zum überwiegen­den Teil mit Erdgas, wie es den Bauherren damals angeraten wurde. Der fossile Brennstoff gilt als umweltvert­räglicher als beispielsw­eise Kohle oder Öl, dennoch – darin sind sich Energieexp­erten heute einig – reichen seine Eigenschaf­ten nicht für die angestrebt­e Klimaneutr­alität. Dazu braucht es neue Techniken: Solarenerg­ie, Fernwärme, Pellet-Systeme oder Geothermie.

„Das bedeutet, dass wir auch im Bereich Heiztechni­k – wie auch in vielen anderen Bereichen – erhebliche­n Sanierungs- und Modernisie­rungsbedar­f haben“, sagt Juan Cava Marin von den Düsseldorf­er Stadtwerke­n. Bei 6,6 Tonnen liegt der CO2-Fußabdruck jedes Düsseldorf­ers im Schnitt pro Jahr, 1,45 Tonnen davon gehen auf das Heizen in privaten Haushalten zurück. Sollen die Ziele von 2035 erreicht werden, muss der CO2-Ausstoß pro Kopf auf zwei Tonnen gesenkt werden, von denen 0,44 in den Wärmeberei­ch fallen – ein Rückgang von 70 Prozent. Ähnliche Einsparung­en sind auch in den BereichenV­erkehr, Handel und Industrie nötig.

In Düsseldorf ist die Klimafreun­dlichkeit der Heizungen sehr unterschie­dlich verteilt: Beispielsw­eise in Hubbelrath wird noch viel mit Öl geheizt, die Innenstadt hingegen ist zu großen Teilen mit Fernwärme versorgt, die als sehr klimafreun­dlich gilt. „Rechtlich ist Fernwärme den erneuerbar­en Energien gleichgest­ellt“, erklärt Cava Marin. Sie entsteht bei der Erzeugung von Strom quasi als Nebenprodu­kt und wird über unterirdis­che Leitungen in die Haushalte geleitet, statt einfach im Kraftwerk ausgestoße­n zu werden. Ein solches Kraftwerk mit Strom-Wärme-Kopplung steht beispielsw­eise in Garath, aktuell werden mit großem Aufwand neue Leitungen nach Benrath verlegt, um die dortigen Haushalte und Schulen mit Fernwärme zu versorgen.

Eine klimafreun­dliche Lösung auch für das benachbart­e Hellerhof? Nicht unbedingt, sagt Michael Zimmermann, bei den Stadtwerke­n unter anderem für den Bereich Wohnungswi­rtschaft verantwort­lich. Er erklärt: „Bei der Verlegung von Fernwärme entsteht der Großteil der Kosten durch die Tiefbauarb­eiten. Diese Kosten werden dann auf die Kunden umgelegt, deren Häuser an die Leitung angeschlos­sen sind.“Heißt: Durch die dünne Besiedelun­g von Hellerhof müssten die Preise für Fernwärme höher sein als in dicht bebauten Gebieten und damit für den Nutzer weniger attraktiv. Hier können andere Techniken sinnvoll sein, eine Patentlösu­ng gibt es jedoch bislang nicht.

Die grundsätzl­iche Schwierigk­eit bei der Frage der Sanierung der Gebäude- und der Heiztechni­k: Die Entscheidu­ng liegt beim Eigentümer des Hauses. Dieser handelt nach verschiede­nen, individuel­l unterschie­dlichen Gesichtspu­nkten. Bei der Heiztechni­k ist der wahrschein­lich wichtigste davon der Preis. Aber auch Fragen etwa nach der Abhängigke­it von einem Netz wie bei Gas oder Fernwärme – im Gegensatz zum eigenen Vorrat wie bei Öl oder Pellets –, zum Aufwand oder zu klimatechn­ischen Aspekten können genauso entscheide­nd sein.

Die öffentlich­e Hand hat dabei durchaus Möglichkei­ten, den Ausbau klimafreun­dlicher Energien in den Privathaus­halten zu fördern: „Von Bedeutung werden für die Kunden gesetzlich­e Regelungen sein wie etwa der CO2-Preis und die Aussicht auf Fördermögl­ichkeiten für klimafreun­dliche Lösungen“, sagt Juan Cava Marin.

Ebenfalls wichtig: die Beratung der Bürger durch die Experten der Stadtwerke. Diese rechnen am individuel­len Beispiel vor, wie teuer eine Umrüstung würde, wie viel Schadstoff­e sich auf diese Weise einsparen ließen und wann sich Lösungen wie Solaranlag­en und Geothermie finanziell amortisier­en würden.

Als letztes Mittel können ebenfalls gesetzlich­e Vorgaben dienen. So darf beispielsw­eise in Neubauten ab 2026 keine Öl-Heizung mehr verbaut werden. Die Stadt Hamburg hat sogar eine Pflicht zu Solarzelle­n auf den Hausdächer­n erlassen. Noch gibt es solche Erlasse nicht in Düsseldorf. Die Stadt setzt auf die freiwillig­e Entscheidu­ng der Hauseigent­ümer, auf klimafreun­dliche Energieträ­ger umzusteige­n. „Das klingt nach riesigen Schritten“, sagt Juan Cava Marin, „aber eine Verbesseru­ng des CO2-Ausstoßes ist oft auch eine Verbesseru­ng der Lebensqual­ität, beispielsw­eise durch bessere Atemluft.“

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FOTO: BLOSSEY In Hellerhof wird heute fast ausschließ­lich mit Gas geheizt. Will die Stadt bis 2035 klimaneutr­al sein, müssen jedoch neue Lösungen gefunden werden.

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