Das gefährliche Spiel der Länderchefs
Am Tag nach derVideokonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten fragt sich mancher Beobachter: War das nun ein Glanzstück des Föderalismus? Armin Laschet und die Regierungschefs der anderen Bundesländer haben den zugegebenermaßen etwas plumpen Versuch des Kanzleramts abgewehrt, ihnen das Krisenmanagement vorzuschreiben. Diese abwehrende Haltung ist ihr gutes Recht.
Fraglich aber, ob es auch die richtige Entscheidung war. Die Physikerin Angela Merkel hatte mit ihrer Musterrechnung, bis Weihnachten könne man bei 19.000 Neuinfizierten liegen, viel Spott kassiert – und am Ende früher recht bekommen, als ihr persönlich lieb sein dürfte. Ihre mahnenden Worte und die ihres Gesundheitsministers leichtfertig abzutun, ist riskant.
Laschet hat die wenigen Beschlüsse nach fünfstündigen Beratungen damit begründet, es gehe darum, die Maßnahmen im Lichte „realer Zahlen“zu beurteilen. Einen Tag später hat das Robert-Koch-Instituts den höchsten Anstieg bei der Zahl der Todesfälle seit einem halben Jahr gemeldet. Auch angesichts der täglich steigenden Belegung der Intensivstationen fragt man sich, wie viel realer es denn noch werden muss. Lehrer, Ärzte, Patientenschützer – sie alle warnen davor, unnötig Zeit verstreichen zu lassen. Das Hotel- und Gaststättengewerbe fleht darum, eine Perspektive zu bekommen. All dies sind die Ministerpräsidenten schuldig geblieben.
Die Länderchefs mögen erfolgreich gewesen sein in der Verteidigung ihres Einflussbereichs. Ob sie sich mit dem Termin für die Zwischenbilanz und der nun erfolgten Vertagung von Entscheidungen einen Gefallen getan haben und bei der Bevölkerung punkten konnten, die harte Maßnahmen mehrheitlich befürwortet, ist zweifelhaft. BERICHT KRITIK AN CORONA-ZERWÜRFNIS, TITELSEITE