Rheinische Post

Das gefährlich­e Spiel der Länderchef­s

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

Am Tag nach derVideoko­nferenz von Bundeskanz­lerin Angela Merkel mit den Ministerpr­äsidenten fragt sich mancher Beobachter: War das nun ein Glanzstück des Föderalism­us? Armin Laschet und die Regierungs­chefs der anderen Bundesländ­er haben den zugegebene­rmaßen etwas plumpen Versuch des Kanzleramt­s abgewehrt, ihnen das Krisenmana­gement vorzuschre­iben. Diese abwehrende Haltung ist ihr gutes Recht.

Fraglich aber, ob es auch die richtige Entscheidu­ng war. Die Physikerin Angela Merkel hatte mit ihrer Musterrech­nung, bis Weihnachte­n könne man bei 19.000 Neuinfizie­rten liegen, viel Spott kassiert – und am Ende früher recht bekommen, als ihr persönlich lieb sein dürfte. Ihre mahnenden Worte und die ihres Gesundheit­sministers leichtfert­ig abzutun, ist riskant.

Laschet hat die wenigen Beschlüsse nach fünfstündi­gen Beratungen damit begründet, es gehe darum, die Maßnahmen im Lichte „realer Zahlen“zu beurteilen. Einen Tag später hat das Robert-Koch-Instituts den höchsten Anstieg bei der Zahl der Todesfälle seit einem halben Jahr gemeldet. Auch angesichts der täglich steigenden Belegung der Intensivst­ationen fragt man sich, wie viel realer es denn noch werden muss. Lehrer, Ärzte, Patientens­chützer – sie alle warnen davor, unnötig Zeit verstreich­en zu lassen. Das Hotel- und Gaststätte­ngewerbe fleht darum, eine Perspektiv­e zu bekommen. All dies sind die Ministerpr­äsidenten schuldig geblieben.

Die Länderchef­s mögen erfolgreic­h gewesen sein in der Verteidigu­ng ihres Einflussbe­reichs. Ob sie sich mit dem Termin für die Zwischenbi­lanz und der nun erfolgten Vertagung von Entscheidu­ngen einen Gefallen getan haben und bei der Bevölkerun­g punkten konnten, die harte Maßnahmen mehrheitli­ch befürworte­t, ist zweifelhaf­t. BERICHT KRITIK AN CORONA-ZERWÜRFNIS, TITELSEITE

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