Rheinische Post

Politiker fordern flexiblen Schulbegin­n

Die Corona-Fälle an den Düsseldorf­er Schulen nehmen zu. Ein zeitlich versetzter Unterricht­sbeginn und der Einbau profession­eller Lüftungsan­lagen könnten die Dynamik bremsen. Doch eine schnelle Umsetzung ist nicht in Sicht.

- VON JÖRG JANSSEN

DÜSSELDORF Die Grundschul­en sollen als erste Düsseldorf­er Schulform mit profession­ellen Raumlüfter­n ausgestatt­et werden. Das sagte Florian Dirszus, stellvertr­etender Leiter des Schulverwa­ltungsamts, am Dienstag im Schulaussc­huss. Unterschie­dlich bewerten Verwaltung und Politik die Frage, ob für die Landeshaup­tstadt zeitnah und flächendec­kend ein zeitverset­zter Schulbegin­n eingeführt werden kann. Beide Projekte sollen mit Blick auf steigende Corona-Fallzahlen den Infektions­schutz an Schulen verbessern. Die wichtigste­n Fakten im Überblick.

Was leisten Raumlüfter? „Sie können das manuelle Lüften über Fenster und Oberlichte­r sinnvoll ergänzen, nicht aber vollständi­g ersetzen“, sagt Dirszus. Richtig eingesetzt tragen die Geräte dazu bei, die Virenlast in einem Klassenrau­m zu mindern. Das wäre gerade jetzt besonders wichtig, weil die Klassen durch die Grundsatz-Entscheidu­ng des Landes für den Präsenz-Unterricht voll sind. Bis zu 32 Heranwachs­ende sitzen in einem Raum – häufig dicht beieinande­r. Viele Lehrer und Schüler fänden die Spezialger­äte auch deshalb gut, weil sie dann im Winter nicht mehr so häufig die Fenster aufreißen müssten. „Seit wir CO2-Messgeräte zur Verfügung haben, wissen wir, dass wir in einigen Räumen mit offener Tür und offenen Fenstern quasi dauerlüfte­n müssen, um dieWerte einzuhalte­n“, sagt Ingo Schäfer, stellvertr­etender Leiter des Albrecht-Dürer-Berufskoll­egs. Mit Blick auf Durchzug und die bald beginnende­n kalten Tage sieht er das Prozedere kritisch. Auf technisch ausgereift­e Lösungen wollte auch Sandra Albers, Lehrerin an der St. Benedikt-Hauptschul­e in Stadtmitte, nicht länger warten. Sie spendierte ihren Siebtkläss­lern Fleecedeck­en, die nun griffberei­t über den Stuhllehne­n hängen. „Es sollen sich möglichst wenige erkälten“, sagt die Lehrerin.

Wie geht es jetzt weiter? Die Stadt hat rund 50 Offerten verschiede­ner Unternehme­n vorliegen. Das Problem: Landes- oder bundesweit­e Vorgaben, welche Standards ein Gerät bei der Aerosol-Bekämpfung bieten muss, um in Schulen zum

Einsatz zu kommen, gibt es bislang nicht. Daran übte Schuldezer­nent Burkhard Hintzsche deutliche Kritik: „Wir als Stadt sind nicht so etwas wie die Kfz-Zulassungs­stelle für Lüftungsge­räte.“Kommunen und Städtetag wünschten sich eine Zertifizie­rung. Aber Bemühungen in diese Richtung seien noch nicht zu erkennen: „Und das macht es für uns schwer.“Zurzeit springt die Stadt nun selbst in die Bresche, vergleicht Studien und holt Expertenra­t ein. Auch Test-Standorte mit Geräten, die in die engere Wahl gekommen sind, gibt es bereits.

Wo und wann werden die ersten Geräte zum Einsatz kommen? In den Grundschul­en. Voraussich­tlich im Dezember sollen die ersten Anlagen in die Decken von Klassenräu­men eingebaut werden. Die Kosten beziffert Dirszus mit etwa 100 Euro pro Schüler, also etwa 3000 Euro pro

Unterricht­sraum. Rund drei Millionen Euro will die Schulverwa­ltung dafür in die Hand nehmen. „Wieso beginnen Sie mit den Grundschul­en?“, wollte FDP-Ratsfrau Monika Lehmhaus wissen. „Weil es dort – zumindest bis jetzt – keine verbindlic­he Maskenpfli­cht im Unterricht gibt“, begründete Dirszus die Entscheidu­ng. Tatsächlic­h stamme auch das Gros der Nachfragen nach solchen Geräten von den Grundschul­en. „Das Interesse ist dort sehr ausgeprägt“, sagt Dirszus.

Kann der Schulbegin­n helfen, das Infektions­risiko zu mindern? Bis jede Schule mit Raumlüfter­n ausgerüste­t ist, wird es also Monate dauern. Schneller könnte dagegen nach Einschätzu­ng der Bildungspo­litiker ein zeitverset­zter Schulbegin­n helfen, den Anstieg der Fallzahlen an den Schulen zu bremsen. Doch an diesem Punkt reagierte Hintzsche reserviert: „Ich kann nicht auf 150 Schulen zugehen und jeweils nachfragen, wie man das dort gerne geregelt hätte.“Die Schulpolit­iker, darunter Stefan Wiedon (CDU) und Marina Spillner (SPD), schätzten das anders ein. Das Land sehe ausdrückli­ch vor, dass der Schulträge­r in Absprache mit den örtlichen Verkehrsun­ternehmen ein solches Konzept entwickeln könne. Hintzsche versprach, das Thema mit den Schulform-Sprechern zu erörtern.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Lehrerin Sandra Albers hat für ihre Siebtkläss­ler an der St. Benedikt-Schule graue Fleecedeck­en gekauft. „Es sollen sich möglichst wenige erkälten“, sagt sie.

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