Rheinische Post

Das Knöllchen im Supermarkt zahlen

Immer mehr Bürger wollen auf persönlich­en Kontakt mit städtische­n Ämtern verzichten. Die Nachfrage nach digitalen Angeboten steigt. Die Möglichkei­ten sind gering. Was sich online erledigen lässt – und was in Bürgerbüro­s anders ist.

- VON ARNE LIEB

Wegen der Pandemie wollen Bürger auf persönlich­en Kontakt verzichten. Daher steigt bei der Stadt die Nachfrage nach digitalen Angeboten.

DÜSSELDORF Die Bürger in Düsseldorf wollen in der Corona-Pandemie auf Amtsbesuch­e verzichten. Die Nachfrage nach digitalen Möglichkei­ten habe zugenommen, teilt die Stadtverwa­ltung auf Anfrage unserer Redaktion mit. Dies betreffe sowohl das Servicepor­tal, über das sich einige Behördengä­nge digital abwickeln lassen, als auch den Kontakt per E-Mail oder Videokonfe­renz. Das befeuert die Debatte um die Digitalisi­erung der Stadtverwa­ltung. Die Übersicht:

Gelten durch Corona Einschränk­ungen für den persönlich­en Bürgerserv­ice? Kaum noch. Anders als im Frühjahr sind inzwischen alle Dienststel­len wieder geöffnet, also etwa Bürgerbüro­s, Dienstleis­tungszentr­um, Standesamt oder Straßenver­kehrsamt. Das gesamte Leistungss­pektrum werde erbracht, teilt ein Stadtsprec­her mit. Auch die Bearbeitun­gszeiten seien nicht verlängert. Anders lautende Informatio­nen auf der städtische­n Internetse­ite würden angepasst, heißt es auf Nachfrage. Es gibt für Bürger aber einen wichtigen Unterschie­d: Termine müssen vorab telefonisc­h oder über das Online-Portal gemacht werden. Die Terminals zur Terminvere­inbarung in den Bürgerbüro­s sind außer Betrieb. Darüber hinaus gilt die Maßgabe, dass persönlich­er Kontakt wenn möglich vermieden werden soll. Beratungsa­ngebote werden zum Beispiel möglichst telefonisc­h abgewickel­t. Die Stadtverwa­ltung hat bis zum Sommer die Dienststel­len coronakonf­orm umgerüstet: Es gibt Schutzsche­iben, teilweise überwacht ein Sicherheit­sdienst den Publikumsv­erkehr. Es gelten Maskenpfli­cht und die üblichen Abstandsre­geln. Viele Mitarbeite­r, die keinen direkten Kundenkont­akt haben, befinden sich im Homeoffice. Die Beschäftig­ten sind mit demVorgehe­n der Stadt offenbar zufrieden – der Personalra­t lobt auf Nachfrage die Reaktion auf die Pandemie.

Was lässt sich von zu Hause erledigen? Düsseldorf hat als eine der ersten Kommunen ein sogenannte­s

Servicepor­tal auf der städtische­n Internetse­ite www.duesseldor­f.de eingeführt. Einige Dienste sind inzwischen komplett online möglich. Dazu zählen Bewohnerpa­rkausweise, Urkundense­rvice (z.B. Geburt, Hochzeit), Handwerker­parken oder die sogenannte­Verpflicht­ungserklär­ung im Aufenthalt­sverfahren. Neuerdings ist auch Online-Zahlung möglich.

Wer das Servicepor­tal besucht, sieht aber schnell die engen Grenzen: Für die meisten der hunderten aufgeliste­ten Dienstleis­tungen gibt es online lediglich Informatio­nen oder ein Formular zum Download. Darunter sind die am häufigsten nachgefrag­ten: Wer einen Personalau­sweis oder einen Reisepass beantragt, muss persönlich vorspreche­n. Das machte rund 110.000 Fälle allein in 2019 aus. Auch An-, Um- und Abmeldung sind nur persönlich möglich (insgesamt rund 120.000 Fälle). Elterngeld lässt sich ebenfalls nur per Brief beantragen. Termine lassen sich zumindest online vereinbare­n – wobei das System immer wieder kritisiert worden ist. Es wird derzeit überarbeit­et.

Wird das digitale Angebot ausgebaut? Die Stadt will schon bald die nächsten Dienste digital bereitstel­len, darunter Meldebesch­einigungen, Elterngeld­antrag oder das Beantragen eines Halteverbo­ts. Neuerdings gibt es auch Serviceter­minals in zwei Sparkassen-Filialen sowie an der Heinrich-Heine-Universitä­t, der VHS und in den Bürgerbüro­s, an denen sich Dienste mit dem E-Ausweis digital erledigen lassen – dafür müssen Bürger allerdings auch in den öffentlich­en Raum.

Es herrscht politisch aber Einigkeit, dass die Digitalisi­erung zu langsam voranschre­itet. Offenbar liegt das weniger an der Technik oder an rechtliche­n Hürden als an lähmenden politische­n Strukturen und fehlender Koordinati­on zwischen den Kommunen.

Der neue Oberbürger­meister Stephan Keller (CDU) hat mehr Tempo in der Digitalisi­erung zu einem seiner zentralen Wahlverspr­echen gemacht. Bürger müssten noch„in viel zu vielen Fällen aufs Amt“, sagte Keller jetzt in einer Diskussion­srunde auf Einladung Digi-Talk auf Einladung desVereins Digitale Stadt Düsseldorf. Er kündigte an, die Strukturen verbessern zu wollen, etwa durch ein Dezernat für Digitales.

In seiner Zeit als Kölner Stadtdirek­tor habe er etwa durchgeset­zt, dass Bürger ihre Knöllchen auch an der Supermarkt­kasse bezahlen können – solche einfachen Lösungen wolle er künftig auch in Düsseldorf vorantreib­en. Auch im Stadtrat soll die Digitalisi­erung einen höheren Stellenwer­t bekommen: Erstmals gibt es einen Fachaussch­uss für das Thema.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Der Kita-Navigator zur Anmeldung von Kindern in Kitas gilt als eines der digitalen Vorzeigepr­ojekte in Düsseldorf. Oberbürger­meister Stephan Keller möchte die digitalen Dienstleis­tungen vorantreib­en.

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