Gestatten, Oliver B. aus D.
Identitätsdiebstahl ist häufig. Umso erschreckender, wie fahrlässig viele sich verhalten.
Im ICE begegne ich oft Geschäftsreisenden. Neulich, da setzt sich einer von ihnen neben mich, das Handy am Ohr. Offenbar bucht er gerade einen Mietwagen. Er redet so laut, dass es unmöglich ist, nicht zuzuhören. Ich bitte ihn, leiser zu sprechen. Er setzt sein Gespräch fort, als ob ich Luft sei. Irgendwann zückt er seinen Geldbeutel, beginnt, seine Visa-Nummer durchzugeben. Reflexartig fahre ich die Tastatur meines iPads aus und tippe mit. Ziffer für Ziffer, Gültigkeitsdatum, dann die Prüfnummer. Warum? Weil ich es kann. Später diktiert er mir noch seinen Namen, Geburtsdatum und seine Privatadresse. Angenehm, Oliver B. aus D.!
Noch bevor er seine Tasche schnappt und davonzieht, habe ich B.s Telefonnummer ergoogelt, studiere seinen Lebenslauf bei Linkedin, die Firma, für die er arbeitet, die Wohngegend, in der er lebt. Was ich jetzt mit seinen Daten anstellen könnte: einkaufen, Online-Konten bei Ebay, Amazon oder Apple einrichten. Das Faszinierendste: B. hat nicht die geringste Ahnung! Wäre sein Portemonnaie gestohlen worden oder hätte er es verloren – natürlich hätte er sofort alle Karten sperren lassen. So aber ist er mir ausgeliefert, mindestens einen Monat lang, bis die nächste Abrechnung kommt. Laut Internetbranchenverband Bitkom war schon jeder vierte Deutsche von Identitätsdiebstahl betroffen. Meist stammen die Daten aus gestohlenen Brieftaschen. Auch Phishing-Mails sind beliebt. Dabei locken Identitätsdiebe ihre Opfer auf eine nachgebaute Firmenseite und bitten die Kunden, sich mit Username und Passwort anzumelden. Bei Identitätsdiebstahl zeigen sich die Banken oft kulant. Wer allerdings fahrlässig mit seinen Daten umgeht, muss befürchten, auf dem Schaden sitzenzubleiben. Ob ich Oliver B. aus D. darauf hinweisen soll, dass ich im Besitz seiner Daten bin? Vielleicht schicke ich ihm eine Postkarte. Bezahlt natürlich mit seiner Kreditkarte. Sonst hält er mich noch für einen Hochstapler.