Länder nehmen die Schulen in den Blick
Um die Infektionszahlen zu verringern, haben die Länder vor ihrem nächsten Treffen mit der Bundesregierung am Mittwoch einen umfassenden Maßnahmenkatalog vorgelegt. Darin halten sie grundsätzlich am Präsenzunterricht fest.
BERLIN Zu Beginn der wohl entscheidenden Woche für eine Winter-Strategie im Kampf gegen hohe Corona-Infektionszahlen laufen die Beratungen zwischen Bund und Ländern auf weitere Einschränkungen hinaus. Mehrfach schalteten sich die Chefs der Staatskanzleien der Länder am Wochenende zusammen, um der Bundesregierung an diesem Montag weitgehend einheitliche Positionen vorlegen zu können. In einer Beschlussvorlage der Länder, die unserer Redaktion vorliegt, sind auch konkrete Vorschläge zu den Schulen enthalten. So soll der Präsenzunterricht weitgehend erhalten bleiben, in Hotspots mit hohen Infektionszahlen und an weiterführenden Schulen soll es aber Einschränkungen geben.
Am Mittwoch steht die nächste Ministerpräsidentenkonferenz an. In der vergangenen Woche war die Runde der Regierungschefs von Bund und Ländern nach harten Auseinandersetzungen ohne ein umfangreiches Konzept beendet worden. Die Infektionszahlen haben sich seitdem nur geringfügig geändert. Am Sonntag meldete das Robert-Koch-Institut 15.741 Fälle, die von den Gesundheitsämtern binnen 24 Stunden übermittelt wurden. Am Sonntag vor einer Woche hatte die Zahl bei 16.947 gelegen. Der bisherige Höchststand war am Freitag mit 23.648 Fällen erreicht worden.
Aus dem achtseitigen Papier, das nun weiter beraten wird, geht eine erweiterte Maskenpflicht hervor. In Regionen mit mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern soll ab Klasse 7, in der Sekundarstufe II und an den berufsbildenden Schulen künftig das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung im Unterricht verpflichtend sein. „Schulen ohne Infektionsgeschehen können davon ausgenommen werden“, heißt es im Papier. Konkrete Ausgestaltungen sowie weiterführende Maßnahmen wie beispielsweise Hybridunterricht werden länderspezifisch geregelt. „Schülerfahrten und internationaler Austausch bleiben grundsätzlich untersagt“, heißt es. Um den öffentlichen Nahverkehr zu entzerren, soll der Unterrichtsbeginn gegebenenfalls auch gestaffelt erfolgen.
Außerdem soll künftig bei einem Infektionsfall in einer Klasse „die definierte Gruppe“zusammen mit den betroffenen Lehrkräften für fünf Tage in Quarantäne geschickt werden. Am fünften Tag erfolgt ein Antigen-Test. „Bei negativem Ergebnis kann der Präsenzunterricht für diese Klasse wiederaufgenommen werden“, heißt es im Papier. Der Bund soll dafür zusätzliche Antigen-Tests zur Verfügung stellen.
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, der als Epidemiologe eng in die Beratungen eingebunden ist, unterstützte diese Regelung zur Quarantäne, ebenso Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Lauterbach forderte aber noch weitergehende Maßnahmen an den Schulen: „In Hotspot-Regionen mit einem Inzidenzwert von mehr als 200 Neuinfektionen je 100.000 Einwohnern und Woche sollten Oberstufenschüler nur noch digital unterrichtet werden.“Die Infektionszahlen seien in dieser Alterskohorte derzeit zu hoch. Die bisherige Haltung der Länder, dass Schulen keine Treiber der Pandemie seien, sei„nicht mehr haltbar“, sagte der Direktor des virologischen Universitätsinstituts in Düsseldorf, Jörg Timm, der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“.
Aus der Beschlussvorlage der Bundesländer geht weiter hervor, dass der Lockdown bis kurz vor Weihnachten, bis zum 20. Dezember 2020, bundesweit verlängert werden soll. Davon sollen nur Länder abweichen können, die weniger als 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche „und eine sinkende Tendenz der Inzidenz aufweisen“. Wenn sich bis dahin wichtige Indikatoren wie der rechnerischeWert neuer Ansteckungen je Infiziertem oder die Intensivkapazitäten nicht verbessern, sollen die Maßnahmen für jeweils 14 Tage verlängert werden, bis das Ziel erreicht wird.
„Private Zusammenkünfte mit Freunden,Verwandten und Bekannten sind auf den eigenen und einen weiteren Haushalt, jedoch in jedem Falle auf maximal fünf Personen zu beschränken. Kinder bis 14 Jahre sind hiervon ausgenommen“, heißt es im Papier der Länder. Für Weihnachten sind Sonderregeln noch strittig: So wollen manche Länder
Treffen eines Haushaltes mit haushaltsfremden Familienmitgliedern oder haushaltsfremden Personen bis maximal fünf, andere bis zehn Personen erlauben. Kinder bis 14 Jahre sollen ausgenommen sein. Zudem ist für Silvester ein Böllerverbot vorgesehen, und Betriebe sollen Betriebsferien oder großzügige Homeoffice-Lösungen vom 21. Dezember 2020 bis 3. Januar 2021 prüfen.
Zudem sollen die bislang für den November geltendenWirtschaftshilfen bis zum 20. Dezember verlängert werden, die Maßnahmen der sogenannten Überbrückungshilfe III bis Mitte 2021. Dies betrifft zum Beispiel den Bereich der Kultur- und Veranstaltungswirtschaft, die Soloselbständigen sowie die Reisebranche. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte bereits klargestellt, dass er die Hilfen für die Unternehmen, die wegen der Corona-Beschränkungen schließen müssen, gegebenenfalls auch im Dezember weiterzahlen will.