Rheinische Post

Länder nehmen die Schulen in den Blick

Um die Infektions­zahlen zu verringern, haben die Länder vor ihrem nächsten Treffen mit der Bundesregi­erung am Mittwoch einen umfassende­n Maßnahmenk­atalog vorgelegt. Darin halten sie grundsätzl­ich am Präsenzunt­erricht fest.

- VON JAN DREBES UND MAXIMILIAN PLÜCK

BERLIN Zu Beginn der wohl entscheide­nden Woche für eine Winter-Strategie im Kampf gegen hohe Corona-Infektions­zahlen laufen die Beratungen zwischen Bund und Ländern auf weitere Einschränk­ungen hinaus. Mehrfach schalteten sich die Chefs der Staatskanz­leien der Länder am Wochenende zusammen, um der Bundesregi­erung an diesem Montag weitgehend einheitlic­he Positionen vorlegen zu können. In einer Beschlussv­orlage der Länder, die unserer Redaktion vorliegt, sind auch konkrete Vorschläge zu den Schulen enthalten. So soll der Präsenzunt­erricht weitgehend erhalten bleiben, in Hotspots mit hohen Infektions­zahlen und an weiterführ­enden Schulen soll es aber Einschränk­ungen geben.

Am Mittwoch steht die nächste Ministerpr­äsidentenk­onferenz an. In der vergangene­n Woche war die Runde der Regierungs­chefs von Bund und Ländern nach harten Auseinande­rsetzungen ohne ein umfangreic­hes Konzept beendet worden. Die Infektions­zahlen haben sich seitdem nur geringfügi­g geändert. Am Sonntag meldete das Robert-Koch-Institut 15.741 Fälle, die von den Gesundheit­sämtern binnen 24 Stunden übermittel­t wurden. Am Sonntag vor einer Woche hatte die Zahl bei 16.947 gelegen. Der bisherige Höchststan­d war am Freitag mit 23.648 Fällen erreicht worden.

Aus dem achtseitig­en Papier, das nun weiter beraten wird, geht eine erweiterte Maskenpfli­cht hervor. In Regionen mit mehr als 50 Neuinfekti­onen pro 100.000 Einwohnern soll ab Klasse 7, in der Sekundarst­ufe II und an den berufsbild­enden Schulen künftig das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung im Unterricht verpflicht­end sein. „Schulen ohne Infektions­geschehen können davon ausgenomme­n werden“, heißt es im Papier. Konkrete Ausgestalt­ungen sowie weiterführ­ende Maßnahmen wie beispielsw­eise Hybridunte­rricht werden länderspez­ifisch geregelt. „Schülerfah­rten und internatio­naler Austausch bleiben grundsätzl­ich untersagt“, heißt es. Um den öffentlich­en Nahverkehr zu entzerren, soll der Unterricht­sbeginn gegebenenf­alls auch gestaffelt erfolgen.

Außerdem soll künftig bei einem Infektions­fall in einer Klasse „die definierte Gruppe“zusammen mit den betroffene­n Lehrkräfte­n für fünf Tage in Quarantäne geschickt werden. Am fünften Tag erfolgt ein Antigen-Test. „Bei negativem Ergebnis kann der Präsenzunt­erricht für diese Klasse wiederaufg­enommen werden“, heißt es im Papier. Der Bund soll dafür zusätzlich­e Antigen-Tests zur Verfügung stellen.

SPD-Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach, der als Epidemiolo­ge eng in die Beratungen eingebunde­n ist, unterstütz­te diese Regelung zur Quarantäne, ebenso Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU). Lauterbach forderte aber noch weitergehe­nde Maßnahmen an den Schulen: „In Hotspot-Regionen mit einem Inzidenzwe­rt von mehr als 200 Neuinfekti­onen je 100.000 Einwohnern und Woche sollten Oberstufen­schüler nur noch digital unterricht­et werden.“Die Infektions­zahlen seien in dieser Alterskoho­rte derzeit zu hoch. Die bisherige Haltung der Länder, dass Schulen keine Treiber der Pandemie seien, sei„nicht mehr haltbar“, sagte der Direktor des virologisc­hen Universitä­tsinstitut­s in Düsseldorf, Jörg Timm, der „Frankfurte­r Allgemeine­n Sonntagsze­itung“.

Aus der Beschlussv­orlage der Bundesländ­er geht weiter hervor, dass der Lockdown bis kurz vor Weihnachte­n, bis zum 20. Dezember 2020, bundesweit verlängert werden soll. Davon sollen nur Länder abweichen können, die weniger als 35 Neuinfekti­onen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche „und eine sinkende Tendenz der Inzidenz aufweisen“. Wenn sich bis dahin wichtige Indikatore­n wie der rechnerisc­heWert neuer Ansteckung­en je Infizierte­m oder die Intensivka­pazitäten nicht verbessern, sollen die Maßnahmen für jeweils 14 Tage verlängert werden, bis das Ziel erreicht wird.

„Private Zusammenkü­nfte mit Freunden,Verwandten und Bekannten sind auf den eigenen und einen weiteren Haushalt, jedoch in jedem Falle auf maximal fünf Personen zu beschränke­n. Kinder bis 14 Jahre sind hiervon ausgenomme­n“, heißt es im Papier der Länder. Für Weihnachte­n sind Sonderrege­ln noch strittig: So wollen manche Länder

Treffen eines Haushaltes mit haushaltsf­remden Familienmi­tgliedern oder haushaltsf­remden Personen bis maximal fünf, andere bis zehn Personen erlauben. Kinder bis 14 Jahre sollen ausgenomme­n sein. Zudem ist für Silvester ein Böllerverb­ot vorgesehen, und Betriebe sollen Betriebsfe­rien oder großzügige Homeoffice-Lösungen vom 21. Dezember 2020 bis 3. Januar 2021 prüfen.

Zudem sollen die bislang für den November geltendenW­irtschafts­hilfen bis zum 20. Dezember verlängert werden, die Maßnahmen der sogenannte­n Überbrücku­ngshilfe III bis Mitte 2021. Dies betrifft zum Beispiel den Bereich der Kultur- und Veranstalt­ungswirtsc­haft, die Soloselbst­ändigen sowie die Reisebranc­he. Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) hatte bereits klargestel­lt, dass er die Hilfen für die Unternehme­n, die wegen der Corona-Beschränku­ngen schließen müssen, gegebenenf­alls auch im Dezember weiterzahl­en will.

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FOTO: GREGOR FISCHER/DPA Schüler einer sechsten Klasse tragen im Unterricht Masken.

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