Rheinische Post

Mönchengla­dbacher Führungs-Schwäche

Marco Rose erkennt ein Muster, warum sein Team so oft den späten Ausgleich kassiert. Zu verhindern gewesen wäre es fast immer.

- VON JANNIK SORGATZ

MÖNCHENGLA­DBACH Ausgeglich­enheit ist in dieser Zeit wichtiger denn je. Doch Borussia Mönchengla­dbach hat mittlerwei­le genug davon. Die Fohlen haben in dieser Saison 13 Führungsto­re in 13 Pflichtspi­elen erzielt, acht davon wurden früher oder oftmals sehr viel später wieder ausgeglich­en. „Es ist mittlerwei­le ein schmerzhaf­ter Lernprozes­s“, sagte Trainer Marco Rose nach dem 1:1 gegen den FC Augsburg.

Ausgeglich­en sind Borussias Ergebnisse häufig vor dem und hinter dem Doppelpunk­t, was an der Ausgeglich­enheit der Sportler-Seele zerrt. So verheerend sich die Zahlen lesen, es ist nicht so, als ziehe am niederrhei­nischen Horizont ein Krisen-Gewitter auf. Borussia hat allein in der Bundesliga zwar schon neun Punkte verspielt, im Schnitt mehr als einen pro Partie. Zwölf Zähler sind aber übrig geblieben und Platz sieben ist nach acht Spieltagen kein Drama. Eher müssen sich Rose und sein Team ärgern, dass sie nicht dran sind an den Führungskr­äften aus München, Dortmund, Leverkusen und Leipzig. Keine andere Mannschaft hat schon siebenmal das 1:0 erzielt.

Am Mittwoch kann Borussia mit einem Sieg in der Champions League gegen Schachtjor Donezk (18.55 Uhr) dafür sorgen, dass in der Woche danach gegen Inter Mailand (1. Dezember, 21 Uhr) schon ein Punkt reicht für den Einzug ins

Achtelfina­le. Auch hier wäre allerdings noch mehr drin gewesen mit ein bisschen mehr – ja, ein bisschen mehr wovon eigentlich?

Trainer Rose hat am Samstag mit der Anamnese begonnen. „Vor ein paar Wochen habe ich gesagt, dass es kein Muster gibt. Ein Muster ist jetzt schon zu erkennen“, sagte er nach dem Augsburg-Spiel, in dem seine Mannschaft nicht nur hochkaräti­ge Chancen zurVorents­cheidung hatte, sondern auch 24 Minuten in Überzahl spielte.„Wir werden in bestimmten Situatione­n einfach kurz passiv, vor allem am Flügel. Selbst wenn du mal eine Flanke zulässt, heißt das noch lange nicht, dass der Gegner ein Tor machen muss. Dann verteidigs­t du das in der Box eben sauber“, sagte der 44-Jährige.

Augsburgs Ausgleich fiel nach einem Festival des Nimm-du-ihn-ichhab-ihn-sicher, Daniel Caligiuri flipperte den Ball per Volleyabna­hme rein. „Ein Eier-Tor“, sagte Florian Neuhaus, der Torschütze zum 1:0.

Das Unheil kam oft über außen in dieser Saison, sodass Innenverte­idigung und Torwart schon mehrmals ausbaden mussten, was ihre Kollegen auf den Seiten und weiter vorne fahrlässig ermöglicht hatten.

Wenn der Körper schwächer wird, folgt meistens der Geist, so zum Beispiel damals in Mailand, als Marcus Thuram am kurzen Pfosten bei einer Ecke fast gar nicht mehr verteidigt­e. Doch frischer werden die Gladbacher wohl nicht mehr werden: In der Zwischenze­it hat sich Jonas Hofmann schwerer verletzt, Alassane Plea und Ramy Bensebaini wurden positiv auf Covid-19 getestet. Trotz des wichtigen Comebacks von Denis Zakaria ist Borussia personell noch im Minus und hat erst über die Weihnachts­tage mal eine Woche Pause.

Die Umstände sind schwierig, aber Rose und seine Spieler befanden sich nicht im Ausredenmo­dus nach der späten Enttäuschu­ng gegen Augsburg. „Wir müssen es auf jeden Fall abstellen. Das kann auch kein Zufall mehr sein“, sagte Torwart Yann Sommer. Die beste Medizin hätte vor allem Breel Embolo den Borussen verpassen können. Er scheiterte am Pfosten, am Außennetz und an Torwart Rafal Gikiewicz. Gemessen an der Qualität der eigenen Chancen, erzielt Gladbach zu wenig Tore. Gemessen an der Qualität der gegnerisch­en Chancen, sind es zu viele Gegentore. In der Hinsicht könnte mehr Ausgeglich­enheit nicht schaden.

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FOTO: FEDERICO GAMBARINI/DPA Gladbachs Hannes Wolf sucht nach dem 1:1 Halt bei Augsburgs Michael Gregoritsc­h, seinem österreich­ischen Landsmann.

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