Rheinische Post

„Der Klimawande­l macht keine Pause.“

Stefan Schulze-Hausmann spricht über den Nachhaltig­keitspreis, der zum Netzwerken im virtuellen Raum wird.

- BRIGITTE PAVETIC FÜHRTE DAS INTERVIEW

DÜSSELDORF Der Countdown läuft für Stefan Schulze-Hausmann (60) und seinen 13. Deutschen Nachhaltig­keitspreis (DNP) am 3. und 4. Dezember im Hotel Maritim am Flughafen. Wegen der Corona-Krise hat er sich bereits auf eine deutlich kleinere Veranstalt­ung eingestell. Seinem Plan einer Hybrid-Veranstalt­ung bleibt er treu. Nach wie vor will der Moderator und Rechtsanwa­lt die Welt ein wenig besser machen – auch wenn Corona sie vollkommen auf den Kopf gestellt hat.

Glanzvolle Veranstalt­ungen sind in den vergangene­n Jahren ohnehin immer weniger geworden in Düsseldorf. Was erwartet uns bei der sonst gewohnt Aufsehen erregenden Gala zum Nachhaltig­keitspreis?

STEFAN SCHULZE-HAUSMANN Man nennt es seit neuestem „hybrid“, wenn einige Menschen live vor Ort, die meisten aber virtuell zu Gast sind. Genau so wird es sein. Den DNP-typischen blauen Teppich werde ich sehr vermissen, er symbolisie­rt unsere Art, mit dem Thema umzugehen: Nach einem ernsten und arbeitsrei­chen Jahr wollten wir einen Hoffnungss­chimmer gegen Corona dagegen setzen.

Kommen Promis?

SCHULZE-HAUSMANN Ja, bei uns werden unter anderen Christian Wulff, Sigmar Gabriel und Model Toni Garrn sein, die übrigens eine Botschafte­rin für faire Textilien ist. Und Joy Denalane singt.

Wie arbeiten Sie im Lockdown an dieser doch sehr aufwendige­n Veranstalt­ung mit Kongress und Abendevent­s?

SCHULZE-HAUSMANN Sehr intensiv und vom Homeoffice­s aus. In unserem Büro in den Gehry-Bauten im Medienhafe­n gibt es immer nur eine kleine Besetzung, eine einzige Person pro Raum. Ich arbeite meist zu Hause in Niederkass­el.

Wie mühsam sind Planungen, wenn man eigentlich nichts sicher planen kann?

SCHULZE-HAUSMANN Das Projekt hat sich in Etappen verändert, seit Frühjahr fahren wir auf Sicht. Es war für uns wie für viele andere keine leichte Zeit. Ein Hauptprobl­em: Unseren Sponsoren und Partnern war lange unklar, was überhaupt für eine Veranstalt­ung möglich sein würde. Da spürt man natürlich Zögerlichk­eit. Die Chance war, dass unser Thema nach wie vor, vielleicht sogar mehr denn je, gefragt ist. Diese haben wir genutzt.

Jetzt haben Sie in dieser ungünstige­n Zeit noch einen neuen Preis eingeführt. Wie kam das an?

SCHULZE-HAUSMANN Davor hatten wir große Sorge und sind jetzt ziemlich erleichter­t. Zur Premiere des Designprei­ses haben sich Hunderte Unternehme­n, DesignerIn­nen und Studierend­e beworben. Die Jury – das sind 40 prominente Köpfe der Design- und Nachhaltig­keitsszene wie Konstantin Grcic, Stefan Diez, Michael Braungart und Maja Göpel – konnte aus dem Vollen schöpfen.

Wie sehr blutet Ihnen das Herz, wenn Sie daran denken, dass Sie statt mehr als 1000 nur eine Handvoll Gäste begrüßen können?

SCHULZE-HAUSMANN Man hadert enorm, natürlich auch mit den Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19. Die hießen für uns: Immer kleiner werden. Von 1200 auf 450 Personen im Saal, dann auf 250. Jetzt finden wir komplett ohne Publikum statt – als TV-Format.Wir bauen das Maritim zum großen Fernsehstu­dio um – den großen Saal und vier Räume. Wir streamen die gesamte Veranstalt­ung ziemlich aufwendig, da stecken ganz viele Premieren drin. DNP.TV lautet die Webadresse. Gut 100 Redner sind dabei – manche hier in Düsseldorf, viele werden zugeschalt­et.

Sie wirken traurig!

SCHULZE-HAUSMANN Eher gestresst, gefordert. Das Ganze ist ein quälender Prozess, Fahren auf Sicht, was meine Nerven aufs Äußerste anspannt. Es gibt aber auch positive Nachrichte­n: Wir haben langjährig­e Partner, die sind verständni­svoll und sehr konstrukti­v. Wir haben umgebaut. Die Begegnunge­n zwischen Menschen fallen weg, sie werden uns fehlen. Das wird nun eher Netzwerken im virtuellen Raum, dafür werden wir mehr Reichweite haben. Das ist auch ein guter Weg, den Gedanken der Nachhaltig­keit zu multiplizi­eren.

So komplett ohne Publikum, ist das nicht auch weniger Stress? Vielleicht ist das auch eine Erleichter­ung?

SCHULZE-HAUSMANN Für mich nicht. Ich habe länger als mein Team festgehalt­en an der Idee des Publikums, die Entscheidu­ng für einen leeren Saal und zugeschalt­ete Preisträge­r ist mir sehr schwer gefallen. In dem Moment hat sich die Veranstalt­ung schon stark verändert. Ich weiß, wie Fernsehen geht, das ist anders. Corona hat uns im Griff, es ist alles beherrsche­nd und fordert diese Veränderun­g. Der Klimawande­l macht aber auch keine Pause, wir müssen wieder Aufmerksam­keit für dieses Thema bekommen. Umwelt und Nachhaltig­keit sind ins Hintertref­fen geraten.

Sind Sie abergläubi­sch? Es ist der 13. DNP!

SCHULZE-HAUSMANN Bis jetzt nicht, aber es drängt sich so heftig auf, dass man schon nachdenkli­ch wird.

Wie war damals Ihre Veranstalt­ung im „verflixten 7. Jahr“?

SCHULZE-HAUSMANN Die lief ohne Schrammen, die 13. reißt uns so richtig aus dem Gewohnten heraus. Aber alles, was passiert, hat womöglich Gründe. Vielleicht ist es an der Zeit, unsere Formate noch grundsätzl­icher zu überdenken und Dinge zu verändern.

Wie geht es Ihnen persönlich mit Corona?

SCHULZE-HAUSMANN Wie ganz vielen. Am Anfang hatte ich gar nicht das Gefühl, dass es mich betreffen oder mir viel anhaben würde. Das hat sich wirklich geändert. Ich habe eine Menge Respekt vor der Krankheit. Ich bin seit ein paar Tagen 60, eine Zäsur, in der man so sicher wie möglich sein will, dass es gut weitergeht. Genau das – zumindest für das nächste Jahr – nur schemenhaf­t zu erkennen, raubt einem den Spaß, aber nicht den Spaß am Leben, da müsste schon noch mehr passieren.

Planen Sie einen DNP 2021?

SCHULZE-HAUSMANN Natürlich!

 ??  ??
 ?? RP-FOTO: ANDREAS BRETZ ?? Der Moderator und Rechtsanwa­lt Stefan Schulze-Hausmann veranstalt­et am 3. und 4. Dezember den 13. Deutschen Nachhaltig­keitspreis.
RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Der Moderator und Rechtsanwa­lt Stefan Schulze-Hausmann veranstalt­et am 3. und 4. Dezember den 13. Deutschen Nachhaltig­keitspreis.

Newspapers in German

Newspapers from Germany