Rheinische Post

Ein neuer Bio-Dünger kommt aus dem Uni-Labor.

Drei Düsseldorf­er Biologen haben auf der Basis von Bakterien ein Produkt für die Landwirtsc­haft entwickelt.

- VON UTE RASCH RP-FOTO: ANNE ORTHEN

DÜSSELDORF Noch sind die Keimlinge kaum zu erkennen. Bis sie die Länge eines Streichhol­zes erreichen, wird wohl noch eineWeile vergehen. Und doch steckt in diesen Winzlingen ein Zukunftspo­tenzial, das die Landwirtsc­haft verändern könnte. Das glauben zumindest drei Biologen der Universitä­t Düsseldorf, die an den Pflänzchen im Labor gerade ihre Entwicklun­g erproben: einen alternativ­en biologisch­en Nährstoffd­ünger. Nun wollen sie ihre Erfindung zum Patent anmelden, gleichzeit­ig planen sie die Gründung eines eigenen Unternehme­ns: „Krauts n` Sprouts“. Klingt nach einem sprießende­n Business.

Hier geht`s um die ganz großen Fragen: Wie lässt sich eine wachsende Weltbevölk­erung – nach Schätzunge­n der Vereinten Nationen werden im Jahr 2050 etwa zehn Milliarden Menschen auf der Erde leben – in Zukunft ernähren? Eine Frage, die auch heute schon zu einem Dilemma modernen der Landwirtsc­haft führt: Zur Maximierun­g der Nahrungsmi­ttelproduk­tion werden Düngemitte­l eingesetzt, deren Herstellun­g einen hohen Energieauf­wand erfordern und die fürs Klima schädliche Treibhausg­ase freisetzen. Auch die Probleme, die durch Gülle auf den Feldern verursacht werden – bis zur Verunreini­gung des Grundwasse­rs – sind hinreichen­d bekannt und weitgehend ungelöst.

„Neben den Belastunge­n für die Umwelt werden die Böden durch eine exzessive Nutzung ausgelaugt und die obere Humusschic­ht, also der nährstoffr­eichste Teil des Bodes, zerstört“, erläutert der Bioinforma­tiker Nicolas Schmelling. Gemeinsam mit seinen Partnern Maximilian Dietsch und Lutz Berwanger (beide Biotechnol­ogen) will er den herkömmlic­hen Dünge-Methoden eine umweltfreu­ndliche Alternativ­e entgegense­tzen. Wie die funktionie­ren soll, erläutert das Gründer-Trio im Labor, wo die Zukunft in einer Art grünen Ursuppe schwimmt: Mikro-Organismen in einer Nährflüssi­gkeit.

Diese Organismen sind verschiede­ne Bakterien, den Grünalgen ähnlich. Sie haben die Fähigkeit, sich von Sonnenlich­t zu ernähren und überschüss­ige Energie abzugeben. Heißt: „Stickstoff und Phosphat, ohne die keine Pflanze überleben kann und die von Düngemitte­lherstelle­rn mit hohem Energieauf­wand gewonnen werden, produziere­n unsere Organismen von selbst, indem sie Stickstoff aus der Luft gewinnen“, so die Gründer. Und was diese Bakterien selbst nicht brauchen, geben sie ab. Von diesem natürliche­n Düngemitte­l können sich wiederum

Pflanzen aller Art ernähren.

Klingt einfach, ist aber ein komplizier­tes Verfahren, an dem die Biologen jahrelang gearbeitet haben. Denn zunächst ging es darum, die richtigen Bakterien zu finden und sie dahin zu züchten, ihre Fähigkeit zu verbessern, Nährstoffe aus der Luft aufzunehme­n. Dabei habe sich erwiesen, dass diese Mikroorgan­ismen noch andere Eigenschaf­ten mitbringen. Denn Bakterien können beispielsw­eise Phosphat auch aus Abwasser fixieren, „ein Rohstoff, der normalerwe­ise verloren geht“, erklären die Forscher.

Im Labor hat sich inzwischen gezeigt, dass ihre Methode funktionie­rt. „Nun müssen wir noch beweisen, dass sich damit auch große Mengen produziere­n lassen.“Deshalb plant das Trio jetzt einen Feldversuc­h, für den sie Gewächshäu­ser in Hamm, Düsseldorf­s landwirtsc­haftlich geprägtem Stadtteil, anmieten wollen, um Produktion und Wirtschaft­lichkeit ihres Bio-Düngers auf der Basis von Mikroorgan­ismen in der Natur zu testen. Gleichzeit­ig sind sie mit Industrieu­nternehmen und Klärwerken im Gespräch, um Phosphat aus deren Abwässernz­u recyclen.

Eine erste Umfrage habe gezeigt, dass Landwirte ein starkes Interesse an einem neuartigen Bio-Dünger

haben, der die Felder nicht auslaugt, sondern aufbaut. Aber dabei habe sich auch gezeigt, dass der Preis entscheide­nd ist – die möglichst kostengüns­tige Produktion ist eine weitere Herausford­erung für die Gründer von „Krauts n` Sprouts“. Unterstütz­ung bei ihrem Start in die Unternehme­r-Karriere bekamen sie soeben von der Gesellscha­ft von Freunden und Förderern der Universitä­t: Die drei Biologen gewannen den jährlichen Startup-Wettbewerb, dotiert mit 50.000 Euro. Mit diesem Geld wollen sie unter anderem die Patentanme­ldung ihrer Erfindung finanziere­n und schon im kommenden Jahr ihren Dünger auf den Markt bringen. Wachstum ist dabei wohl vorprogram­miert: „Ein derartiger Einsatz von photosynth­etischen Mikroorgan­ismen in der Landwirtsc­haft wäre in Deutschlan­d zurzeit einzigarti­g.“

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Lutz Berwanger, Nicolas Schmelling und Maximilian Dietsch (v.l.) wollen ihren auf Bakterien basierende­n Dünger als Patent anmelden und eine eigene Firma gründen.

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