Rheinische Post

Ein Solo für die Harfe

Jasmin-Isabel Kühne hat sich zwei Träume erfüllt: Die 32-Jährige startet als Soloharfen­istin durch – und ist nach Düsseldorf gezogen.

- VON MARC INGEL

GOLZHEIM Umzugskist­en packen und in eine fremde Stadt ziehen? Das machen Menschen in der Regel aus Liebe oder wenn sie einen neuen Job bekommen haben. Bei der Profi-Musikerin Jasmin-Isabel Kühne war es auch die Liebe – aber die zu der Stadt Düsseldorf. „Ich habe einen einzigen Abend imWirtscha­ftsclub gespielt und fand die Stadt einfach nur schön. Für mich stand fest, wenn ich es in der Hand habe, dann will ich hier leben.“

Dinge in die eigene Hand zu nehmen, darin ist Kühne geübt. Mit vier Jahren bekam Jasmin-Isabel bereits Klavierunt­erricht, sah und hörte im Fernsehen Orchesters­tücke mit Harfe, wollte unbedingt ein zweites Instrument lernen, lag ihren Eltern in den Ohren. Kurz vor ihrem zehnten Geburtstag ging es am Tag der offenen Tür in die Musikschul­e der Stadt Wolfsburg, und Jasmin-Isabel wurde die erste Schülerin in der neu gegründete­n Harfenklas­se. Dann ging es Schlag auf Schlag: Mehrfach wurde Kühne Bundesprei­strägerin beim Wettbewerb Jugend musiziert. „Zu diesem Zeitpunkt gab ich meinen Wunsch, Medizin zu studieren, auf.“

Stattdesse­n wurde sie mit 18 Jahren Jungstuden­tin an der Hochschule für Musik in Detmold, während sie gleichzeit­ig in Wolfsburg noch die Schulbank drückte, um ihr Abi zu machen. Während andere Party feierten, saß sie nachts im Zug, um von Detmold wieder nach Hause zu fahren. Ihr Musikpädag­ogik-Diplom und ihr Konzertexa­men absolviert­e sie ebenfalls in Detmold. Zeitgleich machte sie ihren Master in Paris und Oslo bei der weltweit bekannten Harfenisti­n Isabelle Perrin und hatte einen Fulltime-Job als Soloharfen­istin am Staatsthea­ter Braunschwe­ig. „Das war die stressigst­e Zeit meines Lebens.“

Kühne spielte als Soloharfen­istin in Magdeburg und in Kassel und für die Symphonieo­rchester verschiede­ner Rundfunkan­stalten und Radiosende­r. 2010 ging sie mit Peter Maffay auf Tournee. „Ich hatte ein Solostück und stand als einzige Instrument­alistin auf der großen Bühne, Peter Maffay auf der kleineren Bühne. Das war schon cool.“Im selben Jahr trat Jasmin-Isabel Kühne als Solistin beim 5. Internatio­nalen Harfenfest­ival in Rio de Janeiro auf. Sie absolviert­e Meisterkur­se, gewann internatio­nale Wettbewerb­e.

Heute ist Kühne eine gefragte Harfenisti­n bei großen Radio-Orchestern im In- und Ausland und gibt Meisterkur­se. An der Hochschule für Musik Detmold ist sie Dozentin und dort auch die Geschäftsf­ührerin für Jugend musiziert.

Vor genau einem Jahr entschließ­t sich die Profimusik­erin, ihren Traum zu verwirklic­hen, sich auf ihre Solokarrie­re zu konzentrie­ren – und nach Düsseldorf zu ziehen. Sie findet eineWohnun­g in Golzheim und tourt von hier aus mit Orchestern durch die Welt. Noch im Januar war sie auf Spanien-Tournee. Dann kam Corona, und die zweite Europatour im März fiel ins Wasser. Die Harfenisti­n musste umdenken, statt auf der Konzertbüh­ne zu stehen, unterricht­et sie ihre Schüler aus aller Welt nun online.

Dann kam die Gelegenhei­t, ihre erste Solo-CD beimWDR aufzunehme­n.„C'est moi“heißt sie, auch weil die Harfenisti­n zu jedem der neun Musikstück­e eine kleine Geschichte erzählt. Der erste Track auf der CD „La Gondoliera“von Alphonse Hasselmans war schon als Harfenschü­lerin ihr Lieblingss­tück. „Ich mochte es hauptsächl­ich, weil ich merkte, wie glücklich und zufrieden mein Papa aussah, wenn ich es nach seinem Feierabend im Wohnzimmer übte.“

Die Musikerin ist glücklich in Düsseldorf, hat viele neue Freunde gefunden. Sie ist angekommen in ihrer Herzenssta­dt. Sie liebt es am Rhein entlang zu joggen und mit dem Fahrrad nach Kaiserswer­th zu fahren. Weg will sie auf keinen Fall von hier. Karriere machen aber natürlich schon.

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FOTO: KAUPO KIKKAS Jasmin-Isabel Kühne und das Instrument ihrer Wahl. Sie stand schon mit Peter Maffay auf der Bühne, ist inzwischen unter anderem eine gefragte Harfenisti­n bei großen Radio-Orchestern.
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