Rheinische Post

Deutschlan­d erlebt Jojo-Konjunktur

Im dritten Quartal wuchs die Wirtschaft kräftig. Doch nun fürchten die Firmen einen erneuten Einbruch.

-

BERLIN (anh/dpa) Der deutschen Wirtschaft drohen nach einem unerwartet kräftigen Comeback im Sommer wieder härtere Zeiten. Im dritten Quartal erholte sich die Konjunktur, das Bruttoinla­ndsprodu kt( B IP) stieg im Zeitraum Juli bis September im Vergleich zum zweiten Quartal um 8,5 Prozent, wie das Statistisc­he Bundesamt nun mitteilte. Im zweiten Quartal war die Wirtschaft wegen des coronabedi­ngten harten Lockdowns um 9,8 Prozent eingebroch­en. Im Jahresverg­leich hinterließ die Krise ohnehin tiefe Spuren. Im Vergleich zum dritten Quartal 2019 schrumpfte das BIP preisberei­nigt um 3,9 Prozent.

Zum Jahresende drohen die Beschränku­ngen des öffentlich­en Lebens. die Erholung wieder abzuwürgen .„ Das Winterhalb­jahr wird hart “, sagte Commerzban­k-Chefvolksw­irt Jörg Krämer. „Erst die wärmeren Temperatur­en im Frühling und die

Impfungen werden dieWirtsch­aft in der zweiten Jahreshälf­te 2021 wieder anziehen lassen.“

Die Stimmung der Unternehme­n hat sich bereits eingetrübt. Das Ifo-Geschäftsk­lima sank im November den zweiten Monat in Folge.„Die zweite Corona-Welle hat die Erholung der deutschen Wirtschaft unterbroch­en“, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest.

Vor allem im Dienstleis­tungsberei­ch, der besonders von den aktuellen Beschränku­ngen betroffen ist, verschlech­terte sich die Stimmung deutlich. Auch die Aussicht auf Impfstoffe kann daran nichts ändern. Die Unternehme­n wissen, dass die Pandemie nicht auf einen Schlag vorbei sein wird. Auch die Industrie zeigt sich wieder skeptisch, nachdem sich die Entscheide­r erst über die Erholung des wichtigen Handelspar­tners China gefreut hatten. „Sowohl die Folgen der ersten Krisenmona­te als auch die hohen Infektions­zahlen stellen die wirtschaft­liche Erholung auf die Probe“, sagte Joachim Lang, Chef des Industrie-Verbands BDI, der einen Produktion­seinbruch im Gesamtjahr von zehn Prozent erwartet.

Durch die Verlängeru­ng des Teil-Lockdowns über dem November hinaus steigt die Wahrschein­lichkeit, dass die Wirtschaft erneut schrumpft. Ökonomen sprechen bereits von einer „Jojo-Konjunktur“: Werden Beschränku­ngen gelockert, zieht das Wachstum an. Werden sie verschärft, schrumpft die Wirtschaft. Der Weg aus der Krise wird laut Jörg Zeuner steinig. „Das Schlussqua­rtal 2020 und das erste Quartal 2021 werden deutlich von den Eindämmung­smaßnahmen belastet sein“, sagte der Chefvolksw­irt von Union Investment. Im Gesamtjahr 2020 wird die deutsche Wirtschaft wohl schrumpfen. Der Sachverstä­ndigenrat rechnet mit einem Rückgang des BIP um 5,1 Prozent. Das Bundeswirt­schaftsmin­isterium geht von einem Einbruch um 5,5 Prozent aus. Dieser wäre mit der historisch­en Rezession zur Finanzkris­e 2009 vergleichb­ar, damals schrumpfte die Wirtschaft um 5,7 Prozent.

Nordrhein-Westfalen macht die Aufs und Abs wegen des relativ geringen Gewichts der Autoindust­rie nur abgeschwäc­ht mit. In diesem Jahr bricht die NRW-Wirtschaft voraussich­tlich um 4,5 Prozent ein, erwartet das RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaft­sforschung in Essen. Für 2021 erwartet es eine Erholung der NRW-Wirtschaft um 4,7 Prozent.

„Die zweite CoronaWell­e hat die Erholung unterbroch­en.“

Clemens Fuest Ifo-Präsident

Newspapers in German

Newspapers from Germany