Rheinische Post

Warum Hennings in der Luft hängt

Er war in der Bundesliga Mister Zuverlässi­g bei Fortuna. Doch im Unterhaus tut sich der Torjäger noch schwer.

- VON GIANNI COSTA UND BERND JOLITZ

Am vergangene­n Samstag gegen den SV Sandhausen. An Rouwen Hennings lief die Partie komplett vorbei. 59 Minuten lang konnte man ihm maximal attestiere­n, am Arbeitspla­tz anwesend gewesen zu sein. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er sich in der Einzelkrit­ik unserer Redaktion eine glatte 5 in der Bewertung verdient. In einer ohnehin in Sachen Offensivkr­aft eher schwächere­n Partie wäre das ein deutliches Zeichen gewesen für den mangelhaft­en Einsatz des Angreifers.

Doch dann wurde Kevin Danso im Strafraum gefoult, und Hennings verwandelt­e den fälligen Elfmeter sicher. Es war am Ende der Siegtreffe­r. Ihm ist damit geglückt, wofür Stürmer engagiert werden: Treffer zu erzielen. Dass es obendrein auch noch der entscheide­nde an diesem Mittag war, hat in der Bewertung ebenfalls eine Rolle gespielt. Und so wurde aus einer 5 bei uns plötzlich eine 1-.

Viele Leser haben sich daraufhin bei uns gemeldet. Das Lager war ungefähr geteilt – mit einem leichten Übergewich­t für jene, die eher Unverständ­nis für unsere Entscheidu­ng haben. Nach so einem Spiel eine so gute Note, das empfanden sie als nicht korrekt eingeordne­t. Nun ist das mit Zeugnissen immer so eine Sache – über vieles kann man trefflich streiten. Und das ist auch gut so. Dazu vielleicht eine Anekdote am Rande, die sich vor etlichen Jahren nach einem Auswärtssp­iel der Fortuna unter Trainer UweWeidema­nn abgespielt hat. „Welche Note haben Sie denn heute dem Marcel Podszus gegeben?“, fragte der Coach die Medienvert­reter. „Nun, eine 3+“, antwortete der RP-Reporter. „Er war ja nicht oft in das Spiel eingebunde­n, aber immerhin hat er den späten Ausgleich gemacht.“Weidemann lächelte und erklärte: „Sehen Sie, ich benote unsere Spieler auch. Und bei mir hat

Marcel eine 1. Der Grund: Er ist Stürmer, und seine Hauptaufga­be ist die, Tore zu schießen. Die hat er erfüllt.“

Nun muss natürlich niemand alles so handhaben wie ein Trainer. Viel entscheide­nder ist ohnehin der Trend. Der ist bei Hennings aktuell eher wolkig als heiter. Zwei Tore nach acht Partien ist nicht dramatisch schlecht, für einen Angreifer seiner Güte allerdings dann doch etwas mau. Viel besorgnise­rregender ist allerdings, wie Hennings bisher ins Spielsyste­m eingebunde­n ist: nämlich so gut wie gar nicht.

Schuld daran ist natürlich auch Hennings, der manchmal nicht den optimalen Laufweg sucht. Größtes Problem sind aber die fehlenden Zuspiele.Keine direkten Anspiele, kaum Torschüsse, bei denen er die Abpraller verwerten könnte. Kenan

Karaman als sein Sturmpartn­er ist aktuell nicht unbedingt die Ergänzung, die es zu Hennings eigentlich bräuchte. Er hätte die technische­n Fähigkeite­n, sich derart in Position zubringen, um Hennings als Stoßstürme­r entspreche­nd zu unterstütz­en – und in der Vergangenh­eit haben die beiden bei Fortuna auch prächtig harmoniert. Im Moment gelingt es nicht.

Wie gegen Sandhausen ist vieles in der Offensive ansonsten noch recht konfus. Kristoffer Peterson auf der linken Seite spielte zu defensiv, um überhaupt in die gefährlich­en Zonen des Gegners zu gelangen. Kelvin Ofori auf der anderen Seite war zu sehr mit sich beschäftig­t, um überhaupt den Blick für etwas Anderes zu haben. Hennings als Alleinunte­rhalter müsste sich also tiefer fallen lassen, was allerdings die Distanz zum Tor erheblich erhöht und damit auch die Wahrschein­lichkeit, tatsächlic­h einen Abschluss hinzubekom­men.

In der zweiten Halbzeit gegen Sandhausen hat man einen kleinen Vorgeschma­ck darauf bekommen, wie es auch anders gehen könnte. Mit einem Edgar Prib, der das Mittelfeld organisier­te, und einem Shinta Appelkamp, der das kreative Spiel gehörig angekurbel­t hat. Allein diese Besetzung könnte schon für deutliche Linderung sorgen. Grundsätzl­ich könnte Rösler jedoch ernsthaft darüber nachdenken, auf eine Dreierkett­e zu setzen und so über ein stärkeres Mittelfeld das spielerisc­he Element zu verbessern.

Für Hennings dürfte alles ein Gewinn sein, bei dem er endlich etwas mehr Unterstütz­ung bekommt. Rösler hat bisher vor allem auf Sicherheit gesetzt, um Ergebnisse einzufahre­n. Gegen den nächsten Gegner VfL Bochum wird das nicht reichen.

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FOTO: FREDERIC SCHEIDEMAN­N Die Szene, die alles änderte: Rouwen Hennings (re.) verwandelt den Strafstoß gegen Sandhausen eiskalt. Links Kenan Karaman.

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