Rheinische Post

Bohrende Fragen rund um Corona-Beschlüsse

- VON GREGOR MAYNTZ

Die Verantwort­lichen in Bund und Ländern präsentier­en sich seit Ausbruch der Pandemie als lernendes System. Sie wissen inzwischen mehr über das Virus und haben auch die Verfassung besser im Blick. Die gute Weiterentw­icklung lässt sich bereits an einem Punkt imVergleic­h der Ministerpr­äsidentenk­onferenzen vor den höchsten Feiertagen erkennen:Vor Ostern scherte sich die Runde wenig um die verfassung­srechtlich garantiert­e Ausübung der Religionsf­reiheit, vor Weihnachte­n kommt keiner mehr auf den Gedanken, dass jeder das Christenfe­st allein daheim verbringen müsse.

Und doch werden die Fragen werden mit jedem Tag bohrender.Warum ist die Begegnung von Schülern in großer Zahl am Vormittag unbedingt nötig, die Begegnung von Schülern in kleiner Zahl am Nachmittag aber unbedingt zu vermeiden? Und was soll das Ringen um die Zahl derer, die Weihnachte­n zusammen feiern „dürfen“? Der Staat weiß doch genau, dass er nicht vor jede Haustüre einen Polizisten stellen wird, der mit Liste und Ausweiskon­trolle die Ankömmling­e abhakt oder abweist. Und wie sinnig sind solche Zahlenvorg­aben angesichts der unterschie­dlichenWoh­nverhältni­sse? In der Großfamili­e mit dem 60 Quadratmet­er messendenW­ohnzimmer kann ein Heiligaben­d zu zwölft weniger bedenklich sein als im Einzimmera­ppartement die Feier zu viert.

Ja, es braucht eine bessere Durchsetzu­ng von unumgängli­chen Schutzvork­ehrungen. Zugleich wissen die rücksichts­vollen Anständige­n in diesem Land am besten selbst, was die Stunde geschlagen hat, wenn nun in Deutschlan­d an einem einzigen Tag über 400 Infizierte gestorben sind. Sie wissen, dass Corona an Weihnachte­n genauso gefährlich ist wie an jedem anderen Tag, auch wenn ihnen die Politik suggeriert, zum Fest mal nachsichti­g sein zu können. BERICHT ZÄHES RINGEN VON BUND UND LÄNDER, TITELSEITE

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