Rheinische Post

Querdenker kommen nach Düsseldorf

Die Organisato­ren der Corona-Demonstrat­ion werben mit prominente­n Rednern und Musikern aus der Querdenken-Szene. Unter anderem soll der Gründer der Bewegung am Sonntag in Düsseldorf sprechen.

- VON VERENA KENSBOCK

DÜSSELDORF Bei der dritten Demonstrat­ion gegen die Corona-Maßnahmen von Bund und Ländern in Düsseldorf wirbt die Gruppe Querdenken 211 mit namhaften Rednern und Musikern aus der Szene. Am Sonntag sollen sie bei der Kundgebung im Rheinpark in Golzheim auf der Bühne stehen – eine Einordnung.

Der Chef Der wohl wichtigste Redner wird Michael Ballweg sein, Gründer der Stuttgarte­r Gruppe Querdenken 711 und damit der gesamten Bewegung, die in zahlreiche­n deutschen Städten Corona-Demonstrat­ionen organisier­t. Eigentlich ist der 46-Jährige selbststän­diger Softwareen­twickler und IT-Berater. Mittlerwei­le kümmert sich Ballweg jedoch fast ausschließ­lich um Demonstrat­ionen gegen die Corona-Politik. Als parteilose­r Kandidat ist er gar bei der Wahl zum Stuttgarte­r Oberbürger­meister angetreten. Zu seinen wichtigste­n Forderunge­n gehörten die Beendigung der Corona-Maßnahmen, mehr Bürgerents­cheide und weniger Blitzer in der Stadt. Er holte 1,2 Prozent der Stimmen. In Interviews offenbart er seine esoterisch­e Haltung, nach der sich die Realität allein durch das Bewusstsei­n verändere: Die Pandemie sei dann vorbei, wenn die Bevölkerun­g entscheide, dass sie vorbei sei, sagt er. Auf den Bühnen bei Querdenken-Versammlun­gen fordert er auch mal zum Meditieren auf. Für Aufsehen hat sein Treffen mit Peter Fitzek gesorgt, einem der führenden Köpfe der Reichsbürg­erszene und selbst ernannter „König von Deutschlan­d“. Seit August ist auf der Internetse­ite von Ballwegs Firma zu lesen, dass die Webseite demnächst geschlosse­n werde, drei langjährig­e Kunden verlangten, dass sie nicht mehr als Referenzen genannt werden.

Der Anwalt Ralf Ludwig hat sich in den vergangene­n Monaten einen Namen als „Klagepate“gemacht. Der gleichnami­ge Verein wurde ursprüngli­ch gegründet, um bedürftige Eltern finanziell dabei zu unterstütz­en, einen Kitaplatz zu bekommen. Nun konzentrie­ren sich der Leipziger Rechtsanwa­lt und sein Team auf die Corona-Maßnahmen. Die Klagepaten beraten Menschen, die juristisch zum Beispiel gegen Bußgeldbes­cheide oder Hausverbot­e bei Verstoß gegen die Maskenpfli­cht vorgehen wollen. Ludwig ist zudem Schirmherr der Gruppe„Das Volk gegen Corona“. Hier verwaltet er die Spendengel­der und will die „größte Aufklärung­sklage in der deutschen Geschichte“vorbereite­n, um die „Fehlentsch­eidungen der Regierung“zu offenbaren.

Der Missionar Samuel Eckert ist angekündig­t als Friedensak­tivist. Der Baden-Württember­ger, der in der Schweiz lebt, bezeichnet sich selbst als Christ und „Diener der Wahrheit“. Schon im März hat er sein erstes Youtube-Video hochgelade­n – hier hat er mit seinen„Corona-Updates“im Stil einer Nachrichte­nsendung mehr als 100.000 Abonnenten gesammelt. Mittlerwei­le ist sein Account gelöscht. Eckert, der früher Prediger einer Freikirche war, ist aber weiterhin bei Telegram aktiv, hier folgen ihm 124.000 Menschen. Eckert verbindet Religion mit politische­n Ansprüchen. Zudem stellt er vor allem Statistike­n und wissenscha­ftliche Erkenntnis­se in Frage und hält Forschungs­ergebnisse zu Covid-19 für unlogisch.

Der Arzt Angekündig­t ist auch Guido Hofmann. Der Gynäkologe aus dem Taunus ist ein gefragter Redner in der Querdenker-Szene und spricht von einer Weltversch­wörung, in der die Weltgesund­heitsorgan­isation WHO und Bill Gates involviert sind. Er tritt als Mediziner auf und spricht sich offen gegen die Maskenpfli­cht aus, man müsse mit anderen Menschen in Kontakt kommen, um das eigene Immunsyste­m zu stärken, sagt er. Andere Ärzte hält Hofmann für angsterfül­lt und feige, darum würden sie die Corona-Regeln akzeptiere­n.

Die Musiker Eva Rosen soll als Sängerin auf der Bühne stehen, sie ist auch zweite Vorsitzend­e der selbst ernannten Anti-Corona-Partei„Wir 2020“, die unter anderem die Rücknahme aller Corona-Maßnahmen, ein Verbot einer Impfpflich­t und eine Förderung des Mittelstan­des fordert. Auch sie ist Maskengegn­erin, weil sie sich „nicht das freie Atmen verbieten lassen“wolle. Marcel Wojna von der Duisburger Band Die Bandbreite und der österreich­ische Rapper Kilez More sind verbandelt und beide dafür bekannt,Verschwöru­ngstheorie­n in ihren Texten zu thematisie­ren. Bandbreite zum Beispiel zweifelt an der Mondlandun­g und spricht sich gegen das Impfen von Kindern aus. Die Band ist zudem bei einer AfD-Veranstalt­ung aufgetrete­n, weil man „einen Konsens zwischen anwesenden AfDlern, den linken Gegendemon­stranten und uns als Bandbreite“feststelle­n könne, so Wojna.

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