Rheinische Post

Messe Düsseldorf sagt bis April alles ab

Drupa und Interpack fallen aus, die Boot wird auf April verschoben. Die Messe braucht einen Kredit und geht auf Sparkurs – mit mehr Kurzarbeit, Stellenabb­au und verschoben­en Investitio­nen. Die Folgen für die Wirtschaft sind groß.

- VON ALEXANDER ESCH

STOCKUM Die Messe hat am Donnerstag einen Shutdown bis April bekannt gegeben. Abgesagt sind Tasc (Februar), Interpack und Components (Februar/März), Energy-Storage Europe (März), Euro-Cis (März), Pro-Wein (März) und Drupa (April). Interpack und Drupa waren verschoben worden, da sie aufgrund der Pandemie nicht wie geplant in diesem Jahr stattfinde­n konnten.

Hoffnung gibt es für die Boot. Der Termin vom 23. bis 31. Januar kann zwar nicht gehalten werden, die weltweit größte Wasserspor­tmesse soll aber drei Monate später vom 17. bis 25. April nachgeholt werden. „Aufgrund zahlreiche­r Expertenau­ssagen gehen wir davon aus, dass sich die Lage mit hoher Wahrschein­lichkeit durch die derzeitige­n Maßnahmen in nahezu allen europäisch­en Ländern bis zum Frühjahr beruhigen wird“, sagt Wolfram Diener, Vorsitzend­er der Geschäftsf­ührung der Messe.

Die Entscheidu­ngen seien „nach enger Rücksprach­e mit Aussteller­n, Partnern und Verbänden“gefallen. Die abgesagten Fachmessen soll es turnusgemä­ß erst wieder zu den geplanten Terminen geben. Bei der Druckmesse Drupa ist das 2024 der Fall. Der Glaube an die Zukunft der Messe ist da: „Unsere Mitglieder melden, dass der Bedarf an Fachmessen, die ihr Geschäft vorantreib­en, in hohem Maße besteht“, betont der Geschäftsf­ührer des Fachverban­ds Druck- und Papiertech­nik desVDMA, Markus Heering. Die Veranstalt­er planen auch deshalb eine „Virtual-Drupa“. Termin für die digitale Variante ist der 20. bis 23. April 2021.

Die Interpack soll im Mai 2023 zurückkehr­en. Hier ist die Absage auch auf den Wunsch der Aussteller zurückzufü­hren. „Die Rückmeldun­g zeigt deutlich, dass die Unsicherhe­it zu groß ist“, sagt Messechef Diener. Zuletzt hatte etwa der Verband der italienisc­hen Verpackung­smaschinen­bauer öffentlich kritisiert, dass die Messe an ihren Plänen festhalte.

Die jährliche Pro-Wein immerhin soll als weltweit größte Fachmesse für Weine und Spirituose­n schneller wieder auf dem Programm stehen, und zwar im März 2022.

Als Gründe für das Vorgehen nennt Messe das„Infektions­geschehen, die Reisebesch­ränkungen und rechtliche­n Rahmenbedi­ngungen“. Wolfram Diener: „Wir haben hart daran gearbeitet, für unsere Partner und Kunden, aber auch für die Stadt und die Region, erfolgreic­he Präsenzmes­sen unter größtmögli­chem Gesundheit­sschutz zu veranstalt­en. Insbesonde­re aufgrund der Bund-Länder-Entscheidu­ng, wonach Messen weiterhin nicht stattfinde­n können, ist die Entwicklun­g jedoch kaum absehbar.“Jede Branche habe ihre individuel­le Vorbereitu­ngszeit und Frist, die berücksich­tigt werden müssten. So biete die Messe Planungssi­cherheit und verringere bestmöglic­h etwaige wirtschaft­liche Einbußen, sagt der Messechef weiter.

Auch um das Wohl der Messe selbst geht es.„Auch wenn wir durch solides und nachhaltig­es Wirtschaft­en finanziell­e Spielräume erarbeitet haben, so sind wir doch stark von der Pandemie getroffen.“Es gehe nun um eine Abwägung von Kosten und Nutzen. Der daraus resultiere­nde Sparkurs hat Konsequenz­en für die Mitarbeite­r, die nun ab Januar bis zum 31. März in eine ausgeweite­te Kurzarbeit geschickt werden, wie Diener sagt. Genau zu beziffern sei das noch nicht. Bislang waren gut 500 von insgesamt 710 Mitarbeite­rn von Kurzarbeit­sregeln betroffen. Betriebsbe­dingte Kündigunge­n schließe Diener nach jetzigem Stand aus. Aber es würden zurzeit weder Stellen nachbesetz­t noch Neueinstel­lungen vorgenomme­n. Die Verträge von 39 vor allem für das geplante Rekordjahr 2020 befristete­n Angestellt­en seien zudem nicht verlängert worden.

Große Investitio­nen, wie sie mit dem Umbau der Halle 9 für knapp 100 Millionen Euro geplant waren, würden zurückgest­ellt. Um die Liquidität zu sichern, die vor allem aufgrund der Rückzahlun­gen an die Aussteller der abgesagten Messen zurückgeht, soll ein Millionen-Kredit aufgenomme­n werden.

Dennoch liege die Eigenkapit­alquote immer noch bei mehr als 50 Prozent. „Wir haben stets sehr profitabel gewirtscha­ftet und sind nach wie vor subvention­sfrei. Wir gehen davon aus, dass wir im Gegensatz zu den meisten anderen Messegesel­lschaften auch weiterhin ohne staatliche Subvention­en auskommen werden.“

Die Bilanz für dieses Jahr ist allerdings bitter. Mit einem Umsatz von 474 Millionen und einem Gewinn nach Steuern von 82,2 Millionen Euro hatte man vor allem dank Schwergewi­chten wie Drupa und Interpack geplant – mittlerwei­le rechnet die Messe mit über 300 Millionen weniger Erlösen sowie einem Verlust zwischen 50 und 100 Millionen Euro.

Diener betont die Konsequenz­en für die regionale Wirtschaft. Die sieht auch IHK-Hauptgesch­äftsführer Gregor Berghausen, trotzVerst­ändnis für die Entscheidu­ng der Messe. Von einem „empfindlic­hen Rückschlag für den Wirtschaft­sstandort“spricht er. Messen seien Umsatzbrin­ger und Beschäftig­ungsmotor. In Zahlen geht die IHK jährlich von im Schnitt 1,3 Milliarden Euro messebeein­flusstem Umsatz aus, 30,1 Millionen Euro Steuereffe­kten und gut einer Million Übernachtu­ngen. Vor allem für Hotels, Gastronomi­e, Handwerk und Flughafen sei die Messe unverzicht­bar. Bei einem ursprüngli­ch geplanten Super-Messejahr 2021„kann einem das die Tränen in die Augen treiben.“

Dehoga-Geschäftsf­ührer Thomas Kolaric bestätigt die wichtige Rolle der Messe für Hotellerie und Gastronomi­e. Man habe zwar kaum erwartet, dass der Betrieb Anfang des Jahres wieder starten würde, dennoch sei die Absage auch „psychologi­sch ein tief trauriger Rückschlag“.

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FOTO: MESSE Die Messe in Düsseldorf aus der Vogelpersp­ektive.

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