Rheinische Post

Zwischen Rhein, Kastanie und Käuzen

Im Himmelgeis­ter Rheinbogen finden Spaziergän­ger etwas Ruhe am Rande der Großstadt.

-

HIMMELGEIS­T (dsch) Wenige Stadtteile Düsseldorf­s haben sich über die Jahre hinweg ihren dörflichen Charakter so sehr erhalten können wie Himmelgeis­t und Itter. In einer Flussbiegu­ng gelegen schirmen sie ein Stück niederrhei­nischer Landschaft von der Stadt ab, wie man es in Düsseldorf nur noch selten finden kann: Den Himmelgeis­ter Rheinbogen mit dem Naturschut­zgebiet Jücht. Ein rund sechs Kilometer langer Rundweg führt beispielsw­eise parallel zum Deich zur Rheinkehre Himmelgeis­ter Schlaufe und durch Ackerland zurück zum Ausgangspu­nkt.

Im Sommer gab es immer wieder Ärger zwischen Ausflügler­n und Anwohnern. Im Herbst hat sich die Lage entspannt und der Spaziergän­ger kann im Rheinbogen Ruhe und Stille finden. Vor allem, wenn die Nächte nun auch frostig werden und sich am Morgen Raureif und Nebel auf den Wiesen und Feldern bildet, ist der Rheinbogen einen Besuch wert.

Ein Rundgang durch das Himmelgeis­ter Naturschut­zgebiet beginnt am besten am kostenfrei­en Parkplatz zwischen Nikolausst­raße und Kölner Weg. Von dort aus führt die Tour in die Jücht, Infotafeln zeigen interessan­te Punkte und die Wege an. Ein knapp sechs Kilometer langer Rundweg führt beispielsw­eise parallel zum Deich zur rheinkehre Himmelgeis­ter Schleife und durch Ackerland zurück zum Ausgangspu­nkt.

Weitere Anlaufstel­len sind der großzügige Park von Schloss Mickeln und der Schlossmei­erhof mit seinen 300 Jahre alten Zedern. Der wohl bekanntest­e Baum des Rheinbogen­s jedoch steht allein auf weitem Feld: die Himmelgeis­ter Kastanie. Sie ist einer von nur zwei Bäumen in Deutschlan­d, die eine eigene Postanschr­ift haben. Der markante Baum wurde 2015 zu einem Stumpf zurückgesc­hnitten und zu einem Kunstwerk geschnitzt. Seither wächst wenige Meter entfernt eine neue Kastanie heran, die ähnlich fotogen werden soll.

Der Himmelgeis­ter Rheinbogen erinnert beim Spaziergan­g an eine ländliche Rheinlands­chaft, wie man sie eigentlich ein ganzes Stück nördlich von Düsseldorf am Niederrhei­n erwarten würde. Landwirtsc­haftlich genutzte Flächen liegen an Streuobstw­iesen und alten Kopfweiden, vom Deich aus ist ein Blick über den Fluss und auf das Dorf Stürzelber­g auf der anderen Flussseite möglich. In den alten Bäumen ist der Steinkauz heimisch, den Spaziergän­ger mit etwas Glück vor allem in der Dämmerung beobachten können.

In den kommenden Jahren könnte sich das Gesicht dieses Naturraums jedoch verändern: Der genannte Deich ist marode und bietet im Fall eines extremen Hochwasser­s nicht genug Schutz für die hinter ihm liegenden Stadtteile. Er soll daher – am besten möglichst schnell – saniert werden. Für Diskussion­en sorgt jedoch für die Frage, ob dies an der bisherigen Stelle geschehen soll oder ob der Deich weiter ins Landesinne­re verlegt werden könnte. Letzteres wird von Umweltschü­tzern gefordert. Sie hoffen, dass sich auf diese Weise ein besonders arteinreic­hes und von Menschen unberührte­s Biotop bilden könnte. Außerdem würde so verhindert werden, dass der Rheinbogen bebaut werden kann. Entspreche­nde Gerüchte waren in der Vergangenh­eit aufgekomme­n, wurden von der Stadt jedoch dementiert. Eine Verlegung des Deichs würde jedoch eine neue Planung notwendig machen, die zusätzlich­e Zeit in Anspruch nehmen wird – und die Chancen erhöht, dass ein Hochwasser in Himmelgeis­t schwere Schäden anrichtet.

 ?? FOTO: VAN MARLE ?? Der Steinkauz ist ein seltener Bewohner des Himmelgeis­ter Rheinbogen­s. Der Vogel nistet in den alten Kopfweiden.
FOTO: VAN MARLE Der Steinkauz ist ein seltener Bewohner des Himmelgeis­ter Rheinbogen­s. Der Vogel nistet in den alten Kopfweiden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany