Beim Impfen profitiert Biden von Trump
In Amerika sind sie nicht vergessen, die Zeiten, in denen man in Europa, gerade in Deutschland, auf die USA blickte wie auf einen hoffnungslosen Fall. Als handelte es sich um den unbelehrbaren Problemschüler der Corona-Klasse, um ein Land, in dem ideologisch aufgeladener Streit selbst aus dem Maskentragen ein Politikum machte, sodass am Ende alles nur schlimmer wurde. Das hatte seine Berechtigung, doch nun hat es sich umgekehrt. Jetzt sind es die Amerikaner, die mitleidig auf die Europäer – die Briten ausgenommen – schauen.
DasWeiße Haus hat, vielleicht früher als die EU-Zentrale in Brüssel, erkannt, dass im Rennen um Impfstoffe jeder Tag zählt und es einen hartenWettbewerb um knappe Impfstoffe gibt.Vor allem hat man dort konsequenter gehandelt. Eben weil es schnell gehen sollte, hat man von Anfang an garantiert, dass der Staat das Risiko trägt, falls eventuelle Schadensfälle eine Klagewelle auslösen. Man hat sehr früh begonnen,Verträge abzuschließen mit Unternehmen, die Vakzine entwickeln und produzieren.
Zur Wahrheit gehört, dass es die Regierung Donald Trumps war, die mit der generalstabsmäßig organisierten Operation „Warp Speed“den Grundstein für heutige Erfolge legte. Darauf kann Joe Biden aufbauen, ein Präsident, dessen seriöse Rhetorik der Lage ansonsten viel eher gerecht wird als der verbale Zickzackkurs seines Vorgängers. An dessen Leitprinzip, dem „America First“, hat er übrigens nichts geändert, sofern es ums Impfen geht. Es war Trump, der anordnete, dass mit dem, was in den USA an Vakzinen hergestellt wird, zuerst die USA versorgt werden müssen. Die Regelung gilt nach wie vor, Biden hat es noch vor seiner gestrigen Fernsehansprache in nüchterner Prosa klargestellt. De jure gibt es kein amerikanisches Exportverbot, in der Praxis aber schon.