Hoch lebe Fußball-Ökumene!
Hätte mir jemand vor einigen Jahren gesagt, dass ich an einem freien Wochenende einmal quer durch die Republik fahre, um in einem kleinen Dorf in der Kurpfalz den örtlichen Fußballverein im Stadion anzufeuern, ich hätte ihn wohl für verrückt erklärt. Aber es ist die Wahrheit, nichts als die Wahrheit, so wahr mir Gott helfe – aber um letzteren soll es hier ja nicht gehen, sondern um meine Liebe zum glorreichen SV Sandhausen, der sich nun schon lange mit kleinem Budget in der 2. Liga hält.
Es war im Nachklang einer Wette mit meinem Twitter-Bekannten und mittlerweile guten Freund Thomas Nowag, dass wir uns im Februar 2017 zum DFB-Pokalspiel des SV Sandhausen gegen Schalke 04 aufgemacht haben. Das Spiel endete mit einer krachenden 1:4-Niederlage – und einem unvergesslichen Afterglow im Klubhaus neben dem Stadion mit ganz eigenem Charme. Fans von mindestens acht Vereinen (in Sandhausen hat jeder auch einen Zweitverein) saßen zusammen, klönten, tranken Dopsi, den ortseigenen Likör (eine Mischung aus Asbach und Cola) und ließen die Fußball-Ökumene hochleben. Nach diesem Abend war klar: Ich komme wieder.
Ich kam dann schon im Mai tatsächlich zurück, um das Saisonfinale und den Aufstieg von Hannover 96 live mitzuerleben – inclusive Platzsturm der Hannoveraner, die nichts am Ort ließen, selbst das Stadionschild nicht. Seitdem verbinde ich noch einige schöne Geschichten mit Stadionbesuchen in Sandhausen: Einmal bekam ich den Döner im örtlichen Dönerladen billiger, als der Verkäufer hörte, wie weit ich zum Zweitligakracher Sandhausen gegen Heidenheim angereist war. Unvergessen, als wir mit der halben Sandhäuser Mannschaft im Heimbereich auf den Klassenerhalt anstießen, nachdem wir glücklich dem Ansturm der Hannoveraner Horden entkommen waren. Oder die letzte Zigarette, die Norbert Meier als Trainer des 1. FC Kaiserslautern nach der 0.1-Niederlage vor dem VIP-Eingang rauchte. Oder der Gang zum provisorischen Klubhaus mit zwei Spielern des SV nach dem Abendspiel. In Bayern oder Dortmund wäre das wohl kaum möglich. Ich freue mich darauf, wenn endlich wieder ein Besuch des glorreichen SVS live im Stadion möglich sein wird.
Pater Maurus Runge OSB
Wenn man Fans von Fortuna Düsseldorf nach der Titelsammlung ihres Klubs fragt, dann werden die meisten wie aus der Pistole geschossen mit drei Höhepunkten antworten: Deutscher Meister 1933, DFB-Pokalsieger 1979 und 1980. Nicht wenige werden sogar die Daten ergänzen können, als diese Titel eingefahren wurden: 11. Juni 1933, 23. Juni 1979, 4. Juni 1980. Im Fanshop des Vereins ist auch ein T-Shirt erhältlich, auf dem diese Daten groß verewigt sind.
Doch es gibt noch einen vierten nationalen Titel in der 125-jährigen Vereinsgeschichte, und den werden schon weniger Anhänger sofort parat haben. Noch weniger, gegen welchen Gegner er eingefahren wurde. Es war der SV Sandhausen – richtig, eben jener SV Sandhausen, der am Samstag (13 Uhr) Gastgeber der Düsseldorfer am 25. Spieltag der 2. Bundesliga ist.
Im Hardtwald-Stadion des 15.000-Seelen-Vororts von Heidelberg, in dem auch die Samstag-Partie stattfinden wird, durfte Fortuna am 26. Juni 1977 tatsächlich einen Meisterpokal in die Luft stemmen. Allerdings war es die Trophäe für einen Titel, den es heute gar nicht mehr gibt – die Belohnung für den Deutschen Amateurmeister.
Nun werden auch jüngere Fans wissen, dass Fortuna 1977 keineswegs ein Amateurklub war. Die Düsseldorfer spielten vielmehr eine gute Rolle in der Bundesliga und sollten sich dort noch zehn weitere Jahre halten. Aber es gab ja wie heute noch die zweite Mannschaft, damals „Fortuna Amateure“genannt
und vom DFB wie ein Amateurklub behandelt. Was konkret hieß: Wie die Amateurteams der anderen Erst- und Zweitligisten durfte sie sich über den Verbandspokal für den DFB-Pokal qualifizieren und eben auch an der Deutschen Amateurmeisterschaft teilnehmen.
In der Saison 1976/77 hatten sich Fortunas Amateure mit ihrem Trainer Roland Helfsgott für die Endrunde um den Amateurtitel qualifiziert. In der Mannschaft standen einige später – oder auch schon seinerzeit – sehr prominente Akteure: Peter Biesenkamp etwa, der in den 1970ern Stammspieler der ersten Mannschaft war, aber dennoch seinen Amateurstatus behalten hatte. Dazu Sepp Weikl und Hubert Schmitz, die zwei Jahre später gegen
den großen FC Barcelona im Finale von Basel um den Europapokal der Pokalsieger spielten. Auch Konny Eickels oder Kapitän Hardy Helmreich waren über die Stadtgrenze hinaus bekannte Größen.
Bevor es zum Showdown in Sandhausen kam, mussten die Düsseldorfer noch drei Runden überstehen. Achtelfinale gegen Concordia Hamburg (2:1 und 5:0), Viertelfinale gegen den FC Bitburg (4:3 und 4:2), Halbfinale gegen ATS Kulmbach aus Bayern (3:0 und 1:1). Dann stellte sich der Südwest-Vertreter vom Hardtwald zum ersten Finale am Flinger Broich vor. 8000 Zuschauer sahen am 22. Juni einen 1:0-Erfolg der Gastgeber, Werner Albrecht erzielte in der 59. Minute den Treffer.
Vier Tage später dann das ent
scheidende Rückspiel vor 10.000 Besuchern. Weikl brachte Fortuna in der 14. Minute in Führung, vier Minuten nach Franz Josef Heintz' Ausgleich (21.) sorgte Günther Schwidden für den erneuten Vorsprung. Karl-Heinz Frey schaffte für Sandhausen zwar noch das 2:2, aber das Helfsgott-Team brachte das Ergebnis über die Zeit und holte den damals zweiten Titel der Vereinsgeschichte.