Rheinische Post

Ein DRK-Mitarbeite­r bezeichnet Corona-Demonstran­ten über den Lautsprech­er eines Rettungswa­gens als „Spinner“. Ein Video des Vorfalls sorgt deutschlan­dweit für Aufsehen – und brachte dem Mann ein unangenehm­es Gespräch ein.

- VON HENDRIK GAASTERLAN­D SCREENSHOT: YOUTUBE

DÜSSELDORF Ein wenige Sekunden langer Videoclip aus Düsseldorf hat für riesiges Aufsehen im Internet gesorgt. Zu sehen ist ein Rettungswa­gen, der an einer Demonstrat­ion der „Corona-Rebellen“am Kirchplatz in Unterbilk vorbeifähr­t. Die Gruppe demonstrie­rt seit dem Frühjahr gegen die Corona-Schutzmaßn­ahmen und steht wegen verschwöru­ngstheoret­ischer Positionen und der Mitwirkung von Radikalen in der Kritik. „Ihr seid doch Spinner“, tönt es aus der Lautsprech­eranlage – die Demonstran­ten sind empört, wenig später landet der Clip im Internet.

Am Freitagabe­nd ist klar: Der Mitarbeite­r des Roten Kreuzes (DRK) muss keine dienstrech­tlichen Konsequenz­en fürchten. „Er hat einen Einlauf von uns bekommen und damit ist das Thema für mich auch erledigt“, sagt der Düsseldorf­er DRK-Vorsitzend­e und Landtagsab­geordnete Olaf Lehne. Das DRK sei politisch neutral, das habe man dem Mitarbeite­r in aller Deutlichke­it mitgeteilt. „Für politische Äußerungen oder Meinungen ist bei uns kein Platz“, sagte Lehne unserer Redaktion. Weitere Folgen wird der Vorfall seinen Angaben nach nicht haben.

Das DRK betreibt mit anderen Hilfsdiens­ten und der Feuerwehr den Rettungsdi­enst in Düsseldorf. Eine Sprecherin hatte die Aktion des Mitarbeite­rs zuvor öffentlich kritisiert. „Wir haben ihm deutlich gemacht, dass es nicht mit unseren profession­ellen Ansprüchen vereinbar ist, wenn über die Sprechanla­ge eines Einsatzfah­rzeuges nicht einsatznot­wendige Kommentare oder Aussagen, welchen Inhalts auch immer, abgegeben werden.“

Die Düsseldorf­er Feuerwehr hatte die Durchsage in einer Stellungna­hme am Donnerstag­abend ebenfalls kritisiert, den Urheber aber auch in Schutz genommen: „Es kann sich hierbei um eine Reaktion aus einer sehr belastende­n Situation heraus gehandelt haben: Die Mitarbeite­nden des Rettungsdi­enstes erleben die Pandemie nun seit mehr als zwölf Monaten hautnah mit.“Die

Frage nach dienstrech­tlichen Konsequenz­en habe man dem DRK als Arbeitgebe­r überlassen.

Bei Twitter zeigten sich derweil viele Menschen mit der Aussage des DRK-Mitarbeite­rs solidarisc­h. Der Hashtag #IhrSeidDoc­hSpinner war mit mehr als 8000 Erwähnunge­n einer der meistbenut­zten am Freitag. Es gibt Kritik an dem Verhalten des Mannes, aber auch viel Lob und Solidaritä­tsbekundun­gen. Manche verweisen auch darauf, dass bei den Demonstrat­ionen der „Corona-Rebellen“und der „Querdenker“teilweise ein sehr harter Ton gegen politische Gegner gepflegt wird – dagegen sei die Äußerung aus Düsseldorf recht harmlos.

Justiziar Eckhard Schwill von der Gewerkscha­ft Komba, zuständig für den Fachbereic­h Feuerwehr und Rettungsdi­enst, hatte am Freitagmor­gen auf Anfrage unserer Redaktion gesagt, er sehe in dem Spruch eine „persönlich­e Meinungsäu­ßerung eines Beschäftig­ten aus dem Affekt heraus, die toleriert werden muss“. Arbeitsrec­htlich liege keine Verfehlung oder Verletzung vor – zu diesem Urteil kam offenbar auch das DRK. Dass die Meinung über den Lautsprech­er des Rettungswa­gens abgegeben wurde, sei jedoch „grenzwerti­g und unglücklic­h gewählt“gewesen.

Schwill zeigt Verständni­s für den Mann: „Tagtäglich erleben die Mitarbeite­r im Rettungsdi­enst, wie Menschen wegen Corona um ihr Leben kämpfen. Dann kann vielleicht so ein Satz aus dem Affekt herausruts­chen, wenn man eine Gruppe sieht, die seit Monaten die Vorschrift­en missachtet.“

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Der DRK-Mitarbeite­r hatte die Demonstran­ten über den Lautsprech­er als Spinner bezeichnet.

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