Rheinische Post

Tanzen war schon in ihrer Jugend ihre große Leidenscha­ft – und dabei ist es geblieben. Heute leitet die Frau mit dem Künstlerna­men Dia Décadence eine Tanzschule und bringt Frauen und auch einem Mann diese Kunstform nahe.

- VON BRIGITTE PAVETIC

HEERDT Es ist noch gar nicht so lange her, dass sie nach Düsseldorf zog, diese irgendwie geheimnisv­olle Frau, die den Künstlerna­men Dia Décadence trägt. Es war die Liebe, die sie von Aachen auch privat hierher brachte. Beruflich ist sie bereits seit mehr als zwei Jahren in der Stadt angekommen und bietet in ihrer Heerdter Tanzschule eine Kunstform an, die ihren Höhepunkt in vielen Teilen der Welt in den Goldenen Zwanzigern des vergangene­n Jahrhunder­ts hatte: die Burlesque. „Durch Zufall stieß ich auf dieses Unterhaltu­ngstheater“, erzählt die Frau, die ihre Rolle rund um die Uhr lebt. „Meinen bürgerlich­en Namen halte ich geheim. Und wenn mich jemand fragt, wie alt ich bin, dann sage ich immer kess: 110.“

Zehn Jahre ist es nun her, dass die gebürtige Ukrainerin, die mit acht nach Deutschlan­d kam, Videos von Vicky Butterfly im Internet entdeckte. „Sie ist eine britische Künstlerin, die Burlesque sehr romantisch im Stil des Fin de Siecle inszeniert. Da war es um mich geschehen.“Die Burlesque, bei der sich die Künstlerin­nen gewisser Kleidungss­tücke entledigte­n, aber nie nackt sind, sei nicht nur wunderschö­n, wie Dia Décadence findet. „Es ist eine Kleinkunst, die elegant ist, aber auch rotzig-frech sein kann.“

Tanzerfahr­ung hatte sie bis zu ihrer Begegnung mit der Burlesque schon genug gesammelt. Nach dem Abitur und während ihres Literaturu­nd Soziologie-Studiums gab sie Unterricht in Jazz-Dance und HipHop. Und für den Tanz entschied sie sich auch nach ihrem Studium. Im Düsseldorf­er Apollo-Varieté und auf vielen anderen Bühnen trat sie auf. Neben ihrer Tanzschule gibt sie bundesweit­Workshops und organisier­te in Aachen schon Burlesque-Events. „Das plane ich für Düsseldorf auch“, kündigt sie an.

Die Treue ihrer Düsseldorf­er Kundinnen sei schon einmalig, erzählt sie. „Das war auch der Grund, aus dem ich meine Tanzschule hier eröffnen wollte. Im Moment läuft wegen Corona natürlich alles online ab.“So erreiche sie aber auch Kundinnen in ganz Deutschlan­d und auch in Österreich.„65 Ladys gehen hier zu normalen Zeiten ein und aus. 85 sind schon online dabei.“Daher will sie ihr Internet-Angebot noch weiter ausbauen.

Die Damen, die das Training mitmachten, suchten wohl Ähnliches wie sie: „Eskapismus. Eine kleine Flucht aus dem tristen Alltag. Stattdesse­n wünschen sie sich eine lebendige Welt voller Energie und Ausstrahlu­ng.“

„Natürlich geht es bei der Burlesque auch um Erotik, Leidenscha­ft und Freizügigk­eit, aber vor allem ist es gutes Entertainm­ent. Damit verkaufe ich Selbstbewu­sstsein und einen starken Auftritt“, sagt die Tanzlehrer­in. Besondere Grenzen gibt es

wohl nicht. „Es geht von 18 bis 65, große Frauen sind dabei, kleine, dicke, dünne. Eine Top-Managerin habe ich im Kundenstam­m, eine Chemielabo­rantin, eine Sekretärin und eineVerwal­tungsanges­tellte bei der Müllabfuhr.“

Dutzende Kostüme – vornehmlic­h Korsetts – sowie Fächer, Kopfbedeck­ungen und Schuhe hat die Tanzlehrer­in im Schrank. Vieles sei Vintage. Eine Art-Deco-Lampe aus den 1920ern steht in ihrer Tanzschule, das rote Sofa ist aus den 30ern, die Bar aus den 50er Jahren. Im Gegensatz dazu ist neue Kameratech­nik für die Online-Kurse aufgebaut. „Ob im Studio oder in den Videochats – ich bringe meinen Kunden Choreograp­hien bei, Tanztechni­ken und Posen.“In den sozialen Medien ist sie auch präsent und startete kürzlich mit einer Podcast-Reihe.

Männer wollen die Burlesque offenbar auch lernen.„Sie glauben gar nicht, wie viele sich bewerben. Ich könnte einen eigenen Männer-Kurs aufmachen.“Aber nur bei einem machte sie bislang eine Ausnahme. „Der hat übrigens auch schon einen Künstlerna­men: Lady von Feer.“

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RP-FOTO: BRETZ Vor zehn Jahren entdeckte Dia Décadence die Burlesque für sich. Heute bringt die Tanzlehrer­in anderen die entspreche­nden Choreograp­hien bei.

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